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Video: rbb24 Brandenburg aktuell | 20.04.2024 | Ismahan Alboga | Quelle: picture alliance / dpa / Jörg Carstensen

Programm zur Weiterbildung

Brandenburgs Spurwechsel-Projekt für Flüchtlinge auf Abwegen?

Mit dem Projekt "Spurwechsel" wollte die Brandenburger Landesregierung langjährig geduldeten Flüchtlingen endlich eine Perspektive verschaffen und zugleich dem Arbeitskräfte-Mangel entgegenwirken. Doch bisherige Zahlen geben zu denken. Von Ismahan Alboga und Markus Woller

Fouad Slimani, Leiter des Modellprojekts "Spurwechsel" im Potsdamer Welcome Center, weiß: Ein unsicherer Aufenthaltsstatus bedeutet für die Betroffenen oft eine jahrelange Hängepartie. Arbeiten dürfen die geduldeten Geflüchteten nicht – aber abgeschoben werden können sie auch nicht, meist wegen der unsicheren Lage in ihren Heimatländern oder schlicht, weil die sie nicht wieder einreisen lassen.

Deshalb sieht Slimani in dem Modellprojekt des Sozialministeriums eine große Chance für die Menschen, eine Perspektive zu bekommen, sagt er. Erstmals erhalten sie die Chance auf Sprachkurse, Qualifizierungsmaßnahmen, Job-Coachings – und die Erlaubnis, sich bei Arbeitgebern zu bewerben. Wer Erfolg hat, dem winkt nicht nur ein Job, sondern auch ein dauerhafter Aufenthaltstitel für Deutschland.

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15 Geflüchtete nehmen teil - ausgelegt ist das Projekt für 300

Was gut klingt, ist in der Realität eher eine zähe Angelegenheit, weiß Slimani. In zwei Flüchtlingsunterkünften hat er bislang Informationsveranstaltungen organisiert. Auf Anhieb konnte er die Geduldeten nicht in größerer Anzahl von der Teilnahme überzeugen. 15 Flüchtlinge nehmen laut der Stadt Potsdam aktuell am Projekt teil. Ausgelegt war es in der Landeshauptstadt für bis zu 300 Teilnehmer.

Die Zurückhaltung führt der Chef des Welcome Centers auf die jahrelange aussichtslose Lebenssituation in den Gemeinschaftsunterkünften zurück. Für die Menschen sei es oft nicht greifbar, wenn er in einer Flüchtlingsunterkunft über das Projekt erzähle. An eine echte Perspektive glaubten viele nicht. Dann müsse er Überzeugungsarbeit leisten.

Nicht so leicht, denn zunächst ändert sich an ihrer Unsicherheit wenig. Potsdams Sozialdezernentin Brigitte Meier (SPD) sagt, das Damoklesschwert der Abschiebung hänge auch während des Projektes über den Geflüchteten. "Wenn sie in Arbeit gehen und in Arbeit sind, dann ändern wir den Status. Dann wird aus dem geduldeten Status ein gefestigter Status", so Meier. Sie glaube aber, dass der Bedarf nach Arbeitskräften wegen des Fachkräftemangels groß und die Chancen deshalb für viele gut seien.

Pilotprojekt läuft am Jahresende schon wieder aus

Das Projekt hat außerdem ein Zeitproblem. "Spurwechsel" läuft seit August vorigen Jahres. Nur nach und nach fanden sich Kommunen, die teilnehmen wollten. Bis zu fünf sollten es eigentlich mal sein. Drei sind es nun. Neben den 15 Geflüchteten in Potsdam betreut Cottbus aktuell 31 Personen und im Landkreis Elbe-Elster hätten bereits 30 fest zugesagt, heißt es. Dabei soll es nicht bleiben

Geld ist genügend da, aber erstens scheint es schwierig geeignete Partner für die Umsetzung zu finden. Außerdem läuft das Pilotprojekt schon am Jahresende wieder aus. Die Linksfraktion, Opposition im Brandenburger Landtag, kritisiert genau das. "Spurwechsel" sei an sich vielleicht eine gute Idee, so Fraktionschef Sebastian Walter. Die Landesregierung schaffe es aber nicht, das Programm zu erweitern und zu verlängern. Und es sei auch anscheinend noch nicht attraktiv genug für alle Landkreise. Für Walter ist es deshalb ein Flop.

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Integrationsministerin hält Kritik für überzogen

Die Brandenburger Sozial- und Integrationsministerin Ursula Nonnemacher (Grüne) will das so nicht stehen lassen. Die Kritik findet sie überzogen. Das Pilotprojekt habe verwaltungstechnisch zwar in Gang kommen müssen, liefere aber schon jetzt wichtige Erkenntnisse darüber, wie es auch zukünftig gelingen könne, Arbeitskräfte aus dem Potenzial der Geflüchteten zu generieren.

"Wenn wir dort eine erklärliche Anzahl Leute in Qualifizierungen, Bewerbungsverfahren oder eine Ausbildung gebracht und die Verwaltungsakteure näher zusammengebracht haben, dann war das ein Erfolg", so Nonnemacher.

Verlängerung des Projektes wird es wohl nicht geben

Das Modellprojekt "Spurwechsel" wird aus den Mitteln des Brandenburg-Pakets zur Abmilderung der Folgen des russischen Angriffskrieges auf die Ukraine und der Energiekrise im Land Brandenburg finanziert. 13,45 Millionen Euro stehen insgesamt in den Jahren 2023 und 2024 zur Verfügung. Rund drei Millionen Euro seien davon bewilligt worden, teilt das Sozialministerium mit. Eine Verlängerung des Projektes über das Jahresende hinaus wird es wohl wegen knapper Finanzen nicht geben.

Potsdams Projektleiter Slimani glaubt, bis zum Ende des Jahres könnten bei ihm in der Stadt 80 bis 100 Geflüchtete an dem Projekt teilgenommen haben. Wenn davon einige einen Job aufnehmen können, wäre das zumindest ein kleiner Erfolg.

Sendung: rbb24 Brandenburg aktuell, 20.04.2024, 19:30 Uhr

Beitrag von Ismahan Alboga und Markus Woller

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