Österreichischer Rechtsextremist
Gegen den früheren Kopf der "Identitären Bewegung" in Österreich, Martin Sellner, hat die Stadt Potsdam ein Einreiseverbot nach Deutschland verhängt. Das Verfahren wurde nach einem Treffen von Rechtsextremen in Potsdam eingeleitet.
Der österreichische Rechtsextremist Martin Sellner darf nicht mehr nach Deutschland einreisen.
Der frühere Kopf der "Identitären Bewegung" in Österreich, Martin Sellner, hat auf X (früher Twitter) am Dienstag öffentlich gemacht, dass ihm die Stadt Potsdam die Einreise nach Deutschland verweigert. In einem Video hält er einen Bescheid der Stadt, datiert auf den 14. März 2024, in die Kamera. "Der Verlust Ihres Rechts auf Freizügigkeit in der Bundesrepublik Deutschland wird gem. § 6 Abs. 1 FreizügG/EU aus Gründen der öffentlichen Ordnung und Sicherheit festgestellt", heißt es dort im 1. Satz.
Zuerst hatte die "Süddeutsche Zeitung" berichtet.
Die Stadt Potsdam bestätigte lediglich, dass ein Einreiseverbot gegen einen EU-Bürger in die Bundesrepublik Deutschland vorliegt. Die zuständige Ausländerbehörde gehört zur Stadt Potsdam und kann die Einreise fürs gesamte Bundesgebiet verweigern.
"Zu personenbezogenen Verfahren können wir uns nicht äußern", sagte eine Stadtsprecherin auf Nachfrage von rbb24. "Wir können aber bestätigen, dass die Landeshauptstadt Potsdam einen Bescheid zum Vollzug des Freizügigkeitsgesetzes/EU zur Feststellung des Verlustes des Freizügigkeitsrechts in der Bundesrepublik Deutschland an einen EU-Bürger versendet hat", so die Sprecherin weiter.
Der Betroffene sei zuvor angehört worden. Da in dem benannten Fall die sofortige Vollziehung des Bescheids angeordnet wurde, "gilt das Einreiseverbot prinzipiell sofort", teilt die Stadt rbb24 mit.
Sollte sich der Betroffene aktuell in Deutschland aufhalten, müsste er innerhalb von einem Monat ausreisen. Allerdings könne er sowohl gegen den Bescheid zum Verlust des Freizügigkeitsrechts als auch gegen seine sofortige Vollziehung Rechtsmittel einlegen.
Sellner will gerichtlich gegen das Verbot vorgehen, sich vorerst aber daran halten.
"Wir müssen zeigen, dass der Staat nicht ohnmächtig ist und seine legitimen Mittel nutzt. Die Demonstrationen und Kundgebungen waren ein wichtiges Zeichen. Wir machen deutlich, dass die Demokratie wehrhaft ist", teilt Potsdams Oberbürgermeister Mike Schubert zu dem Fall mit. Um Grundrechte und Grundgesetz zu schützen, müssten die Institutionen ihre Mittel nutzen, so Schubert.
Für die Verweigerung der Einreise freizügigkeitsberechtigter Unionsbürgerinnen und Unionsbürger sowie die Anordnung und Befristung eines Einreise- und Aufenthaltsverbotes sind laut Stadt die durch Landesrecht bestimmten Behörden zuständig. Das sind unter anderem die örtlichen Ausländerbehörden. Sind die entsprechenden Voraussetzungen erfüllt, könne in einer Kontrollsituation auch die Bundespolizei die Einreise im Rahmen von Grenzkontrollen verweigern. Nach Einreise nach Deutschland könne eine Person, gegen die ein Einreise- und Aufenthaltsverbot besteht, abgeschoben werden. Außerdem sei eine Einreise entgegen einem Verbot strafbar und könne strafrechtliche Konsequenzen haben, so die Stadt.
Hintergrund ist ein Vortrag Sellners bei einem Treffen radikaler Rechter in einer Potsdamer Villa im November. Die Teilnehmer an der Runde sprachen explizit darüber, dass deutsche Staatsbürger mit Zuwanderungsgeschichte dazu gedrängt werden sollten, das Land freiwillig zu verlassen. Martin Sellner, der nach Angaben des Mediums "Correctiv" den Hauptvortrag auf dem Treffen hielt, vertritt diese These in seinem Buch. Er spricht von mehreren Gruppen, die aus dem Land vertrieben werden sollen, es geht darin um die Vorbereitung einer millionenfachen Vertreibung.
Nach Bekanntwerden des Treffens in Potsdam hatten Politiker und Gesellschaftsträger scharfe Kritik und Sorge geäußert. Es gab seitdem zahlreiche Demonstrationen gegen Rechtsextremismus in Brandenburg und Berlin.
Sendung: rbb24 Inforadio, 19.03.2024, 17:30 Uhr
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