Grüne fordern Verbot
Die Junge Alternative, die Jugendorganisation der AfD, ist nicht mehr nur ein Verdachtsfall für den Verfassungsschutz. Nach einem Gerichtsbeschluss ist eine neue Einstufung und Behandlung rechtens, die Grünen fordern ein Verbot der Organisation.
Das Bundesamt für Verfassungsschutz darf die Jugendorganisation der AfD, die Junge Alternative, als gesichert rechtsextremistisch einstufen. Das hat das Verwaltungsgericht Köln entschieden. Den Beschluss von Montag hat das Gericht am Dienstag veröffentlicht.
Die Fraktion der Grünen im Brandenburger Landtag forderte daraufhin, ein Verbot der Jungen Alternative in Brandenburg zu prüfen. Innenminister Michael Stübgen (CDU) hielt sich auf rbb24-Anfrage zu einem möglichen Verbot bedeckt. Er wolle sich nicht an öffentlichen Spekulationen beteiligen und werde informieren, wenn ein Verbot umgesetzt würde, so Stübgen.
Im Januar 2021 hatte der Verfassungsschutz die Jugendorganisation als Verdachtsfall eingestuft. Eine Klage gegen diese Entscheidung war vom Verwaltungsgericht Köln damals zurückgewiesen worden. In der nächsten Instanz beschäftigt sich das Oberverwaltungsgericht (OVG) Mitte März mit dieser Frage.
Im April 2023 hatte das BfV mitgeteilt, dass sich durch die Verdachtsfallbeobachtung Hinweise ergeben hätten, dass es bei der AfD-Jugendorganisation Junge Alternative (JA) Anhaltspunkte für Bestrebungen gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung verdichtet hätten. "Die Positionen der Jugendorganisation der AfD, Junge Alternative, sind nicht mit dem Grundgesetz vereinbar", erklärte damals Verfassungsschutzchef Thomas Haldenwang. Es bestünden keine Zweifel mehr, dass die JA "verfassungsfeindliche Bestrebungen" verfolge. Daher werde die Junge Alternative künftig als gesichert rechtsextremistische Bestrebung eingestuft und behandelt.
Dagegen hatten die AfD und die Nachwuchsorganisation im Juni 2023 geklagt und sich per Eilantrag gegen die Einstufung gewährt. Den Eilantrag hat das Verwaltungsgericht Köln nun abgelehnt. Noch ist der Beschluss des Gerichts allerdings nicht rechtskräftig. Die AfD und ihre Jugendorganisation können dagegen Beschwerde am nordrhein-westfälischen Oberverwaltungsgericht einlegen (Az: 13 L 1124/23).
In seiner Urteilsbegründung schreibt das Verwaltungsgericht, die Beobachtung durch das BfV stelle keine Maßnahme dar, "die gegen den Bestand der AfD gerichtet ist, sondern dient der Aufklärung, ob eine Partei - bzw. im vorliegenden Fall deren Jugendorganisation - verfassungsfeindliche Ziele verfolgt", teilt das Verwaltungsgericht mit.
Die Zulässigkeit einer solchen Aufklärung werde von der Verfassung vorausgesetzt. In der Sache handelt es sich bei der JA um eine gesichert extremistische Bestrebung. "Die tatsächlichen Anhaltspunkte für verfassungsfeindliche Bestrebungen haben sich seit dem Urteil des Gerichts vom 08.03.2022, in dem es um die Einstufung der JA als Verdachtsfall ging, zur Gewissheit verdichtet."
Die Jugendorganisation vertrete weiterhin einen völkisch-abstammungsmäßigen Volksbegriff. Der Ausschluss "ethnisch Fremder" sei eine zentrale Vorstellung der JA und damit ein Verstoß gegen die Menschenwürde, erläutert das Gericht in der 70-seitigen Beschlussbegründung. Das Grundgesetz kenne überdies keinen ausschließlich an ethnischen Kategorien orientierten Volksbegriff. "Hinzu kommt bei der JA eine fortgeführte massive ausländer- und insbesondere islam- und muslimfeindliche Agitation. So werden Asylbewerber sowie Migranten pauschal verdächtigt und herabgewürdigt. Einwanderer werden allgemein als Schmarotzer und kriminell bezeichnet oder in anderer Weise verächtlich gemacht und dadurch in ihrer Menschenwürde missachtet", schreibt das Verwaltungsgericht.
Die JA handele auf allen politischen Ebenen gegen die Prinzipien der Demokratie. Die Bundesrepublik Deutschland werde mit diktatorischen Regimen, "insbesondere dem NS-Regime und der DDR" gleichgesetzt. Auch die Verbindungen der Jugendorganisation mit verfassungsfeindlich eingestuften Organisationen wie der Identitären Bewegung würden für eine Verdichtung der Verdachtsmomente sprechen.
Seit dem vergangenen Oktober ist der AfD-Bundestagsabgeordnete Hannes Gnauck aus der Uckermark Bundesvorsitzender der AfD-Jugendorganisation. Er und andere JA-Mitglieder pflegen Kontakte zum Institut für Staatspolitik in Sachsen-Anhalt, das beim BfV ebenfalls als gesichert rechtsextremistische Bestrebung gilt.
Der Brandenburger Verfassungsschutz hatte den AfD-Landesverband 2020 als rechtsextremistischen Verdachtsfall eingestuft - im Juli 2023 stufte die Behörde den AfD-Nachwuchs bereits als "gesichert extremistische Bestrebung ein".
Im vergangenen Jahr galten nach Einschätzung der Behörde in der AfD 730 Menschen als Rechtsextremisten, bei der Jungen Alternative 90. "Gesichert extremistische Bestrebung" ist die höchste Kategorie des Verfassungschutzes. Bei als gesichert extremistischen Bestrebungen sind die Hürden für das Abhören von Telefongesprächen oder dem Einsatz von V-Leuten niedriger als bei Verdachtsfällen.
Vor diesem Hintergrund und nach dem nun vorliegenden Gerichtsurteil, sagte der Fraktionsvorsitzende der Brandenburger Grünen, Benjamin Raschke, die Prüfung eines Verbots der Jungen Alternative in Brandenburg müsse jetzt energisch vorangetrieben werden. Durch die Bundesentscheidung falle ein möglicher Einwand dagegen weg und die Hürden für ein Verbot der Jugendorganisation seien niedriger als bei einem Parteiverbotsverfahren.
Durch ein Verbot der JA erhoffe sich die Grüne das Zerschlagen rechtsextremer Strukturen und den Einzug von Vereinsvermögen. Gegen den Rechtsextremismus müssten alle Register gezogen werden, so Raschke.
Sendung: Radioeins, 06.02.2024, 12:00 Uhr
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