rbb24
  1. rbb|24
  2. Politik
Quelle: dpa/Christoph Soeder

Vadim K.

Putin schlägt offenbar Tausch von US-Journalisten gegen "Tiergarten-Mörder" vor

Erstmals seit dem russischen Einmarsch in der Ukraine beantwortet Präsident Wladimir Putin Fragen eines westlichen Medienvertreters. Im Gespräch mit dem ehemaligen Fox-News Moderator Tucker Carlson geht es offenbar auch um den Mord im Berliner Tiergarten.

Der russische Präsident Wladimir Putin hat sich in einem Interview offen für die Freilassung des in Russland inhaftierten US-Journalisten Evan Gershkovich gezeigt. Im Gespräch mit dem früheren Fox-Journalisten Tucker Carlson deutete Putin an, dass er sich im Gegenzug die Freilassung eines in Deutschland inhaftierten Agenten wünscht.

Putin verwies auf einen Mann, der in einem "mit den USA verbündeten Land" im Gefängnis sitze, weil dieser einen "Banditen" ausgeschaltet habe. Besagter "Bandit" habe - laut Putin - im Kaukasus russische Militärangehörige getötet. "Es hat dann einen Patrioten gegeben, der ihn in einer der europäischen Hauptstädte liquidiert hat", sagte Putin weiter.

Kreml-Sprecher Dmitri Peskow lehnte am Freitag eine Antwort auf die Frage ab, ob es sich bei der von Putin erwähnten Person um den 2019 wegen Mordes an einem tschetschenischstämmigen Georgier verurteilten Vadim K. handele und ob dieser ein Agent des russischen Auslandsgeheimdienstes FSB gewesen sei. "Ich werde diese Frage ohne Antwort lassen", sagte Peskow.

Putin nannte keine Namen, schien sich aber auf den Russen Vadim K. zu beziehen. Der einstige Oberst des russischen Geheimdienstes war im Dezember 2021 wegen Mordes und einer "besonderen Schwere der Schuld" zu lebenslanger Haft verurteilt worden.

Das Berliner Kammergericht sah es als erwiesen an, dass Vadim K. im August 2019 einen Mann aus Georgien im Kleinen Tiergarten in Berlin erschossen hatte. Der mutmaßliche Geheimdienstmitarbeiter K. soll laut Gericht im Auftrag der Russischen Föderation gehandelt haben, der Vorsitzende Richter sprach damals von "Staatsterrorismus".

Das Opfer, ein Georgier tschetschenischer Herkunft, hatte am 23. August 2019 mittags zum Freitagsgebet gehen wollen. Zuvor spazierte er durch den Kleinen Tiergarten. Der Täter fuhr mit einem Fahrrad an ihn heran und schoss dreimal mit einer Pistole mit Schalldämpfer, zweimal davon in den Kopf des Opfers.

Bundeskanzler Olaf Scholz hielt sich am Freitag bedeckt zur der Frage, ob ein Austausch von Vadim K. möglich sei. Er sagte, solche "delikaten Fragen" müssten vertraulich behandelt werden und nicht vor der Presse. Er ist zu Besuch in Washington, um am Freitagnachmittag US-Präsident Biden zu treffen.

Putin fordert USA auf, Ukraine zu Verhandlungen zu bewegen

Das Gespräch zwischen Putin und US-Journalist Carlson war das erste Interview des Staatschefs mit einem westlichen Medienvertreter seit dem russischen Einmarsch in der Ukraine im Februar 2022. In den USA ist der 54-jährige Carlson für die Verbreitung von Verschwörungstheorien bekannt und wurde im vergangenen Jahr vom erzkonservativen US-Sender Fox News entlassen [tagesschau.de], ohne dass damals Gründe für den Rausschmiss genannt wurden. Sein Interview mit dem russischen Staatspräsidenten veröffentlichte Carlson auf der Plattform "X".

Staatsoper Unter den Linden

Rund 150 Menschen protestieren gegen Auftritt von Netrebko in Berlin

Über Vadim K. wurde bereits 2022 diskutiert

Ein Tausch inhaftierter US-Bürger gegen K. wurde offenbar bereits im Jahr 2022 diskutiert. Die USA waren damals bestrebt, die in Russland inhaftierte Basketball-Profispielerin Brittney Griner und den ebenfalls in dem Land inhaftierten früheren US-Soldaten Paul Whelan freizubekommen.

Damals verwies der Sprecher des Nationalen Sicherheitsrates der USA, John Kirby, im US-Nachrichtensender CNN auf einen entsprechenden Vorstoß russischer Vertreter. Er wies die Forderung aber zurück: "Zwei US-Bürger als Geiseln zu halten im Austausch für einen Mörder in einem Drittstaat ist kein ernsthaftes Gegenangebot", so Kirby.

Putin sagte am Donnerstag, er schließe eine Freilassung und Rückkehr des Journalisten Evan Gershkovich in seine Heimat nicht aus. Es ergebe "keinen Sinn, ihn in Russland im Gefängnis zu halten". "Wir möchten, dass die Geheimdienste der Vereinigten Staaten darüber nachdenken, wie sie zum Erreichen der Ziele unserer Geheimdienste beitragen können", fügte er hinzu. "Ich glaube, dass eine Einigung erzielt werden kann."

Washington wirft Moskau vor, US-Staatsbürger zu verhaften, um sie als Verhandlungsmasse zur Freilassung russischer Spione im Ausland zu benutzen.

Gershkovich arbeitete in Russland als Reporter für das "Wall Street Journal" und wurde Ende März während einer Recherchereise festgenommen. Dem 31-Jährigen wird unter anderem vorgeworfen, Informationen über die russische Rüstungsindustrie gesammelt zu haben, was dieser zurückweist. Gershkovich ist der erste ausländische Journalist, der seit dem Zusammenbruch der Sowjetunion im Jahr 1991 in Russland wegen Spionageverdachts inhaftiert wurde.

Sendung: rbb24 Inforadio, 09.02.2024, 9:50 Uhr

Artikel im mobilen Angebot lesen