Audio: rbb24 Inforadio | 06.04.2024 | Nachrichten | Quelle: dpa/Hannes P Albert
Zweierteams stehen zur Wahl
Berliner SPD startet Mitgliederbefragung zur neuen Parteispitze
Die Berliner SPD hat ihre Mitgliederbefragung zur künftigen Doppelspitze gestartet. Seit Samstag haben etwa 18.000 Parteimitglieder die Möglichkeit, zwischen drei Bewerberduos auszuwählen. Die Abstimmung ist online oder per Brief bis zum 19. April um 22 Uhr möglich. Etwas mehr als die Hälfte der Mitglieder (9.742) hat sich vorab für die Online-Abstimmung registrieren lassen. Die andere Hälfte bekommt die Unterlagen per Post. Die Partei kündigte an, am Tag nach dem Abstimmungabschluss die Stimme auszuzählen und das Ergebnis des Votums bekanntzugeben.
Drei Paare bewerben sich um den Vorsitz der Berliner SPD. Die Kandidierenden-Duos könnten unterschiedlicher kaum sein. Am Dienstag stellen sie sich erstmals gemeinsam den Mitgliedern vor. Die entscheiden im April darüber, wer die Partei künftig führt. Von Jan Menzel
Wenn keines der drei Duos auf eine absolute Mehrheit kommt, würde eine zweite Runde mit den beiden Bestplatzierten vom 2. bis 17. Mai folgen. Endgültig gewählt werden soll die Parteispitze auf Basis des Ergebnisses der Mitgliederbefragung dann bei einem Parteitag am 25. Mai. Das Votum der Mitglieder ist zwar für den Parteitag rechtlich nicht bindend, eine abweichende Abstimmung der Delegierten gilt aber als praktisch ausgeschlossen.
Der Beschluss war seinerzeit eine Konsequenz aus dem historisch schlechten Ergebnis der Sozialdemokraten bei der Wiederholungswahl zum Abgeordnetenhaus im Februar 2023. Mit 18,4 Prozent landete die SPD weit hinter der CDU, mit der sie nun als Juniorpartner regiert. Das Wahlergebnis mit Giffey als Spitzenkandidatin manifestierte einen Negativtrend der SPD, der schon viele Jahre anhält.
Der Co-Chef der Berliner SPD, Raed Saleh, will sich erneut um sein Amt bewerben. Der 46-Jährige will erneut Teil einer Doppelspitze sein - allerdings nicht mehr mit Franziska Giffey.
Sehr unterschiedlichen Positionen der Teams
Besonders deutlich haben sich Martin Hikel und Nicola Böcker Giannini von der Politik der SPD in den letzten Jahren abgesetzt. In einem Positionspapier bezeichnen sie den Zustand der Partei als miserabel. Der Austausch zwischen Parteispitze und der Basis funktioniere nicht mehr. Die SPD sei innerlich zerrissen und habe keinen klaren inhaltlichen Kompass, schreiben sie und nehmen besonders den langjährigen Fraktionsvorsitzenden Raed Saleh ins Visier. Der habe mit dem Konzept der "Umsonst-Stadt" für kostenlose Schulmittagsessen, Gratis-Schülertickets und die gebührenfreie Kita gesorgt. An der Wahlurne und in Punkto Bildungsqualität habe sich diese Kostenlos-Politik aber nicht ausgezahlt.
Saleh und seine Teampartnerin Lehman weisen diese Kritik zurück. Von der SPD werde erwartet, dass sie die Stadt bezahlbar halte. Viele Menschen seien krisenmüde und drehten jeden Euro zweimal um, so Saleh. Als zentrale Aufgabe für ihre Partei sehen beide die Bekämpfung von Armut in allen Facetten an. Lehmann, die als Ärztin arbeitet und bisher in der Marzahner Bezirkspolitik aktiv war, betont, dass sie auch den Klimaschutz stärker in den Vordergrund rücken möchte. Das angekündigte 29-Euro verteidigte sie gegen Kritik der anderen Kandierenden-Teams als sozial- und klimapolitisch richtig.
Das Kandidatenpaar Kian Niroomand/Jana Bertels hat angekündigt, im Falle seiner Wahl die Berliner SPD zu einer modernen, linken Großstadtpartei umbauen wollen. Der Debatte über die "angebliche Umsonst-Stadt" erteilen beide eine Absage. "Wir stehen absolut für kostenfreie Bildung", erklären Niroomand und Bertels. Worum es aus ihrer Sicht gehen müsse, sei eine "starke und funktionierende Stadt", mit einem guten ÖPNV, einer wirkungsvollen Mietenpolitik und bürgerfreundlichen Verwaltung. "Die SPD steht vor einer Richtungsentscheidung", betonen beide und nur sie stünden - anders als der langjährige Spitzengenosse Saleh und das Duo des Bezirksbürgermeisters Hikel und Ex-Staatssekretärin Böcker-Giannini - für einen echten Neuanfang.