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Video: rbb24 Brandenburg aktuell | 04.06.2024 | Andreas König | Quelle: dpa/Patrick Pleul

Braunkohle-Ausstieg

EU-Kommission genehmigt Milliardenhilfe für Leag

Der Bund darf die Leag für den Ausstieg aus der Braunkohleverstromung entschädigen. Nach monatelanger Blockade gibt die EU-Kommission grünes Licht. Es geht um 1,2 Milliarden Euro - plus eine halbe Milliarde Euro, die an Voraussetzungen gebunden sind.

Zur Abfederung des Kohleausstiegs in Ostdeutschland hat die EU-Kommission grundsätzlich grünes Licht für eine staatliche Entschädigung für das Bergbauunternehmen Leag gegeben.

Dabei geht es um einen Betrag bis zu einer Höhe von 1,75 Milliarden Euro, wie das Bundeswirtschaftsministerium am Dienstag in Berlin weiter mitteilte. Hintergrund ist der vereinbarte schrittweise Kohleausstieg bis 2038.

Wirtschafts- und Klimaschutzminister Robert Habeck (Grüne) sprach von einem wichtigen Schritt vor allem für die Menschen der Region. "Damit sind Entschädigungsgelder für die soziale Absicherung der Beschäftigten im Übergang und für die Tagebaufolgenkosten gesichert."

Geplanter Kohleausstieg

Noch keine Entscheidung zu Leag-Entschädigung

Strenge Regel für staatliche Unterstützung

Deutschland hatte die geplante Entschädigung bereits 2021 bei der Kommission angemeldet. Die Leag erhält die Milliardensumme als Ausgleich für den vorzeitigen Kohle-Ausstieg bis 2038 und dadurch entgangene Gewinne. Die Kohleverstromung in Deutschland sollte eigentlich erst nach 2038 auslaufen.

Damit staatliche Gelder fließen können, müssen die Wettbewerbshüter in Brüssel grünes Licht geben. Wenn ein Land in der EU Firmen mit Staatsgeld unterstützen will, muss es sich an strenge Regeln halten. Nun gab es eine Grundsatzentscheidung der EU-Kommission. Diese habe in einer "vorläufigen" beihilferechtlichen Bewertung die Entschädigungsregelung für den Braunkohleausstieg der Leag im Grundsatz bestätigt, hieß es.

"Nicht nachvollziehbar": Grüne Liga hält Milliardenhilfe für unbegründet

Die Umweltschutzorganisation Grüne Liga nennt die EU-Entscheidung "nicht nachvollziehbar". Der Staat dürfe dem Konzern nur Nachteile ausgleichen, die tatsächlich durch den gesetzlichen Kohleausstieg entstünden, hieß es in einer Mitteilung vom Dienstag. Tagebaufolgen zu finanzieren, die von der Leag selbst verursacht worden seien, und zusätzlich entgangene Gewinne zu entschädigen, führe den Rechtsstaat ad absurdum.

Im gesamten beihilferechtlichen Verfahren zum Kohleausstiegsgesetz habe die Zahlung von 1,75 Milliarden Euro an die Leag nicht nachvollziehbar begründet werden können, so die Grüne Liga weiter. Demnach hatte die Leag beispielsweise Entschädigungsansprüche geltend gemacht für den Tagebau Welzow-Süd II, den sie jedoch zuvor bergrechtlich nicht beantragt habe. Auch die Abschaltung des Kraftwerks Jänschwalde lässt die Grüne Liga nicht als Begründung für die Zahlung gelten. Der vorherige Betreiber Vattenfall habe das Kraftwerk ohnehin Mitte der 2020er Jahre abschalten wollen.

Wirtschaftsminister Steinbach und Leag verweisen auf künftige Investitionen

Der Brandenburger Wirtschaftsminister Jörg Steinbach (SPD) und das Unternehmen hingegen verwiesen auf den Transformationsprozess, den die Leag in den nächsten Jahren durchlaufen wird.

Steinbach räumte ein, dass die Leag als Verursacher von Bergbaufolgeschäden normalerweise die Kosten decken müsste. Das sei eine Belastung für die Investitionen und "für den Wandel der LEAG in ein Unternehmen, das sich dann überwiegend auf erneuerbare und dann irgendwann ausschließlich auf erneuerbare Energien abstützt", so Steinbach. Nun gebe es Planungssicherheit, weil die Bergbaufolgekosten von Brüssel "in dem von uns gewünschten Maße" anerkannt worden seien.

Auch das Energieunternehmen selbst verwies auf künftige Investitionen: "Die Leag ist auf dem Weg aus der Braunkohle raus im Jahre 2038, baut jetzt ein riesiges Portfolio Photovoltaik und Windverstromung auf, inklusive Großbatterien", sagte Leag-Vorstandsvorsitzender Thorsten Kramer. "Dafür wird dann natürlich ein Teil des Cashflows unseres Unternehmens verwendet und für die neuen Gaskraftwerke auch, wenn sie da in Zukunft gebaut werden."

Brandenburg und Sachsen kritisierten Verzögerungen

Die Entscheidung über die Zahlung hatte sich monatelang verzögert. Die EU-Kommission hatte wettbewerbsrechtliche Bedenken geäußert und seitdem geprüft, ob es sich möglicherweise um versteckte Subventionen handelt.

Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer (CDU) und Brandenburgs Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD) hatten nach einer gemeinsamen Kabinettssitzung wegen der Verzögerungen Kritik geäußert. Woidke hatte "von der EU-Kommission möglichst noch vor den Europawahlen am 9. Juni eine klar positive Entscheidung zur Stützung des Strukturwandels bei der Leag" gefordert.

Der Kritik vorausgegangen war eine Entscheidung des Bundes, RWE für den vorzeitigen Kohleausstieg 2,6 Milliarden Euro zu zahlen. Die Kraftwerke in Nordrhein-Westfalen werden allerdings bereits 2030 alle stillgelegt sein.

Braunkohle-Ausstieg

Brandenburg fordert zügige Entscheidung über Leag-Entschädigung

Der Bund darf RWE für den Kohleausstieg milliardenschwer entschädigen - das hat die EU-Kommission bestätigt. In der Brandenburger Politik löst das Besorgnis aus. Denn eine entsprechende Entscheidung für den Lausitz-Konzern Leag steht noch aus.

Habeck: Vorgezogener Ausstieg nur im Konsens

Mit der milliardenschweren Entschädigungszahlung soll nun der Strukturwandel in der Kohleregion unterstützt werden. Bis 2038 soll dieser vollzogen sein. Immer wieder wird auch ein früherer Ausstieg diskutiert.

Die Koalition auf Bundesebene aus SPD, Grüne und FDP hatte in ihrem Koalitionsvertrag vereinbart, den Kohleausstieg "idealerweise" von 2038 auf 2030 vorzuziehen. Habeck hatte Anfang 2023 gesagt, ein auf 2030 vorgezogener Ausstieg auch im Osten müsse im Konsens vereinbart werden.

EU reformiert Emissionshandel - Kohleverstromung wird unrentabler

In einem Papier des Ministeriums von Montag wurde mit Blick auf die ostdeutschen Kohlereviere betont, der gesetzlich vereinbarte Ausstieg aus der Kohleverstromung bis 2038 habe Bestand. "Die Bundesregierung wird keine politischen Bemühungen unternehmen, um diese gesetzliche Frist zu verändern."

Zugleich hieß es: Ein möglicher marktgetriebener Ausstieg vor 2038, ebenso wie Maßnahmen der Länder und Reviere, blieben davon unberührt. Hintergrund ist eine Reform des europäischen Emissionshandels, der die klimaschädliche Kohleverstromung zunehmend unrentabler machen soll. Im Ministerium wird außerdem auf den fortschreitenden Ausbau der erneuerbaren Energien verwiesen sowie auf den geplanten Bau neuer Gaskraftwerke, die auf Wasserstoff umgestellt werden sollen - und die gesetzliche Möglichkeit, den Kohleausstieg auf 2035 vorzuziehen. Im Papier heißt es: "Für den Fall, dass die Kohleverstromung sich schon deutlich vor 2038 nicht mehr rechnet und der Ausstieg auch in den ostdeutschen Kohleregionen früher kommt, ist es wichtig, jetzt den Übergang so gut es geht vorzubereiten."

Sendung: rbb24 Inforadio, 03.06.2024, 21:30 Uhr

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