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Audio: rbb24 Inforadio | 08.04.2024 | C. Ernst | Quelle: dpa/Carstensen

Tödliche Infusion

Berliner Arzt in Sterbehilfe-Prozess zu drei Jahren Gefängnis verurteilt

Ein Hausarzt, der einer Studentin zum Suizid verholfen hat, ist am Montag vom Landgericht Berlin zu drei Jahren Gefängnis verurteilt worden. Der Arzt hatte sich auf den klaren Willen der Patientin berufen - das sah das Gericht anders.

Im Prozess um einen Berliner Sterbehilfe-Fall ist am Montag am Berliner Landgericht das Urteil gegen den angeklagten Arzt ergangen. Der 74-jährige ist wegen Totschlags zu drei Jahren Gefängnis verurteilt worden.

Die 37-jährige Frau, der er geholfen hat, war aus Sicht der Richter wegen ihrer Depression nicht zur freien Willensbildung in der Lage. Der Mediziner habe "die Grenzen des Zulässigen überschritten", sagte Richter Mark Sautter. Das Urteil ist nicht rechtskräftig. Der Arzt hatte bereits zu Prozessauftakt angekündigt, dass er im Fall einer Verurteilung Rechtsmittel einlegen werde.

Die Verteidigung des Arztes hatte auf Freispruch plädiert. Die Staatsanwaltschaft hatte eine Haftstrafe von drei Jahren und neun Monaten gefordert.

Beide Gesetzentwürfe scheitern

Bundestag lehnt Reform der Sterbehilfe ab

Ein Recht auf selbstbestimmtes Sterben steht jedem zu. So urteilte das Bundesverfassungsgericht 2020. Mehr als drei Jahre später beriet nun der Bundestag über zwei Gesetzentwürfe zur Neuregelung - aber beide lehnte das Parlament ab.

Arzt beruft sich auf die freie Urteils- und Entscheidungsfreiheit der Studentin

Die Studentin der Tiermedizin soll Anfang Juni 2021 Kontakt zu dem Arzt aufgenommen haben. Laut Anklage stellte er ihr knapp zwei Wochen später tödlich wirkende Tabletten zur Verfügung, die sie jedoch erbrach. Am 12. Juli 2021 soll der Arzt dann der 37-Jährigen in einem Hotelzimmer eine Infusion mit einem tödlich wirkenden Medikament gelegt haben. Diese habe die Frau laut Ermittlungen selbst in Gang gebracht. Kurz darauf sei sie gestorben.

Der Arzt hatte zu Prozessbeginn erklärt, er habe zu keinem Zeitpunkt an ihrer "Urteils- und Entscheidungsfreiheit" gezweifelt. "Ich sah die große seelische Not und die Entschlossenheit, notfalls einen Gewaltsuizid zu begehen." Sein Verteidiger sagte im Plädoyer, es fehle an einer gesetzlichen Regelung - "das ist ein großes Problem".

Interview

Arzt in einem früheren Prozess um Sterbehilfe freigesprochen

Der Angeklagte war früher 30 Jahre als Hausarzt in Berlin tätig. 2015 habe er seine Praxis abgegeben, so der Mediziner. Der Mann gehört einer Sterbehilfeorganisation an und hat nach eigenen Angaben für diese bislang etwa 100 Menschen beim Suizid begleitet.

In einem früheren Prozess um Sterbehilfe war der Arzt freigesprochen worden. Damals entschied das Berliner Landgericht im Fall einer an einer chronischen Darmerkrankung leidenden Frau. Der langjährige Hausarzt hatte der 44 Jahre alten Patientin bei ihrer Selbsttötung geholfen und ihr Tabletten verschrieben, die sie allein eingenommen hatte. Der Patientenwille sei zu achten, hieß es im März 2018 im Urteil, das der Bundesgerichtshof (BGH) später bestätigte.

Kreisen Ihre Gedanken darum, sich das Leben zu nehmen? Sollten Sie selbst von Selbsttötungsgedanken betroffen sein, suchen Sie sich bitte umgehend Hilfe. Bei der Telefonseelsorge finden Sie rund um die Uhr Ansprechpartner, auch anonym.

Telefonnummern der Telefonseelsorge: 0800 / 111 0 111 und 0800 / 111 0 222 www.telefonseelsorge.de

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