Mögliches juristisches Nachspiel
Die Räumung des Palästina-Protestcamps neben dem Kanzleramt könnte ein juristisches Nachspiel haben. Die Polizei hat im Nachgang mehr als 40 Strafverfahren eingeleitet - Vorwürfe bezüglich Polizeigewalt sollen geprüft werden.
Die Räumung eines Protestcamps zur Unterstützung der Palästinenser-Bewegung im Berliner Regierungsviertel hat zu heftigen Protesten geführt. Es kam zu Auseinandersetzungen zwischen Demonstranten und Polizisten, es gab viele Festnahmen. Einsatzkräfte stehen wegen eines teils rabiaten Vorgehens in der Kritik, in sozialen Medien wird von Polizeigewalt gesprochen.
Veröffentlichte Videoaufnahmen sollen belegen, dass Protestteilnehmer geschlagen wurden. Ein Polizeisprecher kündigte am Sonntag eine "umfassende Prüfung der Ereignisse und des Handelns der eingesetzten Beamten" an. Es werde recherchiert, ob bereits Beschwerden oder Strafanzeigen vorlägen.
Die Polizei hatte das Protestcamp in der Nähe des Kanzleramtes am Freitag verboten. 150 Polizisten waren am späten Vormittag auf dem Platz erschienen, auf dem etwa 20 Zelte standen. Zur Begründung des Verbots erklärte die Polizei, Camp-Teilnehmer hätten wiederholt Straftaten begangen, darunter Volksverhetzung, Bedrohung, Beleidigung und Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte. Außerdem seien bestimmte Einschränkungen nicht eingehalten worden. Eine Prüfung und Bewertung der Geschehnisse habe ergeben, dass nur ein Verbot Straftaten und Verstöße gegen Beschränkungen verhindern könne.
Mit dem Verbot wurden auch sämtliche Ersatzveranstaltungen im gesamten Stadtgebiet bis zum 13. Mai untersagt. Nach Angaben der Polizei hat das Verwaltungsgericht Berlin die Verbotsverfügung bestätigt. Ob die Veranstalter Beschwerde beim Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg einlegen, blieb zunächst unklar.
Trotz des Verbots versammelten sich am Freitag nach der Auflösung des Camps bis in den Abend im Regierungsviertel immer wieder Dutzende Unterstützer, die lautstark gegen die Räumung protestierten. Einsatzkräfte zogen einzelne Demonstranten aus der Menge und drängten andere zurück. Sprechchöre der Demonstranten richteten sich gegen die Polizei.
Bis Freitagabend um 22 Uhr seien insgesamt 161 Menschen kurzfristig festgenommen worden, teilte die Polizei am Samstag mit. Es seien 42 Strafermittlungsverfahren eingeleitet worden unter anderem wegen Landfriedensbruchs, Volksverhetzung oder Angriffs auf Vollstreckungsbeamte. Zudem wurden 89 Ordnungswidrigkeiten registriert. Rund 380 Polizistinnen und Polizisten waren den Angaben zufolge im Einsatz.
In Berlin-Neukölln kam es am Freitagabend zu einer unangemeldeten Versammlung. Dabei seien propalästinensische Sprüche skandiert und Pyrotechnik entzündet worden, hieß es von der Polizei. Rund 150 Menschen hätten sich auf dem Hermannplatz versammelt, einige seien vermummt gewesen. Es seien drei Polizeikräfte verletzt und zwei von ihnen ambulant in einem Krankenhaus behandelt worden.
Nach Angaben des Polizeisprechers gab es 59 sogenannte freiheitsentziehende Maßnahmen und 28 Strafermittlungsverfahren, unter anderem wegen Volksverhetzung. Nach zwei Stunden war die Ansammlung laut Polizei vollständig aufgelöst.
Am Samstag wurden nach Angaben eines Polizeisprechers erneut zwei Beamte verletzt bei einer propalästinensischen Demonstration in Neukölln. Nach Schätzungen der Polizei kamen etwa 750 Menschen zu dem angemeldeten Protest am Hermannplatz. Rund 280 Polizisten und Polizistinnen waren vor Ort, wie es hieß. Es seien sieben Verfahren eingeleitet worden, unter anderem wegen des Verdachts der Volksverhetzung, Sachbeschädigung, Beleidigung oder tätlichen Angriffs auf Vollstreckungsbeamte. Nach Angaben des Sprechers wurden acht Männer und drei Frauen vorübergehend festgenommen.
Sendung: rbb24 Abendschau, 27.04.2024, 19:30 Uhr
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