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Video: rbb24 Brandenburg aktuell | 23.02.2024 | D. Azzam/C. Hölscher | Quelle: dpa/Utrecht

Ab 1. April

Bundestag beschließt kontrollierte Cannabis-Freigabe

Erwachsene sollen künftig legal Cannabis besitzen dürfen – zumindest in bestimmten Mengen. Der Bundestag hat am Freitag eine umstrittene Gesetzesänderung zur teilweisen Legalisierung der Droge beschlossen.

Der Bundestag hat am Freitag für eine teilweise Legalisierung von Cannabis gestimmt.

Das Gesetz der Ampel-Koalition sieht eine kontrollierte Freigabe mit zahlreichen Vorgaben und Regeln vor. Vom 1. April an dürfen Erwachsene ab 18 Jahren zu Hause bis zu 50 Gramm und im öffentlichen Raum bis zu 25 Gramm Cannabis besitzen. Der private Anbau von bis zu drei Pflanzen wird erlaubt.

Von Juli dieses Jahres an soll der gemeinschaftliche Anbau in Cannabis-Clubs ermöglicht werden, aus dem die jeweils bis zu 500 Mitglieder begrenzte Mengen beziehen dürfen. Die Vereine oder Clubs dürfen den Plänen zufolge maximal 25 Gramm Cannabis pro Tag an ihre bis zu 500 Mitglieder abgeben und höchstens 50 Gramm pro Monat. Mitglieder unter 21 Jahren bekommen höchstens 30 Gramm pro Monat. Bei ihnen gibt es auch eine Begrenzung für den Gehalt des Rauschmittels THC - er darf nicht über zehn Prozent liegen. Die Cannabis-Vereine dürfen zudem Samen und Stecklinge an die Mitglieder zum Eigenanbau zuhause weitergeben.

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Bundesrat muss nicht zustimmen - könnte aber das Gesetz verzögern

Verboten bleibt der Konsum 100 Meter um Schulen, Kinder- und Jugendeinrichtungen, Kinderspielplätze und öffentlich zugängliche Sportstätten, sowie tagsüber in Fußgängerzonen. Spätestens 18 Monate nach Inkrafttreten des Gesetzes soll eine erste Bewertung unter anderem dazu vorliegen, wie es sich auf den Kinder- und Jugendschutz auswirkt.

Für das Gesetz stimmten 407 Abgeordnete, mit Nein 226 Abgeordnete, es gab 4 Enthaltungen. Das Gesetz kommt nun voraussichtlich am 22. März abschließend in den Bundesrat, zustimmungspflichtig ist es aber nicht. Die Länderkammer könnte prinzipiell aber den Vermittlungsausschuss mit dem Bundestag anrufen und das Verfahren abbremsen.

Gesetz stark umstritten

Über die weitreichende Zäsur in der Drogenpolitik wurde bis zuletzt kontrovers diskutiert. Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach warb für die Pläne. Die Lage derzeit sei "in keiner Weise akzeptabel", sagte der SPD-Politiker in der Aussprache vor der Abstimmung mit Blick auf steigende Zahlen von Konsumenten und "toxische Konzentrationen" in Cannabis aus kriminellem Drogenhandel. "Der Schwarzmarkt ist der Kern des Übels." Jeder Kampf gegen den Schwarzmarkt sei ein wichtiger Schritt zum Schutz junger Menschen. Daher solle ein legales Angebot geschaffen werden. Lauterbach hob zugleich eine vorgesehene stärkere Aufklärung hervor. "Wir verharmlosen nicht." Viele junge Menschen wüssten bisher nicht, dass Cannabis-Konsum für das wachsende Gehirn wie ein "Gehirngift" wirke.

Politiker der Union forderten den Bundestag vor der Abstimmung noch einmal eindringlich auf, gegen die geplante Legalisierung von Cannabis in Deutschland zu stimmen. Die CDU-Gesundheitspolitikerin Simone Borchardt sprach am Freitag im Parlament von einem "völlig unnötigen, verworrenen Gesetz". Ärzte, Polizisten und Psychotherapeuten hätten vor den Plänen gewarnt - alle Innenminister der Bundesländer hätten sich dagegen ausgesprochen. "Und Sie, liebe Ampel, machen trotzdem, was Sie wollen", sagte sie. "Der Kinder- und Jugendschutz ist in Ihrem Gesetz nicht mehr als ein reines Lippenbekenntnis." Auch der AfD-Politiker Jörg Schneider sprach sich gegen das Gesetz der Ampel aus. Er bezeichnete es als "Konjunkturprogramm für das organisierte Verbrechen".

Die Grünen-Gesundheitspolitikerin Kirsten Kappert-Gonther hingegen sagte: "Wir beenden die schädliche Verbotspolitik. Wir geben das Hanf frei." Dies stärke den Gesundheits- und Jugendschutz. Die FDP-Fachpolitikerin Kristine Lütke sprach von einem "historischen Wendepunkt" der Cannabispolitik hin zu einem Umgang, der der gesellschaftlichen Realität entspreche. Mit Cannabis aus Eigenanbau wüssten Konsumenten, woher es komme. Zudem werde der Weg zum Dealer und anderen, weitaus gefährlicheren Drogen deutlich länger.

Gesundheitsverwaltung

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Jeder Zweite in Berlin hat Erfahrungen mit dem Konsum von Cannabis. Damit liegt die Hauptstadt laut neuen Daten der Gesundheitsverwaltung weit über dem Bundesdurchschnitt. Besonders häufig wird Gras von 25- bis 39-Jährigen konsumiert.

Brandenburger Gesundheitsministerin begrüßt Freigabe - Innenminister dagegen

Brandenburgs Gesundheitsministerin Ursula Nonnemacher (Grüne) begrüßte den Beschluss des Bundestags. Sie hält die kontrollierte Freigabe von Cannabis für den richtigen Weg. "Das Verbot von Cannabis ist gescheitert", sagte Nonnemacher auf Anfrage. Das Ziel, Menschen vom Cannabis-Konsum abzubringen, sei mit einem Verbot zu keinem Zeitpunkt erreicht worden. "Deshalb sind Legalisierung und Entkriminalisierung von Cannabis unter bestimmten Voraussetzungen der richtige Weg", so Nonnemacher.

Bislang seien Konsumierende darauf angewiesen Cannabis auf dem Schwarzmarkt zu kaufen. "Damit erhalten sie auch leichteren Zugang zu chemischen psychoaktiven Substanzen, die zum Teil aber erheblich größeres Suchtpotenzial besitzen und schwerere Auswirkungen auf die körperliche und mentale Gesundheit haben können", erklärte die Gesundheitsministerin.

Der Brandenburger Innenminister Michael Stübgen (CDU) hat die vom Bundestag beschlossene Freigabe von Cannabis hingegen scharf kritisiert. Stübgen sagte am Freitag rbb24 Brandenburg aktuell, zwar sei der Konsum von Marihuana ab 1. April legal, es gebe aber keinen deutschen Hersteller, der den Stoff legal auf den Markt bringen könne. Von daher müssten die Konsumenten bei der "Mafia" kaufen, das sei "absurd".

Kritiker verweisen auf Gesundheitsgefahren

Die Länderinnenminister hatten noch am Wochenende parteiübergreifend vor einer Legalisierung gewarnt und die Möglichkeiten der Kontrolle infrage gestellt. Es seien "gravierende negative Auswirkungen auf die Bekämpfung der organisierten Kriminalität, den Kinder- und Jugendschutz sowie den Gesundheitsschutz" zu befürchten. Damit nahmen sie Bedenken auf, die auch Ärzteverbände, Juristen, Kriminalbeamte und die Polizeigewerkschaft teilen.

Cannabis ist eine Hanfpflanze. Sie enthält den psychoaktiven Wirkstoff Tetrahydrocannabinol (THC). Das Rauschmittel stammt dabei aus den Blütenspitzen und Blättern oder dem Cannabisharz. Als Droge wird Cannabis fast ausschließlich geraucht, oft vermischt mit Tabak. In kleinen Dosen erzeugt der Konsum Euphorie, Angstverlust, Beruhigung und Schläfrigkeit. Kritiker einer Legalisierung verweisen auf zahlreiche Gesundheitsgefahren, darunter psychische Erkrankungen.

Sendung: rbb24 Brandenburg aktuell, 23.02.2024, 19:30 Uhr

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