Streichliste des Senats
Lange hat der Berliner Senat mit sich gerungen, wie das aktuelle Haushaltsloch gestopft werden soll. Nun steht die Kürzungsliste - mehr als 600 Projekte und Vorhaben sind betroffen.
Zu den geplanten Kürzungen im Berliner Landeshaushalt sind neue Einzelheiten bekannt geworden. Dem rbb liegt eine Liste mit mehr als 600 Vorhaben vor, bei denen in diesem Jahr insgesamt knapp 570 Millionen Euro eingespart werden sollen.
Der Liste zufolge soll in vielen Bereichen sehr kleinteilig gekürzt werden. Betroffen sind Projekte aus ganz verschiedenen Bereichen - von Jugendarbeit über Kultur bis hin zu sicherheitsrelevanten Bereichen.
Besonders ins Auge fällt der Sparbeitrag der Hochschulen. Sie müssen auf 55 Millionen Zuschuss verzichten. Das sind rund fünf Prozent der 1,2 Milliarden Euro, die ihnen für dieses Jahr eigentlich zugesagt worden waren.
Im Bildungsbereich geht Senatorin Katharina Günther-Wünsch (CDU) an besondere Unterstützungsmaßnahmen für Schulen ran. Hier wird der Ansatz um zwei Millionen Euro reduziert.
In gleicher Höhe werden Sachausgaben und Träger-Zuschüsse für Sonderprogramme reduziert. Für freie Jugendarbeit stehen in diesem Jahr 2,3 Millionen Euro weniger zur Verfügung.
Betroffen sind auch Projekte zur Verwaltungsmodernisierung und Digitalisierung in diversen Verwaltungen.
Auch beim Personal werden Haushaltsansätze reduziert. Hier geht es um Mittel für Stellen, die absehbar in diesem Jahr nicht besetzt werden können. Allein die Bildungs- und die Innenverwaltung steuern auf diese Weise hohe zweistellige Millionenbeträge zum Sparpaket bei.
Laut Liste wird es auch Kürzungen in sensiblen Bereichen gehen. Das Krankenhaus des Maßregelvollzugs, das schon jetzt komplett überbelegt ist, bekommt in diesem Jahr 3,29 Millionen Euro weniger für ein Sanierungsvorhaben.
Innensenatorin Iris Spranger (SPD) kürzt insbesondere die Ansätze für die Beschaffung von Fahrzeugen und technischen Geräten für Polizei und Feuerwehr. Der Neubau einer Wache der Freiwilligen Feuerwehr in Wilhelmshagen ist mindestens aufgeschoben. Das spart in diesem Jahr fast sieben Millionen Euro.
Im Kulturbereich muss der Friedrichstadt-Palast einen besonderen Sparbeitrag leisten. Das Haus in Mitte hat in diesem Jahr 3,7 Millionen Euro weniger zur Verfügung. Das ist fast ein Viertel weniger als ursprünglich im Landeshaushalt veranschlagt. Bei den Zuschüssen für Arbeitsräume von Künstlern fallen rund zwei Millionen Euro weg. Im Bereich der Kinder- und Jugendtheater werden 1,5 Millionen Euro ersatzlos gestrichen.
Beim Haushaltstitel für das 29-Euro-Ticket werden 20 Millionen Euro abgeknapst. Das hat aber praktisch keine Auswirkungen. Im Haushalt war ein Vielfaches der Summe eingeplant, die tatsächlich gebraucht wird. Das Ticket kommt wie geplant zum 1. Juli. Fraglich ist aber, ob es das Angebot auch in den kommenden Jahren geben wird.
Im mehr als 3,2 Milliarden Euro schweren Etat der Verkehrs- und Umweltverwaltung werden unter anderem Maßnahmen zum Lärmschutz an Straßen um 6,5 Millionen Euro reduziert. Zuschüsse für die Vorbereitung und Umsetzung von Radwegen werden um fast 500.000 Euro abgeschmolzen.
Auch Erneuerungen von Fahrbahnen auf der Karl-Liebknecht-Straße und der Märkischen Allee sowie der Neubau einer Fußgängerbrücke im Schlosspark Niederschönhausen fallen dem Rotstift zum Opfer.
Die Wirtschaftsverwaltung kürzt am stärksten bei der Gigabit-Strategie. Als Fördersumme gibt es 4,4 Millionen Euro weniger. Dabei geht es unter anderem um den Ausbau eines flächendeckenden und leistungsstarken Glasfasernetzes in Berlin.
Schon länger war bekannt, wo im Etat der Sozial- und Integrationsverwaltung gespart wird. So sollen 3 Millionen Euro weniger für das Arbeitsmarktprojekt "Solidarisches Grundeinkommen" ausgegeben werden. Für Entschädigungen von Opfern von Gewalttaten sind nun knapp 11,5 Millionen Euro weniger da.
Sozialsenatorin Cansel Kiziltepe (SPD) hatte schon deutlich gemacht, dass sie diese Kürzung für vertretbar halte, weil die Mittel absehbar nicht in Anspruch genommen würden.
Der im Vorjahr beschlossene Doppelhaushalt hat für 2024 ein Volumen von 39,3 Milliarden Euro, für 2025 sind es 40,5 Milliarden Euro. So hohe Ausgaben gab es noch nie. Erklärtes Ziel der Koalition ist es, das während der Corona-Pandemie stark gestiegene Haushaltsvolumen mittelfristig deutlich zu reduzieren. Deshalb sollen im Etat für das laufende Jahr 1,75 Milliarden Euro gestrichen werden.
Für 2025 beträgt die sogenannte pauschale Minderausgabe - also die Summe geplanter Einsparungen im Etat - sogar zwei Milliarden Euro. Womöglich muss noch mehr eingespart werden, wenn Steuereinnahmen sinken. Wie das genau geschafft werden soll, ist noch offen.
Am Donnerstag berät das Abgeordnetenhaus über die schwierige Haushaltslage Berlins. Die Opposition kritisiert die Streichliste scharf und dürfte im Parlament davor warnen, Berlin kaputtzusparen.
Sendung: rbb24 Inforadio, 05.06.24, 10:20 Uhr
Die Kommentarfunktion wurde am 06.06.2024 um 10:30 Uhr geschlossen. Die Kommentare dienen zum Austausch der Nutzerinnen und Nutzer und der Redaktion über die berichteten Themen. Wir schließen die Kommentarfunktion unter anderem, wenn die Zahl der Kommentare so groß ist, dass sie nicht mehr zeitnah moderiert werden können. Weiter schließen wir die Kommentarfunktion, wenn die Kommentare sich nicht mehr auf das Thema beziehen oder eine Vielzahl der Kommentare die Regeln unserer Kommentarrichtlinien verletzt.
Artikel im mobilen Angebot lesen