Grünen-Veranstaltung im Barnim
Nach einer Grünen-Veranstaltung im Barnim sollen zwei Männer das Auto der Bundestagsvizepräsidentin Göring-Eckardt blockiert haben. Die Brandenburger Polizei räumt Fehler ein - die Gewerkschaft der Polizei schätzt die Lage dagegen anders ein.
Im Zusammenhang mit dem Vorfall bei einem Wahlkampfauftritt von Bundestagsvizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt (Bündnis 90/Die Grünen) hat die Brandenburger Polizei Versäumnisse eingeräumt.
Die Sprecherin der Polizei Brandenburg, Beate Kardels, sagte rbb24 Brandenburg aktuell am Donnerstag, es gebe erste Anhaltspunkte dafür, dass bei der Abreise von Göring-Eckardt zu wenig Beamte vor Ort waren. Das Ganze werde nun in der Polizeidirektion Ost nachbereitet.
Der Polizei liege viel daran, dass sich die Amts- und Mandatsträger sicher fühlen, so Kardels. Man wolle die Erkenntnisse aus der Einsatznachbereitung bei kommenden Einsätzen im Rahmen des Wahlkampf berücksichtigen.
Die Gewerkschaft der Polizei (GdP) verteidigte hingegen das Vorgehen der Polizei gegen Kritik. "Die Tatsache, dass bei einer politischen Veranstaltung eine Gegendemo angemeldet ist, reicht nicht aus, um generell und vorsichtshalber eine Hundertschaft heranzuziehen", sagte der GdP-Vorsitzende Jochen Kopelke dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND, Freitag).
"Die zunehmend aufgeheizte Stimmung bei politischen Veranstaltungen bleibt der Polizei nicht verborgen", fügte Kopelke hinzu. Festzuhalten sei aber, dass auch diese Veranstaltung "letztlich durchgeführt werden konnte" und "eine polizeiliche Nachbereitung stattfindet". Es sei nun wichtig, herauszufinden, ob die Blockade von Göring-Eckardts Fahrzeuges von langer Hand vorbereitet worden sei. Er verwies zudem darauf, dass die Polizei insbesondere auf dem Land Zeit brauche, um Kräfte nachzuziehen.
Göring-Eckardt hatte nach der Aktion einen besseren Schutz für politische Veranstaltungen gefordert. "Die Landespolizeien müssen sich dringend Gedanken darüber machen, wie sie politische Veranstaltungen auf dem Land absichern, und sich auf einheitliche Kriterien verständigen, welche Standards sie dabei eigentlich anwenden", sagte Göring-Eckardt ebenfalls dem RND. "Dieser Vorfall war ja keine Ausnahme."
Zuvor hatte Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) die gewaltsame Blockade des Dienstwagens von Bundestagsvizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt (Grüne) nach einer Diskussionsveranstaltung im Barnim scharf kritisiert. "Solche Einschüchterungsversuche haben nichts mehr mit demokratischem Protest zu tun", schrieb Faeser am Donnerstag im Online-Netzwerk X. "Wir sollten nie vergessen, wo politische Aggression hinführen kann. Der zunehmenden Verrohung müssen sich alle Demokraten entgegenstellen", forderte Faeser.
Zwei 19- und 26-jährige Männer sollen Polizeiangaben zufolge am Samstagabend die Abfahrt der Grünen-Politikerin nach der Veranstaltung im ostbrandenburgischen Lunow-Stolzenhagen verhindert haben, indem sie sich vor und hinter das Auto gesetzt haben. Der 26-Jährige habe angegeben, von dem Auto touchiert worden zu sein. Verletzungen waren laut Polizei aber nicht ersichtlich, eine Behandlung durch Rettungskräfte habe er abgelehnt.
Die Staatsanwaltschaft Frankfurt (Oder) erklärte auf rbb-Anfrage, dass gegen die beiden Männer wegen des Vorwurfs der Nötigung ein Ermittlungsverfahren geführt werde. Dabei gehe es auch um die Aussage des 26-Jährigen, er sei von dem Fahrzeug touchiert worden.
Insgesamt seien bei der Veranstaltung rund 100 Menschen im Saal gewesen, teilte das Büro Göring-Eckardts im Bundestag der Nachrichtenagentur AFP in Berlin mit. Vor dem Saal hätten sich zu Beginn "schätzungsweise etwa 40 bis 50 Demonstranten" versammelt. Nach der Veranstaltung sei Göring-Eckardt auf dem Weg zu ihrem Dienstwagen "bedrängt" worden, mehrere Menschen hätten "dabei in aggressiver Stimmung auf das Fahrzeug" geschlagen, in dem Göring-Eckardt und ihr Fahrer saßen.
Erst als die Polizei Verstärkung gerufen habe, habe das Auto "nach etwa 45 Minuten" anfahren können. "Wir waren überrascht, wie sorglos die Polizei offenbar Hinweise in Nachrichtengruppen zum Aufruf von Gegenprotest, von denen uns berichtet wurde, bewertet hatte." Kurz vor Veranstaltungsbeginn sei ein Polizeieinsatzleiter nur "mit einer Handvoll Kolleginnen und Kollegen vor Ort" gewesen, zum Ende seien noch zwei Einsatzkräfte anwesend gewesen.
Auch die Union forderte ein entschiedeneres Handeln der Behörden und solidarisierte sich mit Göring-Eckardt. "Um das Fundament unserer Demokratie zu schützen, muss sich der Rechtsstaat auch an dieser Stelle wehrhaft zeigen", forderte Parlamentsgeschäftsführer Thorsten Frei (CDU). Das Demonstrationsrecht in Deutschland sei ein hohes Gut, "aber die Bundestagsvizepräsidentin zu bedrohen und einzuschüchtern, ist absolut inakzeptabel."
In Brandenburg finden am 9. Juni zeitgleich mit der Europawahl auch Kommunalwahlen statt. Im September wird in dem Bundesland ein neuer Landtag gewählt.
Sendung: rbb24 Inforadio, 02.05.2024, 6:00 Uhr
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