In Berlin mehren sich Rufe nach einem Nawalny-Platz
Wenige Tage nach dem Tod von Alexej Nawalny fordert eine Online-Petition, einen Ort in der Nähe des russischen Konsulats in Berlin-Mitte nach ihm zu benennen. Der Bezirk reagiert skeptisch - aber für den Senat ist die Idee durchaus ein Thema.
Online-Petition für Nawalny-Würdigung in Berlin gestartet
Platz oder Straße nahe der russischen Botschaft wird in Betracht gezogen
Regierender Bürgermeister: Senat wird "zu gegebener Zeit" darüber beraten
Bezirk Mitte verweist auf Komplexität von Straßenumbenennungen
Wenige Tage nach dem Tod des russischen Regimekritikers Alexej Nawalny mehren sich Forderungen, in Berlin eine Straße, einen Platz oder ein Gebäude nach ihm zu benennen.
Eine Petition mit der Forderung, in Berlin-Mitte die Straße nach Nawalny zu benennen, in der sich das russische Konsulat befindet, fand im Internet innerhalb eines Tages knapp 22.000 Unterstützer. Damit solle das Engagement des Oppositionellen für die Demokratie, seine klare Haltung gegen den russischen Angriffskrieg in der Ukraine und sein Kampf gegen Korruption in Russland gewürdigt werden, heißt es in der Petition. Darüber hinaus müsse sein Lebensweg als politischer Gefangener anerkannt werden.
Rund 450 Menschen gedenken am Sonntag dem Tod des Kreml-Kritikers Nawalny vor der russischen Botschaft in Berlin. Gleichzeitig demonstrieren sie gegen den russischen Präsidenten. Auch Pussy Riot-Anhänger zeigten sich.
Wegner: "Zu gegebener Zeit über den Vorschlag beraten"
Der aktuelle Regierende Bürgermeister Kai Wegner (CDU) teilte auf rbb-Nachfrage am Dienstag mit, die Koalition und der Senat würden "zu gegebener Zeit über den Vorschlag, eine Straße oder einen Platz nach Alexej Nawalny zu benennen, beraten". Zuvor hatte Berlins Wirtschaftssenatorin Franziska Giffey (SPD) dem "Tagesspiegel" gesagt, der Schritt, einen Platz nach Nawalny zu benennen, wäre ein Zeichen der Ermutigung auch für all diejenigen, die sein Erbe unter bedrohlichen Bedingungen verteidigten. "Nawalnys Kampf für die Freiheit ist unsterblich", fügte Giffey hinzu: "Diesen weiterzuführen und an ihn zu erinnern, ist Verantwortung aller Demokratinnen und Demokraten."
Auch die Stiftung Zukunft Berlin rief dazu auf, in Berlin einen Ort nach dem russischen Oppositionellen zu benennen. Der Vorstandssprecher der Stiftung, der frühere evangelische Berliner Bischof Markus Dröge, begründete die Forderung mit Nawalnys unerschrockenem, unbeugsamem und furchtlosem Eintreten für Freiheit und Demokratie in seiner russischen Heimat. Seit dem Tod von Nawalny hätten in Russland diejenigen, die seiner gedenken, mit Einschüchterungen, Repressionen und Inhaftierungen zu rechnen.
Dröge erinnerte daran, dass Nawalny im Jahr 2020 nach einem Giftanschlag gegen ihn in der Berliner Charité behandelt wurde. Von Berlin aus sei er anschließend freiwillig nach Russland zurückgekehrt, um seinen Kampf für Menschenrechte und Demokratie weiterzuführen. "Es wäre deshalb ein eindrucksvolles Zeichen, wenn in Berlin ein Ort gefunden würde, der seinen Namen trägt und an seinen Kampf erinnert", erklärte Dröge.
Bezirk Mitte reagiert skeptisch
Der Bezirk Berlin-Mitte reagierte zurückhaltend auf die Vorstöße. "Persönlich habe ich sehr große Sympathien für die Idee", sagte Bezirksbürgermeisterin Stefanie Remlinger (Grüne) dem rbb. Allerdings setzten die rechtlichen Rahmenbedingungen enge Grenzen für eine Straßenumbenennung.
Existierende Straßennamen dürften nur aus triftigen Gründen gestrichen werden, etwa wenn Bezüge zu Antisemitismus oder kolonialen Verbrechen vorliegen. Rund um die russische Botschaft liege ein solcher Fall nicht vor, so Remlinger. Verstorbene dürfen laut Straßenverkehrsordnung zudem frühestens fünf Jahre nach ihrem Tod mit einer nach ihnen benannten Straße geehrt werden. Allerdings ist es laut Straßenverkehrsordnung möglich, Ausnahmen zu machen, wenn es sich um "eine herausragende Persönlichkeit handelt und ein gesamtstädtisches Interesse beziehungsweise Hauptstadtbelange" vorliegen. In dem Fall müsste der Senat zustimmen.
Remlinger sprach sich dafür aus, für die kurzfristige Ehrung Nawalnys andere Formen zu finden. Das sei zum Beispiel mit Veranstaltungen möglich, so die Grünen-Politikerin. Denkbar sei auch, eine Grünfläche, die bislang keinen Namen hat, nach Nawalny zu benennen. Eine solche Fläche in Mitte zu finden könne aber schwierig werden, so Remlinger.
Nawalny war nach Angaben der staatlichen russischen Nachrichtenagentur TASS am Freitag in der Strafkolonie im Norden Russlands, in der er inhaftiert war, zusammengebrochen und gestorben. Der 47-Jährige war seit Langem ein Opponent des russischen Präsidenten Wladimir Putin.
Sendung: rbb24 Abendschau, 20.02.2024, 19:30 Uhr
Die Kommentarfunktion wurde am 21.02.2024 um 11:53 Uhr geschlossen. Die Kommentare dienen zum Austausch der Nutzerinnen und Nutzer und der Redaktion über die berichteten Themen. Wir schließen die Kommentarfunktion unter anderem, wenn die Zahl der Kommentare so groß ist, dass sie nicht mehr zeitnah moderiert werden können. Weiter schließen wir die Kommentarfunktion, wenn die Kommentare sich nicht mehr auf das Thema beziehen oder eine Vielzahl der Kommentare die Regeln unserer Kommentarrichtlinien verletzt.