Grünheide
Das Brandenburger Innenministerium sieht im Protestcamp in der Nähe des Tesla-Werks eine erhöhte Gefahr für Waldbrände. Die Aktivisten halten die Argumente für vorgeschoben und wollen so lange im Wald bleiben, bis Tesla seine Pläne ändert.
Die Besetzer eines Waldstücks in der Nähe des Tesla-Werks in Grünheide (Oder-Spree) wollen ihre Protestaktion auf unbestimmte Zeit fortsetzen. "Wir werden hier so lange bleiben, bis die Erweiterung der Fabrik vom Tisch ist", sagte der Sprecher der Camp-Bewohner, Paul Eisfeld, dem rbb. Die Warnung von Brandenburgs Innenminister Stübgen (CDU) vor Waldbrandgefahr und munitionsbelasteten Böden sei vorgeschoben. Man werde darauf achten, kein offenes Feuer zu machen. Außerdem seien Feuerlöscher und Löschwasser vorhanden, so der Sprecher.
Stübgen hatte am Mittwoch angekündigt, dass er wegen möglicher Gefährdung prüfen lässt, ob das Camp bleiben kann. Derzeit halten sich dort rund 80 Demonstranten auf. Mit ihrer Aktion wollen sie die geplante Erweiterung des Tesla-Elektroautowerks in Grünheide verhindern.
Die Brandenburger Landesregierung hat keine einheitliche Position zum Umgang mit der Protestaktion. So gibt es in den Ministerien unterschiedliche Einschätzungen zu möglichen Gefahren im Protestcamp: Während Innenminister Stübgen von Kampfmitteln im Boden ausgeht und eine erhöhte Gefahr für Waldbrände sieht, widerspricht das grün geführte Umweltministerium dieser Auffassung.
"Wir halten die Gefährdung nicht nur für abstrakt - wie bei hunderttausenden Hektar von Wald in Brandenburg - sondern für konkret", sagte Stübgen am Mittwoch im Innenausschuss in Potsdam. Seinen Erkenntnissen nach sei das betroffene Waldgebiet, indem rund 70 Aktivisten fast 20 Baumhäuser errichtet hatten, zum Ende des Zweiten Weltkrieges bombadiert worden.
"Es geht ja zunächst erst einmal darum, dass man eine Gefährdung für die Campbewohner, aber auch für die Forstmitarbeiter, für die Polizei und Waldspaziergänger ausgeschlossen werden kann", sagte Stübgen dem rbb. Das wolle auch sein Ministerium in einer Beschwerdebegründung an das Oberverwaltungsgericht anfügen.
Die Vorinstanz - das Verwaltungsgericht Potsdam - hatte im März Auflagen der Polizei als Versammlungsbehörde beanstandet und für unwirksam erklärt - so zum Beispiel den Abbau der Baumhäuser. Die Richter sahen demnach keine konkreten Gefahren für die Aktivisten. Gegen dieses Urteil legte die Polizei Beschwerde beim Oberverwaltungsgericht ein und muss diese bis kommende Woche begründen. Und dafür habe das Innenministerium Fakten gesammelt.
Doch sowohl einer möglichen Belastung des Waldbodens mit Munition als auch eine erhöhte Waldbrandgefahr sei nach Einschätzung des Umweltministeriums nicht gegeben, erklärte Umweltminister Axel Vogel (Grüne): "Also eine Gefahr besteht aus Sicht der Forstbehörde (der Landesbetrieb ist Teil des Umweltministeriums, Anm. d. Red.) in dem Fall nicht, wenn keine Eingriffe in den Boden erfolgen, also wenn nicht in den Boden hineingegraben wird."
Dennoch freue er sich über die gute Zusammenarbeit mit dem Inneministerium, so Vogel weiter: "Der Innenminister hat angeboten, dass der Kampfmittelberäumungsdienst eine Absuche durchführt." Das sei bereits vor kurzem auf den Waldwegen geschehen, ergänzte der Umweltminister.
Zuvor hatte schon der Abteilungsleiter für Naturschutz und Forsten, Frank Reichel, im Innenausschuss erklärt, dass zwar Baumhäuser unmd Campingplätze nicht in den Wald gehörten und Kochmöglichkeiten oder Toiletten kritisch gesehen würden, jedoch keine Erkenntnisse über ein erhöhtes Potenzial für Kampfmittel oder eine besondere Waldbrandgefahr zu erkennen seien. Jedoch wolle die Forstbehörde dies erneut prüfen, sollten neue Erkenntnisse vorliegen.
Laut Minister Vogel müsse bis dahin aber die Versammlungsbehörde - sprich die Polizei - das Versammlungsrecht gewährleisten.
Wie die Regierung sind auch die Oppositionsparteien gespalten. Während die AfD eine Räumung des Camps fordert und damit den Aussagen des Innenministeriums folgt, spricht sich die Linke im Landtag für einen Verbleib aus. Laut Marlen Block (Linke) habe der Innenminister Schwierigkeiten mit dem Versammlungsrecht: "Ich habe den Eindruck, dass dieses Camp dort nicht gewollt ist", sagte sie nach der Ausschusssitzung. Für sie handele es sich um einen legitimen Protest, solange er friedlich bleibe und keine erhöhte Waldbrandgefahr bestehe. Unter diesen Bedingungen "kann man die Menschen ihren Protest dort leben lassen", so Block.
Seit Ende Februar protestieren die Umweltaktivisten in der Nähe des Tesla-Werks gegen eine geplante Erweiterung genau auf dem Waldgebiet, die sie dafür besetzt haben. Sie befürchten negative Auswirkungen auf die Umwelt. Zuvor hatte der US-Elektroautobauer angekündigt, seine Pläne zu reduzieren und den Wald in größerem Umfang als bislang geplant erhalten zu wollen.
Sendung: Antenne Brandenburg, 10.04.2024, 15:40 Uhr
Mit Material von Torsten Sydow
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