Proteste in Berlin und Brandenburg
+++ Lkw-Fahrer zu Sternfahrt aufgerufen +++ Gespräch von Ampel-Spitzen und Bauernvertretern ohne Ergebnis +++ Demonstranten zünden Pyro und werden festgenommen +++ Buhrufe für Lindner bei Rede +++ Alle Entwicklungen im Liveticker
Die Kundgebung der Bauernproteste am Brandenburger Tor in Berlin ist im Wesentlichen störungsfrei verlaufen. Wie die Polizei dem rbb am Nachmittag sagte, gab es vor und auch während der Demonstration einen engen Austausch zwischen der Versammlungsleitung und den Beamten. Wie bei anderen Protesten sei es zu Verkehrsbeeinträchtigungen gekommen. Zudem sei vereinzelt nach der Versammlung Pyrotechnik gezündet worden.
Noch in dieser Woche könnte es wieder voll werden am Brandenburger Tor: Der Bundesverband Logistik & Verkehr pro (BLV-pro) hat Lkw-Fahrer zu einer Sternfahrt nach Berlin aufgerufen. Am Donnerstag sollen aus dem ganzen Bundesgebiet Vertreter des Güterkraftverkehrs nach Berlin fahren, am Freitag ist zudem eine Kundgebung vor dem Brandenburger Tor geplant, das hat der Verband angekündigt.
Die Lkw-Fahrer fordern unter anderem, dass die Bundesregierung die Mauterhöhung sowie die CO2-Bepreisung zurücknimmt. Zudem wünschen sich die Fahrer eine bessere Infrastruktur für Berufskraftfahrer.
Der Verband hat sich nach eigenen Angaben für den Protest explizit die erste Sitzungswoche des Parlaments ausgesucht. Außerdem findet zeitgleich die Eröffnung der Grünen Woche und am Samstag die Berliner Agrarministerkonferenz statt.
Ein Gespräch von Vertreterinnen und Vertretern aus der Landwirtschaft mit den Spitzen der Ampel-Fraktionen am Montag ist ohne Ergebnis geblieben. "In Sachen Agrardiesel" gebe es noch keine Lösung, sagte der Generalsekretär des Deutschen Bauernverbands, Bernhard Krüsken. Er sehe hier aber noch "Handlungsspielraum" im Zuge der anstehenden Beratungen im Bundestag über den Haushalt 2024.
FDP-Fraktionschef Christian Dürr sagte, das Gespräch im Bundestag sei ein "erster Auftakt" gewesen. Grünen-Fraktionschefin Britta Haßelmann sagte, es sei dringend darüber zu reden, wie Einkommen "auf den Höfen" bleibe. SPD-Fraktionschef Rolf Mützenich kündigte an, der Bundestag wolle bis zur Sommerpause "klare strukturelle Entscheidungen treffen, die der Landwirtschaft Planungssicherheit bringen und auch Entlastung".
Zahlreiche Landwirte befinden sich nach dem Ende der Kundgebung am Brandenburger Tor in Berlin mit ihren Trekkern auf dem Rückweg, viele sind in Kolonnen unterwegs. Vereinzelt könne es zu Verkehrsbehinderungen kommen, teilte die Polizei auf X mit. Die Sperrungen im Veranstaltungsbereich würden schrittweise aufgehoben.
Zur Kundgebung kamen nach ersten Polizeiangaben 8.500 Menschen mit rund 6.000 Fahrzeugen. Der Bauernverband nannte keine genaue Teilnehmerzahl, ging aber von rund 30.000 Demonstranten aus.
Die Kundgebung ist mittlerweile beendet, die Berliner Polizei hat am Rande vereinzelt Personen vorübergehend festgenommen. Diese hätten Pyrotechnik gezündet, heißt es in einer Mitteilung auf X.
Es herrschte nach Beobachtungen von rbb-Reportern vor Ort teils eine äußerst aufgeheizte Stimmung. Eine rbb-Reporterin und ein rbb-Reporter wurden angepöbelt, beschimpft und auch an ihrer Arbeit gehindert. Nach Polizeiangaben waren gegen 13 Uhr etwa 8.500 Menschen am Brandenburger Tor.
Die Vorsitzenden der drei Ampel-Fraktionen sind mit Vertretern der Bauernverbände zusammengekommen. Dazu hatten SPD, Grüne und FDP vergangene Woche acht landwirtschaftliche Verbände eingeladen. In dem Einladungsschreiben hieß es, man wolle neben finanziellen Belastungen auch über "fehlende Planungssicherheit und wirtschaftliche Perspektiven für die landwirtschaftlichen Betriebe" sprechen.
Für den Bauernverband nahm Generalsekretär Bernhard Krüsken an dem Treffen teil. Die Fraktionschef Rolf Mützenich (SPD), Britta Haßelmann (Grüne) und Christian Dürr (FDP) wollten nach dem Treffen über die Ergebnisse informieren.
Finanzminister Christian Lindner (FDP) hat am Mittag auf der Kundgebung am Brandenburger Tor gesprochen und die Linie der Bundesregierung verteidigt. Die Subventionierung beim Agrardiesel müsse schrittweise auslaufen, betonte er. Während seiner Rede wurde er lautstark beschimpft und ausgebuht. Wegen des Lärms konnte Lindner erst nach einem beschwichtigenden Appell von Bauernpräsident Rukwied das Wort ergreifen. Die versammelten Landwirte begleiteten seine Rede dennoch weiter mit lauten "Hau ab!"-Rufen, Hupen und Pfeifen.
In seiner Rede betonte Lindner, der Staat könne nicht immer weiter Schulden aufnehmen und müsse auch auf die Entwicklungen des Ukraine-Kriegs reagieren, also stärker in die Verteidigung investieren. Gleichzeitig zeigte sich Lindner dialogbereit. Vor allem über einen Bürokratieabbau müsse mit den Landwirten gesprochen werden, so der FDP-Politiker.
Bauernpräsident Joachim Rukwied hat erneut eine Rücknahme von Mehrbelastungen für die Landwirtschaft verlangt. "Ziehen Sie die Steuererhöhungsvorschläge zurück, dann ziehen wir uns zurück", sagte Rukwied bei der Kundgebung am Brandenburger Tor an die Ampel-Koalition adressiert.
Die Demonstration setze ein Zeichen an die Bundespolitik: "Es reicht, zu viel ist zu viel." Die Branche sei gesprächsbereit, der von der Bundesregierung angebotene Kompromiss sei aber nicht fair, sondern faul. "Den nehmen wir nicht hin", sagte Rukwied.
Der Deutsche Handballbund hat mit einem Alternativprogramm auf die Proteste der Landwirte in Berlin reagiert. "Wir haben die Trainingseinheit, die wir heute auf dem Programm haben, in eine alternative Halle verlegt, sodass wir einen ganz, ganz kurzen Anreiseweg haben, der uns von sämtlichen Bauernprotesten fernhält", berichtete DHB-Sportvorstand Axel Kromer am Montag. Auch der Medientermin fand diesmal nicht in Präsenz, sondern digital statt.
Bis zum Mittag ist die Zahl der Fahrzeuge von Demonstrierenden in der Berliner Innenstadt auf 6.000 angewachsen. Das teilte eine Polizeisprecherin dem rbb mit.
Bei der BVG hat sich die Lage etwas entspannt. Erste Buslinien in der Innenstadt fahren wieder komplett (139, X21, X33), wie die BVG auf X mitteilte. Der Tramverkehr konnte am Vormittag ebenfalls wieder komplett aufgenommen werden. Allerdings kann es nachmittags erneut zu Einschränkungen kommen. Mit der Abfahrt der Traktoren und Lkw wird spätestens ab 15 Uhr gerechnet.
10:56 Uhr: Mittlerweile 5.000 Traktoren und Lkw in der Stadt
Immer mehr Traktoren, Lkw und Lieferwagen kommen zur Großdemonstration am Brandenburger Tor. Mittlerweile seien es etwa 5.000 Fahrzeuge, wie eine Sprecherin der Polizei dem rbb mitteilte. Der Zustrom halte an.
Wegen des starken Andrangs hat die Polizei inzwischen die Abstellfläche für die Fahrzeuge erweitert - sie umfasst nun auch die Klingelhöferstraße bis zur von der Heydt-Straße. Bislang war eine Strecke vom Brandenburger Tor bis zum Theodor-Heuss-Platz vorgesehen.
10:21 Uhr: Zahlreiche BVG-Bus- und -Tram-Linien stehen still
Die Großdemonstration der Bauern führt zu erheblichen Einschränkungen im Bus- und -Tramverkehr der BVG. Diverse Buslinien mussten wegen der Demonstration unterbrochen werden, wie die BVG am Montagmorgen auf X mitteilte. Betroffen sind vor allem Linien, der in die Innenstadt Richtung Straße des 17. Juni führen. Nur eingeschränkt oder überhaupt nicht fahren können u.a. folgende Buslinien: 139, 106, 187, 100, 200, M48, 300, M21, M41, X21, X33, wie die Berliner Verkehrsinformationszentrale auf X mitteilte.
Da die Entwicklung in der Innenstadt sehr dynamisch ist und es immer wieder auch kurzfristig zu Umplanungen kommen kann, warnt die BVG auf X: "Aufgrund der Vielzahl der, von der Großdemonstration betroffenen Buslinien, können wir nicht für jede einzelne Linie die Maßnahmen posten. Wir werden euch auf dem Laufenden halten."
Auch zahlreiche Tramlinien waren wegen der Großdemonstration eingestellt oder fuhren nur lückenhaft. Betroffen waren auch hier vor allem jene Linien, die Bereiche der Innenstadt kreuzen.
Und auch bei der S-Bahn kommt es zu Problemen: Von den tausenden Traktoren in der Stadt ist hier der Ersatzverkehr der S1 (Linie S1A) betroffen. Er musste am Montagmorgen zwischen Südkreuz - Schöneberg - Friedrichstraße eingestellt werden.
Die Demonstration der Bauern wird von 1.300 Polizisten begleitet. Vor allem zur Begleitung der Fahrten der Traktoren und Lastwagen in das Regierungsviertel sei die Polizei nötig, sagte Polizeipräsidentin Barbara Slowik im Innenausschuss des Abgeordnetenhauses. Dem Schutz des Regierungsviertels käme dabei eine "ganz besondere Bedeutung" zu. Im Internet sei auch in geringem Maße von staatsfeindlicher und rechtspopulistischer Seite zur Teilnahme aufgerufen worden.
Zur Protestkundgebung am Brandenburger Tor in Berlin kommen offenbar mehr Landwirte und Lkw-Fahrer als gedacht.
Nach Schätzungen der Berliner Polizei sind bereits deutlich mehr als 4.000 Traktoren und Lastwagen in der Innenstadt eingetroffen. Erwartet wurden 5.000 Fahrzeuge und rund 10.000 Teilnehmer. Diese Zahl werde wohl übertroffen, sagte eine Polizeisprecherin dem rbb.
Derzeit sucht die Polizei nach Ersatz-Standorten, wo die Demonstranten ihre Fahrzeuge abstellen können, etwa am Olympiastadion oder Festplatz, um dann mit Bus oder Bahn zum Brandenburger Tor weiterzufahren.
7:00 Uhr: Sperrung von Theodor-Heuss-Platz bis Brandenburger Tor geplant
Gegen Mittag sollen die verschiedenen Protestzüge ihr Ziel erreichen. Mit Eintreffen der Konvois werden Kaiserdamm und Bismarckstraße, sowie die Straße des 17. Juni zwischen Theodor-Heuss-Platz und Brandenburger Tor gesperrt.
Für den Auto-, Taxi- und Lieferverkehr gibt es dann keine Durchfahrt mehr. Für 13 Uhr ist der Beginn der Abfahrt geplant. Dann sollen die Fahrzeuge jedoch nicht in Konvois fahren. Auch nach der Kundgebung soll die Straße des 17. Juni in Richtung des Brandenburger Tors voraussichtlich bis Dienstagvormittag gesperrt bleiben. Nach Angaben der VIZ sollen Landwirte bereits angekündigt haben, die Straße weiter zu blockieren.
6:45 Uhr: Trecker-Kolonnen und Hupkonzerte
Vor der geplanten Protestdemonstration von Bauern am Brandenburger Tor waren am Montagmorgen Teilnehmer mit zahlreichen weiteren Traktoren auf dem Weg in die Berliner Innenstadt. Wie teils auch in der Nacht waren auch am Morgen in mehreren Stadtteilen Hupkonzerte zu hören.
6:30 Uhr: Kundgebungsfläche ist überfüllt
Bereits etliche Stunden vor Beginn der Großdemonstration hatte die Polizei am Sonntagabend keine Traktoren mehr auf die Kundgebungsfläche in der Innenstadt gelassen. "Es geht nichts mehr", sagte ein Polizeisprecher am Abend. Neben Vertretern der Verbände will auf der Kundgebung auch Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) sprechen.
5:00 Uhr: Bundes- und Landstraßen stark frequentiert
Rund 5.000 Traktoren und Landmaschinen sollen aus dem gesamten Bundesgebiet zur Kundgebung nach Berlin unterwegs sein, wie die Polizei mitgeteilt hatte. Zudem seien rund 10.000 Menschen angemeldet worden. "Insbesondere die nach Berlin hineinführenden Bundes- und Landstraßen werden stark frequentiert sein."
Sendung: rbb24 Inforadio, 15.01.2024, 07:00 Uhr
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