Brandenburger CDU
Eben noch schien es, als würde die Brandenburger CDU gut aufgestellt ins Wahljahr starten. Doch die Hassposts des CDU-Vizechefs und das Treffen eines CDU-Mitglieds mit Rechtsextremen bringen den Spitzenkandidaten der Partei in Bedrängnis. Von Hanno Christ
Wie schnell sich der Wind dreht, ist an der Fortuna-Figur auf dem Eingangs-Portal vom Brandenburger Landtag bestens zu erkennen: Die goldene Statue dreht sich wie ein Wetterhahn - nur viel eleganter.
Wetterumschwünge kennen auch die Politiker im Parlament bestens. Einer bläst gerade CDU-Landes- und Fraktionschef Jan Redmann ins Gesicht – und das ziemlich eisig. Niemand geringeres als sein Stellvertreter in der Fraktion und im Landesvorstand, Frank Bommert, hatte mit einer geschmacklosen Statusmeldung beim Messenger-Dienst WhatsApp bundesweit für Aufregung gesorgt. Der Post legte nahe, dass der Autor deutschen Spitzenpolitikern den Tod wünscht, darunter Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) und Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne).
Bommert versuchte zunächst, es anderen in die Schuhe zu schieben, bevor er dann irgendwann doch einräumte, gelogen zu haben. Auf Druck anderer Fraktionen legte Bommert am Montag den Vorsitz des Wirtschaftsausschusses nieder, von der Partei bekam er einen Verweis. Seit der Bekanntgabe des Tadels ist es still geworden um die Parteispitze. Es sei erstmal alles gesagt, so die derzeitige Linie. Es ist zweifelhaft, ob sich der Sturm damit legt, der da gerade über die CDU Brandenburgs gefegt ist.
Aus anderen Fraktionen kommt der Ruf nach deutlicheren innerparteilichen Konsequenzen für Bommert. Vom grünen Koalitionspartner etwa hagelt es Kritik. Man habe nicht den Eindruck, dass die CDU die Konsequenzen ziehe, die dem tatsächlichen Fehlverhalten entsprechen, sagt Benjamin Raschke, Grünen-Fraktionsvorsitzender.
Der Spitzenkandidat der CDU, Jan Redmann, weilt derzeit fernab in einem Urlaub, den er sich sicherlich ruhiger vorgestellt haben dürfte. Abgereist ist Redmann wohl in dem Gefühl, eine geordnete Partei hinterlassen zu haben, bereit zur Attacke im Wahlkampfjahr. Wie selbstbewusst er in die politische Auseinandersetzung geht, war auf dem Höhepunkt der Bauernproteste zu Jahresbeginn herauszuhören. Regierungschef Dietmar Woidke (SPD) warf er vor, lediglich "dicke Backen" zu machen. Woidke habe keine einheitliche Linie, fordere Dinge, die er aber nicht selbst umsetzen müsse. Das sei "unlauter".
Es schien sich auszuzahlen, dass Redmann kein Ministeramt übernommen hatte. Das hätte ihn an die kurze Leine der Kabinettsdisziplin gelegt. So konnte er frei reden – und schimpfen. Dennoch war sein Ton ungewöhnlich scharf für einen Politiker, der es noch ein paar Monate zusammen mit Woidke in einer Regierung aushalten muss. Für Redmann wird die Attacke nun zum Polit-Bumerang.
In der SPD ist diese Volte Redmanns nicht vergessen worden, die Affäre Bommert willkommene Gelegenheit nun zurückzuschlagen. SPD-Fraktionschef Keller hält Redmann vor, er habe seinen Vorstand offenbar nicht im Griff. "Wir erwarten eine Reaktion", so Keller. Der weiß, dass die Angelegenheit für seinen Gegenüber bei der CDU delikat ist: Frank Bommert ist Kreisvorsitzender in Oberhavel und wird zum konservativen Flügel der Brandenburger CDU um die Kreisvorsitzende von Potsdam-Mittelmark, Saskia Ludwig, gezählt.
Diese Gruppierung hat in der Vergangenheit bewiesen, dass sie Planungen der Parteispitze gehörig durcheinanderwirbeln kann. Unvergessen etwa ist der Parteitag vor der letzten Landtagswahl, als der damalige CDU-Landesvorsitzende Ingo Senftleben seine Liste durchbringen wollte. Durchsetzen aber konnten sich letztlich die Konservativen. Für Senftleben war es der Anfang vom Ende an der Spitze der Partei, und die Landes-CDU war um ein Trauma reicher.
Redmann weiß, dass er auch konservative Stimmen in seinem Landesverband nötig hat, um das Profil des Landesverbandes zu schärfen. Sowohl Bommert als auch Ludwig konnten sich unlängst vordere Listenplätze sichern. Ihre weitere politische Zukunft in CDU und im Landtag schien bislang ausgemacht. Sicher ist nur: Bommerts Ruf ist mehr als angeknackst, wenn nicht durch den geschmacklosen und gefährlichen Post auf WhatsApp, so doch durch seine Lüge danach. Bommert dürfte es schwer haben, weiterhin glaubwürdig politische Inhalte zu vermitteln. Für Landes-CDU-Chef Redmann werden solche Gefolgsleute zu politischem Ballast im Wahlkampf.
Ein weiteres Glaubwürdigkeitsproblem hat die CDU auch mit Wilhelm Wilderink bekommen. Der ist Beisitzer in der CDU Potsdam und Besitzer des Landhauses Adlon, jenem Haus am Potsdamer Lehnitzsee, in dem das Treffen von führenden Mitgliedern der rechtsextremen Szene und AfD-Mitgliedern im November stattgefunden hatte. Wie Bommert hat auch Wilderink öffentlich Erinnerungslücken geschlossen, indem er zugegeben hat, am Treffen teilgenommen zu haben. Das hatte er zuvor immer bestritten.
Die Reaktion des Kreisverbandes auf das Geständnis kam prompt: Der Vorsitzende Steeven Bretz kündigte an, ein Parteiausschlussverfahren zu starten, sollte Wilderink nicht von selbst gehen. Er habe mit der Teilnahme das Wertefundament der CDU verlassen, so Bretz.
Inhaltlich haben die Fälle Bommert und Wilderink auf den ersten Blick wenig miteinander gemein. Sie offenbaren allerdings die Sehnsucht mancher Mitglieder, den Sound des rechten Randes aufzugreifen. Mit der Wahrheit nehmen sie es da nicht so genau. Es ist Pech für die CDU, dass beide Fälle fast zeitgleich passieren und die Schlagzeilen dominieren. Für CDU-Chef Jan Redmann ist es ein holpriger Auftakt ins Wahlkampfjahr. Und eine weitere Nagelprobe, wie führungsstark er wirklich ist.
Sendung: rbb24 Brandenburg aktuell, 30.01.2024, 19:30 Uhr
Beitrag von Hanno Christ
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