Audio: rbb24 Inforadio | 11.07.2024 | Uli Hauck und Lena Stadler | Quelle: picture alliance/dpa-Zentralbild/P.Zinken
Verbotsdiskussion
Bier schon ab 14? "Begleitetes Trinken" auf dem Prüfstand
Jugendliche ab 14 Jahren dürfen im Beisein ihrer Eltern Alkohol trinken: Bier, Wein oder Schaumwein. Diese Regelung stellt Bundesgesundheitsminister Lauterbach nun infrage.
Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) und die Gesundheitsminister mehrerer Bundesländer sprechen sich für ein Verbot des sogenannten begleiteten Trinkens von 14- bis 16-Jährigen aus. "Aus gesundheitspolitischer Sicht kann es zu diesem Thema keine zwei Meinungen geben", sagte Lauterbach dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND).
Jugendliche dürfen in Deutschland derzeit nach Jugendschutzgesetz regulär vom 16. Geburtstag an Bier, Wein und Sekt kaufen sowie trinken. In Begleitung einer sorgeberechtigten Person ist das sogar schon ab 14 Jahren erlaubt - auch in Gaststätten oder in der Öffentlichkeit.
"Die Anwesenheit von Erwachsenen ändert nichts an der Schädlichkeit von Alkohol für Kinder. Deswegen sollte das sogenannte begleitete Trinken untersagt werden", sagte Lauterbach.
In Begleitung einer sorgeberechtigten Person dürfen Jugendliche ab 14 Jahren Bier, Wein oder Sekt trinken - auch in Gaststätten oder in der Öffentlichkeit. Bundesgesundheitsminister Lauterbach will das verbieten. Was denken Sie?
Auch Berliner Gesundheitssenatorin Czyborra für Regel-Änderung
Mit seiner Kritik an der aktuellen Regelung ist der Bundesgesundheitsminister nicht alleine: Auch die bayerische Gesundheitsministerin Judith Gerlach (CSU) und die Berliner Gesundheitssenatorin Ina Czyborra (SPD) sind für eine Abschaffung des begleiteten Trinkens. Die Erlaubnis habe mit Blick auf die Präventionsziele keinen Sinn, sagte Gerlach dem RND. Czyborra sagte, Alkoholkonsum gefährde die körperliche und geistige Entwicklung Jugendlicher in hohem Maße.
Niedersachsens Gesundheitsminister Andreas Philippi (SPD) nannte die Handhabung kürzlich "ein völlig falsches gesellschaftliches Signal". "Begleitetes Trinken verharmlost Alkoholkonsum und gehört abgeschafft", sagte er der "Hannoverschen Allgemeine Zeitung". Je früher der Einstieg beim Trinken erfolge, desto problematischer sei das Verhalten als Erwachsener.
Aus England kommend ist der "Dry January" inzwischen auch hier Trend. Wer dabei war, hat für die ersten vier Wochen im Jahr auf alkoholische Getränke verzichtet. Was das bringt und für wen so eine Aktion Risiken birgt, erklärt eine Suchtberaterin.
Experten prüfen bis November
Die Gesundheitsministerkonferenz der Länder hatte sich im Juni mit dem Thema beschäftigt und beschlossen, dass Experten bis zum November die Regeln im Jugendschutzgesetz noch einmal genauer unter die Lupe nehmen sollen.
Nach Angaben des Bundesdrogenbeauftragten, Burkhard Blienert (SPD), trinkt jeder Deutsche statistisch gesehen zehn Liter reinen Alkohol pro Jahr. Im europäischen Vergleich sei die Bundesrepublik damit ein Hochkonsumland. Acht Millionen Menschen trinken demnach in riskantem Maße und 1,6 bis 1,8 Millionen Menschen seien alkoholabhängig im engeren Sinne.
CDU-Gesundheitspolitiker sieht Vorstoß zur Regelverschärfung skeptisch
Die Idee, das begleitete Trinken für Teenager zu verbieten, wird aber auch skeptisch gesehen. Jeder Schritt, um Jugendliche vom Alkoholkonsum abzuhalten, sei ein guter für die Gesundheit, sagte der gesundheitspolitische Sprecher der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Tino Sorge, der dpa.
Tanja wuchs mit einer alkoholkranken Mutter auf. Wenn diese trank, ließ sie ihrer Wut freien Lauf. Für eigene Gefühle war kaum Platz in Tanjas Kindheit: Sie hat sich um ihre Mutter gekümmert und geregelt, dass niemand etwas mitbekommt. Das prägt sie bis heute.
Neue Regeln müssten sich aber an den Lebensrealitäten messen lassen: "Der Familie kommt eine zentrale Rolle zu, wenn es um den verantwortungsvollen Umgang mit Alkohol geht. Ob sich ein kategorisches Verbot selbst im Privatbereich etablieren lässt, muss pragmatisch diskutiert werden." Kein Teenager, der das erste Mal einen Schluck vom Bier seines Vaters probiere, werde dadurch zum Alkoholiker.
Der CDU-Politiker Sorge betonte, wichtiger seien Aufklärungsangebote in Schulen und Vereinen und der aufmerksame Blick auf das soziale Umfeld der Jugendlichen. Die allermeisten Alkoholexzesse fänden dort statt, wo die Eltern nicht dabei seien.