Landesparteitag in Wahlkampfzeiten
Im Brandenburger Landtagswahlkampf ist die SPD derzeit in der Verfolgerrolle. Die AfD führt nach wie vor die Umfragewerte an. Doch für die Sozialdemokraten geht das Rennen jetzt erst richtig los. Am Samstag wird das Wahlprogramm verabschiedet. Von Andreas B. Hewel
22 Prozent wären für die SPD in Brandenburg eigentlich ein Schlag ins Kontor. Doch die 22 Prozent sind kein Wahlergebnis, sondern das Ergebnis des aktuellen rbb BrandenburgTrends aus dieser Woche. Vor allem aber sind die 22 Prozent zwei Prozentpunkte mehr als bei der letzten Umfrage im vergangenen September. Damit liegt man nur noch vier Prozentpunkte hinter der AfD.
SPD-Generalsekretär David Kolesnyk jedenfalls gibt sich kampfeslustig. "Wir müssen den Brandenburgerinnen und Brandenburgern deutlich machen, dass wir die einzigen sind, die die AfD schlagen können, aber vor allen Dingen, dass jede oder jeder, der Dietmar Woidke will, SPD wählen muss."
Im Wahlkampf will sich die SPD damit weniger mit anderen Parteien auseinandersetzen, sondern sich vor allem auf sich selbst konzentrieren und auf ihr Zugpferd, Ministerpräsident Woidke, der seit elf Jahren das Land regiert. 51 Prozent der Wahlberechtigten würden laut Umfrage Woidke wählen, wenn sie den Ministerpräsidenten direkt wählen könnten, mehr als vor fünf Jahren kurz vor der letzten Landtagswahl. Damals konnten die Sozialdemokraten die AfD überholen und wurden stärkste Partei.
"Es zeigt, die Brandenburgerinnen und Brandenburger wollen, dass Dietmar Woidke Ministerpräsident bleibt und dass er gut für dieses Land arbeitet", interpretiert Kolesnyk die Zahlen. "Und es zeigt sich jetzt, wo die Landtagswahl näher rückt, dass sich das langsam auch auf das SPD-Ergebnis niederschlägt."
Auf dem Wahlparteitag der Sozialdemokraten am Samstag sorgt das für eine straffe Choreografie. Innerhalb von fünf Stunden will man Woidke zum Spitzenkandidaten für die Landtagswahl wählen und anschließend 83 weitere Kandidatinnen und Kandidaten auf ihren Listenplätzen bestätigen. Ach ja, und ganz nebenbei wird noch das gesamte Wahlprogramm verabschiedet. Mehr Einigkeit geht nicht. Streit will sich die SPD derzeit nicht leisten, jedenfalls keinen grundlegenden. Dazu ist das Rennen, wer stärkste Partei wird im Land, zu hart.
Wirtschaft, Gemeinschaft, Sicherheit sind die großen Themenbereiche, mit denen die SPD in den Wahlkampf geht. So will die SPD vor allem die Ansiedlung neuer Industriebetriebe im Land fördern. Unterstützung soll es auch für Modernisierungen und den klimaneutralen Umbau geben. Auch soll die Zahl der 250.000 Menschen, die hierzulande nur auf Mindestlohnniveau arbeiten, gesenkt werden.
Außerdem wollen die Sozialdemokraten den Vergabemindestlohn von 13 Euro auf 15 Euro in der Stunde erhöhen, also den Lohn, den Unternehmen zahlen müssen, wenn sie Aufträge der öffentlichen Hand erhalten wollen. Zudem sollen nach dem Willen der SPD auch Azubis wie Studierende in Zukunft das günstige Deutschlandticket erhalten.
Familien will die SPD unter anderem dadurch entlasten, dass sie alle verbliebenen Elternbeiträge für Krippe und Hort abschaffen will. Ziel sei eine vollständig kostenfreie Bildung im Land. In der Hochschulbildung wird besonders der Aufbau der Universitätsmedizin in Cottbus eine große Rolle spielen. Mit jährlich über hundert Millionen Euro, so der Generalsekretär, würde die Einrichtung und der Betrieb für die kommenden Jahre vom Land unterstützt.
Auch mit regenerativer Energie soll die SPD punkten, hofft David Kolesnyk. Vor allem will die SPD dafür sorgen, dass der hohe Grad an Windenergieerzeugung im Land auch den Brandenburgerinnen und Brandenburgern finanziell zugutekommt. Gemeint sind die hohen Netzentgelte, die die Brandenburger als Region für erneuerbare Energien besonders belasten. Auf eine Änderung auf Bundesebene dränge hier die SPD. Damit könnten die Netzentgelte in Brandenburg pro Jahr um über 200 Millionen Euro sinken. Zudem solle auch Unternehmen ermöglicht werden, direkte Verträge mit Wind- oder Solarparks schließen zu können. Diese könnten so direkt den deutlich billigeren Strom aus Wind und Sonne bekommen.
Neben dem eigenen guten Abschneiden hofft die SPD vor allem auf eine hohe Wahlbeteiligung. Bei 61,3 Prozent lag sie bei der Landtagswahl vor fünf Jahren. Bei den Bundestagswahlen 2021 gingen dagegen 75,6 Prozent der Wahlberechtigten in Brandenburg an die Urnen, die zweithöchste Wahlbeteiligung in Brandenburg überhaupt. Diesen Trend wünscht sich Kolesnyk auch für die Landtagswahlen in diesem Jahr. Eine Beteiligung von über 70 Prozent wäre sein Wunsch, räumt er ein. Das wäre auch ein gutes Zeichen für die Demokratie.
Sendung: rbb24 Brandenburg aktuell, 13.04.2024, 19:30 Uhr
Beitrag von Andreas B. Hewel
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