Beratungsstellen
Die Opferberatungsstellen in den Ländern haben 2023 mehr als 20 Prozent mehr rechte, rassistische und antisemitische Angriffe gezählt. Die Anzahl rassistischer Angriffe stieg um 33 Prozent, Körperverletzungsdelikte um mehr als zwölf Prozent.
Die Zahl rechter, rassistischer und antisemitischer Angriffe ist laut den Opfer-Beratungsstellen im vergangenen Jahr um mehr als 20 Prozent auf 2.589 gestiegen. 315 der Angriffe richteten sich gegen zivilgesellschaftlich und politisch Engagierte, wie aus der am Dienstag in Berlin vorgestellten Statistik des "Verbands der Beratungsstellen für Betroffene rechter, rassistischer und antisemitischer Gewalt" (VBRG) hervorgeht.
Die Geschäftsführerin der Brandenburger Opferperspektive, Judith Porath, befürchtet mit Blick auf die Landtagswahlen in Brandenburg, Sachsen und Thüringen, dass sich diese Zahl in diesem Jahr noch erhöhen könnte. Der Angriff auf den sächsischen SPD-Europapolitiker Matthias Ecke sei nur die "Spitze des Eisberges", sagte sie.
Laut VBRG waren im vergangenen Jahr 3.384 Menschen von den Angriffen betroffen. Davon waren 585 Kinder und Jugendliche. Porath warnte, dass solche Gewalterfahrungen sehr schwere Auswirkungen auf die Entwicklung von Kindern und Jugendlichen haben können. Sie nannte das Beispiel einer 14-Jährigen in Mecklenburg-Vorpommern, die von einem Mitschüler als Jüdin verächtlich gemacht und massiv geschlagen und getreten wurde.
Die häufigsten Straftatbestände im Jahr 2023 waren Körperverletzungen, Nötigungen und Bedrohungen. Die Körperverletzungsdelikte stiegen um mehr als zwölf Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Rassismus bleibt laut Statistik der Beratungsstellen das häufigste Tatmotiv. Die Anzahl rassistischer Angriffe ist um 33 Prozent gestiegen.
Auch antisemitisch motivierte Angriffe haben zugenommen. 2023 wurden 318 solcher Angriffe registriert, 2022 waren es noch 201. Rechtsextreme Übergriffe machten auch vor Gedenkstätten nicht halt, sagte der Direktor der Gedenkstätten Buchenwald und Mittelbau-Dora, Jens Christian Wagner. Er nannte Bedrohungen in Form von Hassmails, Beschimpfungen am Telefon, Hakenkreuzschmierereien, abgesägten Gedenkbäumen oder zerstochenen Autoreifen. Nach dem islamistischen Terrorüberfall der Hamas auf die Zivilbevölkerung in Israel am 7. Oktober 2023 registrierten die Opferberatungsstellen insbesondere in westdeutschen Großstädten eine massive Zunahme antisemitisch motivierter Angriffe.
Zudem verzeichneten die Opferberatungsstellen einen Anstieg von queer- und transfeindlich motivierten Angriffen von 174 im Jahr 2022 auf 245 in 2023. Auf rechtsextreme und queerfeindliche Mobilisierungen, etwa gegen Christopher Street Day Paraden unter anderem in Sachsen-Anhalt und Sachsen, seien gewalttätige Angriffe gegen Teilnehmende und auch ein versuchter Brandanschlag auf eine Kirche in Spremberg (Spree-Neiße) im Juni 2023 gefolgt, nachdem dort kurz zuvor eine Regenbogenfahne gehisst worden war.
Die Jahreszahlen sind aber nur grob vergleichbar, da 2022 noch Fälle aus zehn Bundesländern erfasst wurden, während es 2023 elf waren: Mecklenburg-Vorpommern, Berlin, Brandenburg, Sachsen, Sachsen-Anhalt, Thüringen, Bayern, Baden-Württemberg, Hamburg, Nordrhein-Westfalen und Schleswig-Holstein.
Sendung: rbb24 Inforadio, 21.05.2024, 12:20 Uhr
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