Geld durch Organisierte Kriminalität
Das Land Berlin hat sein erklärtes Ziel, mehr durch Straftaten erworbenes Vermögen einzuziehen, im vergangenen Jahr deutlich verfehlt. Arbeitet die Justiz etwa nicht ordentlich? Von Sabine Müller
Berlins Kriminelle dort treffen, wo es ihnen besonders weh tut, beim Geld. Das hat Justizsenatorin Felor Badenberg als eines ihrer wichtigsten Ziele ausgegeben. Mehr illegal erworbenes Vermögen vor allem der Organisierten Kriminalität soll eingezogen werden - soweit die Theorie.
Die Praxis sieht aber anders aus. Zwar hat die Berliner Justiz im vergangenen Jahr entschieden, dass eine Rekordsumme an Vermögen eingezogen werden sollte - insgesamt fast 130 Millionen Euro. Aber tatsächlich eingezogen wurden nur 4,9 Millionen Euro, sogar weniger als im Jahr davor. Wie kann das sein?
Eigentlich scheint die Rechnung klar: Auf der einen Seite stehen die knapp 130 Millionen Euro, die nach Ansicht der Berliner Staatsanwaltschaft eingezogen werden sollten. Und auf der anderen Seite die gerade mal 4,9 Millionen, die letztlich in der Stadtkasse landeten – nicht mal vier Prozent der Gesamtsumme. Das ist kläglich, oder? Falsche Rechnung, sagt Sebastian Büchner, Sprecher der Berliner Strafverfolgungsbehörden. Denn es seien für Berlin gar nicht 130 Millionen Euro zu holen gewesen, sondern deutlich weniger. Unter anderem weist Büchner darauf hin, dass in Berlin das sogenannte Brutto-Prinzip gelte.
Beispiel: Ein Drogendealer kauft für eine Million Euro Drogen und verkauft sie für drei Millionen. Der Mann fliegt auf und auf die Gesamtliste des einzuziehenden Geldes werden drei Millionen geschrieben. Die nicht mehr vorhandene Million, die für den Drogenkauf draufging, wird nicht rausgerechnet. Ein weiterer Punkt, sagt Büchner: das ergaunerte Geld sei oft längst ausgegeben. "Denn wenn wir von den Taten überhaupt erfahren, sind wir schon im zeitlichen Verzug, das heißt: das Geld könnte schon weg sein."
Die Justizverwaltung betont zudem: Bevor Geld in die Stadtkasse fließe, würden erstmal mögliche Opfer der Straftaten finanziell entschädigt, das seien oft erhebliche Millionen-Beträge. Und dann noch dies: Verfahren zur Vermögenabschöpfung liefen oft jahrelang, da könne man nicht genau sagen, wann Geld reinkomme. Einzelne Zahlen aus einzelnen Jahren solle man deshalb nicht als Erfolg oder Misserfolg werten, so Badenberg.
Der Linken-Abgeordnete Sebastian Schlüsselburg erkennt an, dass Vermögensabschöpfung ein schwieriges Geschäft ist: "Weil auch die kriminelle Seite, die Organisierte Kriminalität, besser darin wird, ihre Vermögenswerte zu verschleiern und dem Zugriff der Staatsanwaltschaft zu entziehen."
Schlüsselburg, sonst oft sehr kritisch unterwegs, bewertet die Arbeit der Staatsanwaltschaft als gut und lobt die Senatorin dafür, dass mehr Personal für den Kampf gegen die Organisierte Kriminalität inklusive Vermögenseinziehung bewilligt wurde. Allerdings ist ein Großteil der mehr als drei Dutzend neuen Stellen noch nicht besetzt:
"Was auf keinen Fall passieren darf, ist, dass wir die Personaldecke einfrieren auf dem jetzigen Niveau oder Gott bewahre auch noch absenken, da gibt’s ja auch Diskussionen aufgrund der schwierigen Haushaltssituation. Das darf auf keinen Fall passieren", sagt Schlüsselburg.
Kritik übt der Linken-Abgeordnete, weil eine Zentralstelle der Berliner Staatsanwaltschaft, die schon 2018 eingerichtet wurde, um beschlagnahmte Krypto-Währungen von Kriminellen zu verwerten, bisher nicht wirklich arbeitsfähig ist. Denn noch fehlt eine Partner-Bank, bei der das Krypto-Geld in Euro eingewechselt werden kann. Ein Vertragsabschluss stehe aber unmittelbar bevor, beruhigt Justiz-Sprecher Büchner - und ergänzt: "Das Geld haben wir ja. Es ist nach wie vor vorhanden, es ist von uns blockiert. Insofern brennt da nichts an."
Das vergangene Jahr hat gezeigt, wie schwierig es ist, vorherzusagen, wie viel Geld Berlin aus der Einziehung von illegalem Vermögen einnehmen kann. Die rot-grün-rote Regierung, die den Haushalt für 2023 verantwortete, hatte mit zehn Millionen gerechnet, letztlich wurden es eben nur knapp halb so viel.
Justizsenatorin Felor Badenberg bleibt trotzdem optimistisch. 25 Millionen Euro Einnahmen hat sie für dieses und nächstes Jahr angesetzt und auf die Frage, ob sie weiter davon ausgehe, dass dies erreichbar sei, antwortet die Verwaltung kurz und knapp: Ja.
Sendung: rbb24 Inforadio, 21.02.2024, 9 Uhr
Beitrag von Sabine Müller
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