AfD hatte geklagt
Das milliardenschwere sogenannte Brandenburg-Paket ist gerichtlich für verfassungswidrig erklärt worden. Dagegen geklagt hatte die AfD. Welche finanziellen und politischen Auswirkungen hat das Urteil? Von Christoph Hölscher
Das milliardenschwere Brandenburg-Hilfspaket aus dem Doppelhaushalt 2023/2024 ist in Teilen verfassungswidrig. "Die Regelungen des Brandenburg-Pakets wurden für nichtig erklärt", erklärte das Landesverfassungsgericht am Freitag.
Begründung des einstimmig gefassten Urteils: Zwar sei wegen des russischen Angriffskrieges auf die Ukraine und der daraus folgenden Energiekrise gerechtfertigt gewesen, dass der Landtag im November 2022 eine "außergewöhnliche Notsituation" festgestellt habe - das war erforderlich, um trotz der Schuldenbremse in der Landesverfassung zusätzliche Kredite aufnehmen zu können. Allerdings habe die Landesregierung nicht ausreichend erklärt, wie sie mit den schuldenfinanzierten Maßnahmen die festgestellte Notlage beseitigen oder abmildern wollte.
So seien weder die Einzelmaßnahmen genau beschrieben noch die Höhe der Kreditermächtigung ausreichend begründet worden, bemängelte das Verfassungsgericht.
Über das Brandenburg-Paket sollten für das vergangene und das laufende Jahr Mittel von bis zu rund zwei Milliarden Euro zur Verfügung gestellt werden. Die Gelder waren dafür vorgesehen, die Folgen des Ukraine-Kriegs abzumildern, z.B. die höheren Energiepreise, aber auch die Kosten für die Aufnahme ukrainischer Geflüchteter. Das geschah unter anderem durch Zahlungen an Familien, Kommunen, Krankenhäuser und Unternehmen.
Auch wenn das Hilfspaket nun per Gerichtsurteil als verfassungswidrig eingestuft wurde, muss niemand befürchten, erhaltene Gelder zurückzahlen zu müssen, erklärte das Verfassungsgericht. Eine "Rückabwicklungspflicht" ergebe sich aus dem Urteil nicht. Damit hat es zwar womöglich keine direkten finanziellen Folgen - aber erhebliche politische Auswirkungen.
Die AfD-Fraktion im Brandenburger Landtag, die die Klage gegen das Brandenburg-Hilfspaket eingereicht hatte, begrüßte das Urteil. Man selbst habe die jetzt vom Landesverfassungsgericht bestätigte Kritik mehrfach und frühzeitig im Landtag geäußert, betonte der Fraktionsvorsitzende Hans-Christoph Berndt bei einer kurzfristig angesetzten Pressekonferenz.
Diese "Vorhaltungen" seien jedoch von der Landesregierung und den Koalitionsfraktionen "arrogant übergangen“ worden. Daher sei er dankbar, dass die Regierung nun vom Landesverfassungsgericht "an ihre Grenzen gestoßen" worden sei, sagte Berndt. Er würde es für angemessen halten, wenn die Finanzministerin Katrin Lange (SPD) als Konsequenz auf dieses Urteil jetzt "ihr Amt zurückgibt".
Die Finanzministerin räumte nach der Urteilsverkündung ein, man habe bei der Konzipierung des Hilfspakets "einen rechtlichen Fehler begangen, den wir ausbügeln werden". An dem "politischen Ansatz, Bürgern, Kommunen und Unternehmen in einer massiven Krise zu helfen", halte sie aber fest, betonte Lange. Nun werde man die Urteilsbegründung prüfen – auch im Hinblick auf mögliche Auswirkungen auf den Ende 2023 verabschiedeten Nachtragshaushalt.
Damit hatte die rot-schwarz-grüne Koalition in Brandenburg bereits auf das Haushaltsurteil des Bundesverfassungsgerichts zum Bundeshaushalt reagiert - und unter anderem eine Hilfspauschale gestrichen und das Deutschland-Ticket aus dem Hilfspaket genommen. Bei der jetzt entschiedenen Klage ging es um den ursprünglich und noch nicht geänderten Haushalt.
Vertreter der Landkreise und Kommunen äußerten sich erleichtert, dass bereits bewilligte Mittel trotz des Urteils nicht zurückgezahlt werden müssen. "Damit können wir rechnen und auch entsprechend umgehen", sagte Siegurd Heinze, Vorsitzender des Landkreistages. Er betonte, dass der Landkreistag das Brandenburg-Hilfspaket damals mitgetragen habe. Man sei dadurch in die Lage versetzt worden, "den Herausforderungen vor allem der Flüchtlingskrise gerecht zu werden", sagte Heinze.
Auch Oliver Hermann, Präsident des Städte- und Gemeindebundes Brandenburg, wies darauf hin, dass die Kommunen des Landes von den Zahlungen auch heute noch profitierten. Trotzdem begrüße er, dass das Landesverfassungsgericht durch seine Entscheidung eine "wichtige Klärung herbeigeführt" habe.
Welche politischen Schlussfolgerungen aus dem Urteil zu ziehen sind, ist noch nicht klar. Die Vorsitzenden der Regierungsfraktionen kündigten für kommenden Donnerstag eine Sondersitzung des Landtags zum Thema an. Dort könnte es neben der politischen Verantwortung und den möglichen Auswirkungen des Urteils auf den Landeshaushalt auch um die Zukunft der Schuldenbremse gehen.
"Das Urteil stellt erneut klar, dass die Schuldenbremse abgeschafft werden muss", teilte der Vorsitzende der Linksfraktion, Sebastian Walter, schriftlich mit. Abgesehen davon, dass die dafür nötige Verfassungsänderung im Bundestag beschlossen werden müsste, gibt es allerdings auch im Brandenburger Landtag derzeit keine Mehrheit für diese Forderung.
Sendung: Antenne Brandenburg, 21.06.2024, 13:00 Uhr
Beitrag von Christoph Hölscher
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