Illegale Ferienwohnungen können wieder zu Mietwohnungen werden
Die Bezirksbürgermeisterin von Mitte rechnet mit hunderten neuen Wohnungen, die dem Bezirk künftig zur Verfügung stehen werden, und zehntausenden in Berlin. Hintergrund ist eine Gerichtsentscheidung.
Illegale Ferienwohnungen können wieder in Mietwohnungen umgewandelt werden - auch wenn sie bereits vor Inkraftreten des Zweckentfremdungsgesetztes bestanden. Das hat jetzt das Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg (OVG) entschieden.
Das Urteil, das dem rbb vorliegt, ist bereits im September vergangenen Jahres ergangen, aber erst jetzt an das prozessbeteiligte Bezirksamt Berlin-Mitte gegangen, wie ein Sprecher dem rbb am Freitag bestätigte.
Eigentümerin muss sich womöglich rückwirkend verantworten
Durch das Urteil können die Eigentümer der illegalen Ferienwohnungen rückwirkend zur Verantwortung gezogen werden. Im konkreten Fall ging es um ein Apartmenthaus mit 37 Wohnungen. Mittes Bezirksbürgermeisterin Stefanie Remlinger (Grüne) sprach von einem "wegweisenden Grundsatzurteil".
Remlinger: Bezirksamt Mitte überprüft nun 1.700 Fälle
Mittes Bezirksbürgermeisterin Stefanie Remlinger (Bündnis 90/Die Grünen) rechnet mit hunderten neuen Wohnungen, die ihrem Bezirk demnächst durch die Rückabwicklung von illegalen Ferienwohnungen zur Verfügung stehen werden. Dem rbb sagte sie am Samstag, das Bezirksamt überprüfe 1.700 Fälle. "Ein Gewerbe darf nur in einem Gewerbegebiet, in Gewerbe-Immobilien stattfinden", sagte die Grünen-Politikerin.
Allein in Mitte seien 1.700 ähnliche Fälle bekannt, teils ebenfalls mit mehreren Wohneinheiten. Gut zwei Drittel der Fälle, schätzt Remlinger, lägen ebenfalls in Wohn- statt Gewerbegebieten und müssten nun dem normalen Mietmarkt wieder zur Verfügung gestellt werden. Berlinweit seien vermutlich zehntausende Wohnungen betroffen, so Remlinger.
Niklas Schenker, Sprecher für Mieten und Wohnen der Berliner Linksfraktion, appellierte an den Senat, gemeinsam mit den Bezirken zu überprüfen, wie sie das Urteil geschlossen in ganz Berlin anwenden können.
Urteil noch nicht rechtskräftig
Noch ist das Urteil allerdings nicht rechtskräftig. Gegen die Nichtzulassung der Revision kann noch Beschwerde eingelegt werden. Bausenator Christian Gaebler von der SPD mahnte deshalb, zunächst abzuwarten, ob das Urteil Bestand haben wird. Er sagte dem rbb jedoch auch: "Grundsätzlich ist es richtig, dass alle Wege gegangen werden, um Ferienwohnungen wieder für den regulären Mietmarkt zurück zu gewinnen."
Berlins Regierender Bürgermeister Kai Wegner hat in seiner ersten Regierungserklärung bekräftigt, die Verwaltung zu modernisieren. Die neue schwarz-rote Koalition hat noch am Nachmittag ihr erstes Gesetz auf den Weg gebracht.
Zweckentfremdungsgesetz
Nachdem das Verwaltungsgericht Berlin die Klage der betreffenden Ferienwohnungsbetreiberin im August 2016 abgewiesen hatte, ging diese vor dem OVG in Berufung. Dieses legte aufgrund verfassungsrechtlicher Bedenken den Fall im April 2017 dem Bundesverfassungsgericht vor, welches die Vorlage im April 2022 als unzulässig zurückwies. Nach Wiederaufnahme des Verfahrens entschied das OVG Berlin-Brandenburg nach der mündlichen Verhandlung Ende September 2023 zugunsten des Bezirksamtes.
Das rund zehn Jahre alte Zweckentfremdungsgesetz soll verhindern, dass der Mietwohnungsmarkt schrumpft - ob durch Leerstand oder die Umwandlung in Gewerbe- und Ferienimmobilien. Das Gesetz verbietet es Mietern, den gemieteteten Wohnraum für etwas anderes zu nutzen als zu Wohnzwecken, insbesondere, wenn die Wohnungsmarktlage angespannt ist.