Brala-Eröffnung
Auf der Brandenburgischen Landwirtschaftsausstellung im havelländischen Paaren/Glien präsentiert sich die Branche ab Donnerstag in ihrer Breite. Welche Themen treiben die Bauern aktuell um? Ein Überblick. Von Amelie Ernst
Nach den wochenlangen Bauernprotesten in mehreren europäischen Ländern plant die EU-Kommission nun Zugeständnisse an die Landwirtschaft – auch abgeschwächte Umweltvorgaben. Bisher sind Bauern beispielsweise dazu verpflichtet, einen Teil ihrer Ackerfläche brachzulegen oder unproduktiv zu nutzen. Künftig soll dies nur noch freiwillig passieren.
Die Betriebe sollen zudem mehr Wiesen als bisher in Ackerland umwandeln dürfen und dennoch von den EU-Agrarsubventionen profitieren können. Kleine Betriebe mit weniger als zehn Hektar müssten demnach nicht mehr mit Strafen rechnen, wenn sie sich nicht an die Regeln aus Brüssel halten. Sie sollen auch von Kontrollbesuchen ausgenommen werden.
Die Forderungen der Bauern an die deutsche Politik wurden bisher nur in Teilen erfüllt. Zu lange Genehmigungsverfahren und zu viel Ungewissheit bei anstehenden Investitionen vor allem in der Milchproduktion kritisiert auch Robert Schulz, Geschäftsführer der Agrargenossenschaft Göritz: "Wir wissen nicht genau, wo soll es hingehen, wie geht es mit der Düngeverordnung weiter, wie geht es mit dem Moor weiter. Das sind alles Dinge, die uns als Landwirten das Leben im Moment schwer machen."
Die Ampel-Koalition hatte nach den Protesten der Landwirte Teile der geplanten Kürzungen zurückgenommen. Die Agrardiesel-Streichung soll aber schrittweise bis zum Jahr 2026 kommen. Bislang können sich Landwirte die Energiesteuer für Diesel teilweise zurückerstatten lassen - mit einer Vergütung von 21,48 Cent pro Liter. Außerdem hat die Bundesregierung Erleichterungen bei bürokratischen Auflagen und Steuerregelungen in Aussicht gestellt, die bis zum Sommer umgesetzt werden sollen.
Nicht nur die Bürokratie im Bund und bei der EU belastet die Landwirte. In Brandenburg sucht die Landesregierung seit Januar gemeinsam mit dem Bauernverband nach Möglichkeiten für einen Bürokratieabbau und Arbeitserleichterungen. Der Verband schlägt Vereinfachungen bei der Erfassung von Daten etwa in den Bereichen Naturschutz, Pflanzenschutz und Tierhaltung vor.
Ein Dauerthema sind die steigenden Bodenpreise, auch in Brandenburg. Vielerorts können lokale landwirtschaftliche Betriebe im Bieterwettstreit gegen große Agrarkonzerne nicht mehr mithalten – hilft da ein Vorkaufsrecht? Der Brandenburger Landwirtschaftsminister Axel Vogel (Grüne) wollte mit dem Agrarstrukturgesetz den Verkaufspreis für landwirtschaftliche Flächen begrenzen, um regionalen Bietern mehr Chancen einzuräumen.
Das scheiterte am Widerstand des größeren Koalitionspartners SPD. Der war dagegen, dass so in den freien Wettbewerb eingegriffen wird und Verkäufer benachteiligt werden, weil sie möglicherweise nicht mehr an den Meistbietenden verkaufen können. So wird das Agrarstrukturgesetz zumindest bis zur Landtagswahl im September nicht mehr umgesetzt.
Erst war es warm und dann kam Frost - während den Spargelbauern das wechselhafte Wetter im Frühjahr eher entgegenkam, fürchten viele Obstbauern in Brandenburg nun deutliche Einbußen. Laut Thomas Bröcker vom Gartenbauverband Berlin-Brandenburg haben die Frostnächte im April Blüten- und Fruchtansätze der Bäume erfrieren lassen. Je nach Lage der Betriebe und ihrer Flächen könnten 50 und 90 Prozent der Bäume beschädigt worden sein. Auf einzelnen Obstplantagen müsse man von Totalausfällen ausgehen.
Der Saisonstart auf den Äckern wiederum verlief aus Sicht des Bauernverbandes bislang recht gut. Der ein oder andere Landwirt habe wegen der Nässe zwar noch Probleme mit der Befahrbarkeit der Böden, so Bauernpräsident Henrik Wendorff. Aber insgesamt verlaufe die Frühjahrsbestellung gut.
Entscheidend für die Ernte und überhaupt für die Zukunft der Landwirtschaft bleibt die klimatische Entwicklung. Stichworte: Dürresommer, Hitzewellen, Hochwasser, Klimawandel. "Regenlose Zeiten, die an die vier Wochen gehen, sind an Sandstandorten extreme Belastungen", so Bauernverbandspräsident Wendorff. Wichtig sei die weitere Entwicklung der Witterung im Frühjahr. Im Mai und Juni gebe es oft auch ein "Niederschlagsloch“.
In Brandenburg blieb die Getreideernte im vergangenen Jahr unterdurchschnittlich. Nach einem vorläufigen Ergebnis waren es laut Landesamt für Statistik rund 2,4 Millionen Tonnen - im Vergleich zu 2022 ein Rückgang um mehr als fünf Prozent. Getreide wird in Brandenburg auf einer Fläche von rund 460.000 Hektar angebaut.
Zwar ist der Ökolandbau in Brandenburg 2023 gewachsen, doch die derzeitige Kaufzurückhaltung könnte die Entwicklung hemmen. Der Verbraucher greife statt zu hochpreisigen Bioprodukten vermehrt zu günstigeren Marken etwa bei den großen Handelsketten, so Elke Röder, Sprecherin des Berliner Bio-Großhändlers Terra Naturkost. Das Unternehmen nimmt Bioprodukte von brandenburgischen Höfen ab. Auch zu geringe regionale Verarbeitungskapazitäten in Brandenburg und fehlende Fachkräfte machen die Fachleute im Biomarkt-Bericht als Hindernisse für weiteres Wachstum aus.
Beim Gemüseanbau seien hohe Investitionen nötig und es fehle an Personal für die Feldarbeit. Chancen für einen besseren Absatz von brandenburgischen Bio-Produkten sieht Agrarminister Vogel bei der Verpflegung in Kita-Küchen, Mensen und Kantinen. Der Anteil der ökologisch bewirtschafteten Fläche stieg im Jahr 2023 in Brandenburg auf 17,3 Prozent (2022: 16,6 Prozent) - das sind 228.000 Hektar. Es gab mit 1.632 Bio-Betrieben etwa 40 mehr als noch ein Jahr zuvor.
Die (günstigere) Konkurrenz aus der Ukraine machte zuletzt vor allem den Getreidebauern zu schaffen: Hintergrund ist, dass die EU kurz nach Beginn des russischen Angriffskriegs auf sein Nachbarland ukrainische Waren von Zöllen befreit hat. Damit sollte die Wirtschaft des Landes gestärkt werden. Im Sommer laufen die derzeit geltenden Zollerleichterungen für die Ukraine aus. Wenn bis dahin keine neue Regelung abgesegnet wird, läuft die Maßnahme ersatzlos aus.
Inzwischen gibt es eine EU-Einigung auf strengere Zollvorgaben für bestimmte Lebensmittel aus der Ukraine. Auf größere Mengen Geflügel, Eier, Zucker, Hafer, Mais, Grobgrieß und Honig sollen künftig Zölle fällig werden. Die Ukraine ist ein weltweit wichtiger Produzent von Weizen: Vor allem Menschen in ärmeren Ländern sind auf günstiges Getreide aus dem osteuropäischen Staat angewiesen.
Sendung: rbb24 Brandenburg aktuell, 02.05.2024, 19:30 Uhr
Beitrag von Amelie Ernst
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