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Quelle: Imago Images/snapshot-photography/T.Seeliger

Baumaßnahmen für Gleichberechtigung

"Wir sind weit entfernt von einer menschengerechten Stadt"

Unter dem Stichwort "Bauen für Frauen" wird am Samstag im Potsdamer Landtag mit der Bundesbauministerin diskutiert, was geschlechtergerechten Städtebau ausmacht. rbb|24 hat mit zwei Teilnehmerinnen darüber gesprochen, wie so eine Stadt aussähe.

Geschlechtergerechte Stadtplanung ist kein neues Konzept – Ideen und Arbeiten dazu gibt es mindestens seit den 1980ern. Stadtforscherin Christiane Droste beschäftigt sich seit etwa 30 Jahren mit dem Thema, beriet schon das Land Berlin in Sachen Geschlechtergerechtigkeit.

Gute Beispiele, wie gendergerechte Stadtentwicklung in den vergangenen zehn bis fünfzehn Jahren angewandt werde, sei in der Praxis schwer zu finden, meint Stadtforscherin. Ein Beispiel dafür, wie man mit Nutzungskonflikten gendersensibel umgehe, sei der Nettelbeckplatz im Wedding.

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Durch mehr Bänke und Sitzgelegenheiten, zentral auf und um den Platz herum, seien hier "Konfliktzonen entflochten" worden. Heißt, jede und jeder findet hier einen Platz. Frauen und Mädchen müssen nicht mit Männergruppen um Sitzplätze konkurrieren oder werden durch schlecht einsehbare Ecken von der Nutzung des Platzes ausgeschlossen.

Frauen bekommen Nachteile schlecht geplanter Städte eher zu spüren

Gendergerechte Stadtentwicklung, sagt sie, plane "aus der Perspektive der Nutzer:innen". Es geht dabei um flexible Stadt- und Wohnräume und auch darum, wie die Wege zwischen Wohnen, Arbeit und Kinderbetreuung aussehen. "Die Idealstadt ist eine Stadt der kurzen Wege. Die sich dem Leben anpasst und nicht umgekehrt", so Droste.

"Untersuchungen zum Gender Care Gap haben gezeigt, wie hochgradig komplex die Wegeketten sind, die meist Frauen bei der Kinderbetreuung zurücklegen." Frauen übernehmen nach wie vor den Großteil der Sorgearbeit – schlecht geplante Städte und weite Wege, bekommen sie deshalb eher zu spüren.

Das Konzept der 15-Minuten-Stadt, das häufig diskutiert wird, komme aus der feministischen Planung und wurde schon in den 80er Jahren als "Stadt der kurzen Wege" formuliert, so Droste. Das Konzept beinhaltet, dass die wichtigsten Alltagsorte – etwa Wohnung, Arbeiten, Einkaufen – innerhalb von 15 Minuten zu Fuß oder mit dem Fahrrad erreichbar sein sollten.

Laut Droste sei eine geschlechtergerechte Stadt deshalb auch eine autoarme Stadt und eine, die "die unterschiedliche Betroffenheit der Menschen vom Klimawandel beachtet und differenziert auf die soziale Frage des Wohnens reagiert".

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Grenzen der geschlechtergerechten Stadtplanung

Für Silvia Malcovati ist die gendergerechte Stadt eine Unterkategorie der "Stadt für Alle". Malcovati ist Professorin für Städtebau an der Fachhochschule Potsdam und seit Ende vergangenen Jahres Mitglied im Gestaltungsrat der Stadt. Das Gremium berät zu Bauvorhaben und unterstützt Verwaltung und Politik bei der Städteplanung.

Bei der Geschlechtergerechtigkeit sieht Malcovati auch die Grenzen der Städteplanung. Beispiel: Frauenparkplätze in Parkhäusern. Gedacht sind sie dafür, dass Frauen in Parkhäusern möglichst kurze Wege zum Ausgang haben, es für sie so nicht zu bedrohlichen Situationen kommt. "Das ist eine kleine Maßnahme – aber sie kann nicht die Antwort auf ein gesellschaftliches Problem sein. Über gendergerechte Städte zu sprechen ist ein ambitioniertes Ziel, weil wir in der aktuellen Städtebauentwicklung weit entfernet sind, überhaupt von einer menschengerechten Stadt zu sprechen", so Malcovati. Den Ansatz der gendergerechten Stadt wolle sie nicht abwerten, aber im aktuellen Städtebau gebe es größere Probleme.

"Stadt für Alle" braucht öffentliche Räume

Das drängendste Problem sei momentan die Wohnungsnot in Deutschland. Neuer Wohnraum müsse bezahlbar sein und schnell gebaut werden – das berge aber das Risiko des "quantitativen Würfelurbanismus". Öffentliche Räume, der von verschiedenen Gruppen genutzt wird, geht dabei verloren. Als Beispiel nennt sie in Potsdam das Wohngebiet am Bornstedter Feld. Potential sei hier verschenkt worden. "Ein reines Wohnquartier mit ein paar Geschäften, das funktioniert nicht." Darüber, wie der Raum noch genutzt werden könne, spreche man aber erst jetzt, nach dem das Quartier schon steht.

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Auch Christiane Droste sieht im Druck zum schnellen Wohnungsbau ein städteplanerisches Problem. Sie frage sich, ob man in den Städten noch lebenswerte Quartiere plane. "Oder "metern" wir große Zahlen an seriell gebauten Wohnhäusern und gehen wieder in Richtung peripherer Schlafstädte?" Das Ziel, etwa Wohnen und Arbeiten zusammenzudenken, könnte dabei auch für Frauen über Bord gehen.

Keine konkrete Pilotprojekte vom Bauministerium

Mit diesen Aspekten geschlechtergerechter Stadtplanung werden die Stadtforscherin bei Bundesbauministerin Klara Geywitz (SPD) auf offene Ohren stoßen. Laut einer Sprecherin arbeite das Ministerium gerade an Leitlinien für feministische Stadtplanung für Städte und Gemeinden. Konkrete Pilotprojekte mit diesem Fokus, die vom Bundesbauministerium gefördert werden, gibt es auf Anfrage nicht. Stattdessen verweist die Sprecherin auf allgemeine Förderprogramm für den sozialen Wohnungsbau und das Förderprogramm für genossenschaftliche Wohnprojekte, mit dem auch Projekte von und für Frauen gefördert werden können.

Christiane Droste mahnt, dass es konkrete Projekte brauche, um bei der gendergerechten Stadtentwicklung voranzukommen. Sie hofft, dass die Diskussionen um Wohnungsfrage, Klimawandel und Verkehrswende Gender- und feministische Perspektiven wieder auf die Agenda bringen.

Sendung: 09.03.2024, rbb24 Brandenburg Aktuell, 19.30 Uhr

Beitrag von Stephanie Teistler

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