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Audio: rbb24 Inforadio | 27.06.2024 | Interview von Doerthe Nath mit SPD-Landrat Oberhavel, Alexander Tönnies | Quelle: rbb/Björn Haase-Wendt

Pläne für Nordwestbrandenburg

Widerstand gegen Windräder im Wald

Ein Regionalplan für den Nordwesten Brandenburgs sieht nun 46 Gebiete mit Vorrang für neue Windkraftanlagen vor. Einige betreffen Waldflächen. Netzbetreiber und Waldschützer fragen sich: Wohin mit all dem Strom? Von M. Grimm und B. Haase-Wendt

Im Wald bei Wulkow, nicht weit von Wusterhausen/Dosse (Ostprignitz-Ruppin), sind nur die Vögel zu hören und der leichte Wind. Um diese Idylle sind die Anwohner besorgt. Sie befürchten, dass hier bald riesige Windräder aus den Wäldern ragen. Ihre Angst ist begründet.

Der Entwurf für den neuen Regionalplan zur Windenergienutzung in den Kreisen Prignitz, Ostprignitz-Ruppin und Oberhavel sieht insgesamt 46 Vorranggebiete für den Bau von Windkraftanlagen vor. In vielen der im Planentwurf ausgewiesenen Windvorranggebiete stehen bereits Windkraftanlagen. Die dortigen Windparks sollen also vergrößert werden. Elf der 46 Gebiete aber liegen mindestens zur Hälfte oder ganz im Wald.

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Angst vor Flächenfraß, Qualitätsverlust und höherer Waldbrandgefahr

"Wir möchten einfach eine freie Sicht haben und nicht auf 250 Meter hohe Windräder", sagt Manuela Wlodarski aus Schönberg. Sie ist Teil der Bürgerinitiative "Freier Wald", die sich im Frühjahr in Ostprignitz-Ruppin gegründet hat. Ihre Sorge ist, dass in drei Waldgebieten mit einer Gesamtfläche von 3.000 Hektar zwischen der A24 bei Darsikow, Kyritz und Wusterhausen bald über 40 neue Windkraftanlagen stehen könnten.

Uwe Tackmann von der Bürgerinitiative findet das "zu viel des Guten". "Der Wald ist unsere Natur und Heimat, ihn zu schützen, darum geht es", fasst Tackmann zusammen. Als CO2-Speicher, Lebensraum, Erholungsort, zum Pilzesammeln, für den Tourismus.

Die Initiative spricht sich nicht explizit gegen erneuerbare Energien aus, aber gegen den Standort Wald. Zu wertvoll sei dieser und zu groß der Flächenfraß. "Pro Windkraftrad gehen wir von einem halben Hektar Einschlag im Wald aus. Zuwegungen müssen mindestens sieben Meter breit sein", sagt BI-Mitglied Holger Zepuntke aus Wulkow. Er, seine Mitstreiter und auch die Mitglieder der Bürgerinitiative gegen Windräder im Wald in Oberhavel sehen noch weitere Probleme: die Waldbrandgefahr würde steigen und die Stromnetze hätten ohnehin gar nicht genug Kapazitäten.

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Netzbetreiber: Zubau neuer Anlagen "verschärft Netzsituation weiter"

Das bestätigt auch der Netzbetreiber Edis. Derzeit seien im gesamten Netzgebiet, das Brandenburg und Mecklenburg-Vorpommern umfasst, rund 90.000 Erneuerbare-Energie-Anlagen mit einer Gesamtleistung von 14 Gigawatt angeschlossen. Dem Unternehmen aber "liegen Anschlussbegehren mit einer beantragten Leistung von über 165 Gigawatt vor – mehr als das Zehnfache der bereits installierten Leistung", teilt Edis-Pressesprecher Danilo Fox auf rbb-Anfrage mit.

Der Zubau zahlreicher neuer Windkraft- und auch Solar-Anlagen "verschärft die Netzsituation im (110.000-Volt-)Hochspannungsnetz weiter", so Fox. Notwendig sei deshalb eine koordinierte Entwicklung von Anschlusskapazitäten und Netzinfrastruktur. Neue Anlagen würden viel schneller gebaut werden als das Netz mit seinen Leitungskapazitäten ausgebaut werde. "Während eine Freiflächen-PV-Anlage oder ein Windpark für gewöhnlich innerhalb von zwei bis drei Jahren geplant und vollständig errichtet wird, benötigt die Ertüchtigung von Hochspannungsleitungen von der Bedarfsplanung bis zur Inbetriebnahme in der Regel acht bis zwölf Jahre", heißt es vom Netzbetreiber Edis.

Windräder stehen oft still

Die Folgen sind schon heute zu sehen. Neulich "auf dem Weg nach Neuruppin haben von elf Windrädern fünf gestanden", berichtet Manuela Wlodarski von der Initiative "Freier Wald". Das ist im Norden Brandenburgs regelmäßig zu beobachten.

Denn wird mehr Strom erzeugt als die Leitungen aufnehmen können, werden die Windräder und Solarparks heruntergeregelt oder ganz abgeschaltet. Die Anlagenbetreiber erhalten für die entgangenen Einnahmen eine Entschädigung. Wie hoch diese Zahlungen ausfallen, will Netzbetreiber Edis nicht öffentlich beziffern.

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Gebiete mit Vorrang für Windenergie müssen laut Gesetz ausgewiesen werden

Katrin Böttger von der Regionalen Planungsgemeinschaft Prignitz-Oberhavel sagt, dass die "Netzauslastung und Netzkapazitäten nicht Gegenstand der Prüfung bei der Ermittlung konfliktarmer Gebiete für die Windenergienutzung im Rahmen der Regionalplanung sind". Zumindest räumlich gebe es nun für den weiteren Ausbau der Windenergie eine Grundlage. "Ziel ist eine Strukturierung der Region, mit der wir manche Flächen für die Windenergienutzung zur Verfügung stellen, aber andere Flächen auch davon freihalten", sagt Böttger weiter.

Dass in Brandenburg überhaupt mögliche Flächen für neue Windkraftanlagen benannt werden müssen, liegt am Windenergieflächenbedarfsgesetz des Bundes, das am 1. Februar 2023 in Kraft trat. Demnach muss das Land Brandenburg mindestens 1,8 Prozent seiner Fläche bis Ende 2027 und mindestens 2,2 Prozent bis Ende 2032 für die Windenergienutzung ausweisen. Diese Ziele wurden auch im Brandenburgischen Flächenzielgesetz (BbgFzG) als regionale Teilflächenziele übernommen. Katrin Böttger zufolge gibt es keine Vorgaben für jeden einzelnen Landkreis. Die Kreise Prignitz, Ostprignitz-Ruppin und Oberhavel werden in diesem Kontext als eine Planungsregion betrachtet: Prignitz-Oberhavel.

Ab Herbst sollen die Unterlagen für die Region Prignitz-Oberhavel online veröffentlicht und vor Ort ausgelegt werden. Dann beginnt die Öffentlichkeitsbeteiligung. Anwohner können dann förmlich Bedenken anmelden – auch gegen die geplanten Windräder in Wäldern.

Sendung: Antenne Brandenburg, 27.06.2024

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Beitrag von Michaela Grimm und Björn Haase-Wendt

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