Wegen VIP-Tickets
Potsdams Oberbürgermeister Schubert hat kostenlose Tickets für Veranstaltungen angenommen. Er weist Vorwürfe zurück und hat selbst die Prüfung eines Disziplinarverfahrens erbeten. Nun hat das Innenministerium reagiert.
Das Brandenburger Innenministerium hat angesichts von Vorwürfen wegen kostenloser Tickets und Einladungen ein Disziplinarverfahren gegen Potsdams Oberbürgermeister Mike Schubert (SPD) eingeleitet. Die Vorermittlungen hätten zureichende tatsächliche Anhaltspunkte ergeben, wie es in einem Schreiben des Ministeriums heißt, über das nach Informationen der Deutschen Presse-Agentur am Mittwoch im Hauptausschuss der Stadt im nicht öffentlichen Teil informiert wurde.
Das Ministerium verweist auf einen Passus im Disziplinarrecht des Landes, nach dem der Dienstherr bei Anhaltspunkten für den Verdacht eines Dienstvergehens ein Disziplinarverfahren einleiten muss. Das Verfahren wird angesichts laufender Ermittlungen der Staatsanwaltschaft Neuruppin aber ausgesetzt.
Das Innenministerium äußerte sich nicht zu Details. "Ich kann bestätigen, dass ein Disziplinarverfahren eingeleitet wurde, das aufgrund der staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen ausgesetzt ist", sagte Ministeriumssprecher Andreas Carl am Donnerstag. Zu weitergehenden Fragen äußere sich das Ministerium jedoch nicht. Auch "Märkische Allgemeine" und "Tagesspiegel" berichteten über das Verfahren am Donnerstag.
Damit nimmt der Druck auf das Stadtoberhaupt zu. Die Staatsanwaltschaft Neuruppin hatte wegen des Vorwurfs der Vorteilsannahme im Zusammenhang mit kostenlosen VIP-Tickets und Einladungen zu Sportveranstaltungen ein Ermittlungsverfahren eingeleitet. Sie prüft, ob Schubert Einladungen für sich und teils auch für seine Ehefrau nicht hätte annehmen dürfen. Um welchen Umfang es geht, war zunächst offen. Im Februar hatte Schubert beim Innenministerium selbst die Prüfung des Disziplinarverfahrens gegen sich beantragt.
Der OB räumt ein, kostenlose VIP-Tickets erhalten zu haben, weist die Vorwürfe aber zurück. Nach seiner Darstellung kam er beim Besuch der Sportveranstaltungen seinen Repräsentationspflichten nach und wollte deutlich machen, wie wichtig die Vereine für das Selbstbild der Sportstadt Potsdam sind. "Ich bin nicht korrupt", erklärte er im April.
Schubert verweist auf Materialien zu einer Dienstanweisung zur Korruptionsbekämpfung von 2016. Danach gilt für Repräsentationsveranstaltungen der Grundsatz, dass die Stadt durch den Oberbürgermeister und die Beigeordneten nach außen vertreten wird. Die Teilnahme einer eingeladenen privaten Begleitung ist demnach nicht wünschenswert und sollte vorsichtig bewertet werden, kann in engen Grenzen aber zulässig sein. In einer Dienstanweisung von Schubert selbst von 2019 heißt es dann: "Die Annahme von Einladungen für Familienangehörige ist grundsätzlich nicht gestattet. Über Ausnahmen im Einzelfall entscheidet die/der Vorgesetzte."
Innerhalb der Stadtverordnetenversammlung wird geprüft, einen Abwahlantrag gegen den OB auf den Weg zu bringen. Bisher war unklar, ob dafür genügend Unterschriften zusammenkommen - allerdings war die rot-grün-rote Rathaus-Koalition geplatzt.
Schubert ist seit 2018 im Amt. Im Januar ging eine anonyme Strafanzeige bei der Potsdamer Staatsanwaltschaft ein. Der Vorwurf drehte sich um die Freigabe eines Sportplatzes 2023 für ein Training der Football-Mannschaft Potsdam Royals - trotz schlechten Wetters und trotz Bedenken des städtischen Immobilien-Services. Die Staatsanwaltschaft sah aber keinen Anfangsverdacht.
Sendung: Radioeins, 09.05.2024, 16:30 Uhr
Artikel im mobilen Angebot lesen