Entscheidung in Hamburg
50 Euro Bargeld - der Rest als Guthaben auf einer Karte: So sollen Asylbewerber künftig in vielen Bundesländern ihren Unterhalt bekommen, auch in Berlin und Brandenburg. Ein Gericht in Hamburg fordert nun jedoch Einzelfallprüfungen.
Ein Hamburger Gericht hält die pauschale Begrenzung von Bargeld-Auszahlungen für Asylbewerber rechtswidrig. Das teilten die Gesellschaft für Freiheitsrechte und Pro Asyl am Mittwoch mit. Auch der NDR berichtete.
Das Hamburger Sozialgericht bemängelte demnach in einer Eilentscheidung die pauschale Festsetzung des Bargeldbetrags auf 50 Euro pro Monat pro Person, ohne dass persönliche oder örtliche Umstände der Geflüchteten eine Rolle spielten. Die Ausländerbehörde müsse den Einzelfall prüfen, bevor eine Bargeldsumme festgelegt werde, hieß es.
Das Gericht sprach sich aber nicht grundsätzlich gegen den Einsatz von Bezahlkarten aus. Vor dem Hintergrund des allgemeinen gesellschaftlichen Trends zu Kartenzahlung scheine dies nicht schon per se diskriminierend. Entscheidend sei, wie die Karte eingesetzt werden könne. Die Behörde kann gegen die Entscheidung des Gerichts jedoch noch Beschwerde einlegen.
In Hamburg hatte eine Familie mit zwei Erwachsenen und einem Kind geklagt, die in einer Erstaufnahmeeinrichtung lebt. Sie können bislang monatlich 110 Euro mit der Karte abheben - 50 Euro pro Erwachsenem und 10 Euro für das Kind. Das Gericht sprach ihnen knapp 270 Euro Bargeld zu. Dabei spielte auch eine Rolle, dass die Mutter mit einem zweiten Kind schwanger ist.
14 von 16 Bundesländern hatten sich zum Jahreswechsel auf die Einführung einer Bezahlkarte verständigt. Bayern und Mecklenburg-Vorpommern wollen sich nicht beteiligen.
Asylbewerber sollen den Großteil der Finanzmittel nur noch per Kartenzahlung ausgeben können. Die Auszahlung von Bargeld soll auf 50 Euro pro Monat begrenzt sein. Ziel ist es, Überweisungen an Schleuser oder Familien in den Heimatländern zu verhindern.
Hamburg führte im Februar als erstes Bundesland eine Bezahlkarte ein. Monatlich 185 Euro pro Erwachsenem überweist das Amt für Migration auf die Visa-Guthaben-Karte. Davon können 50 Euro bar abgehoben werden. Die Karte kann überall dort eingesetzt werden, wo Kartenzahlung akzeptiert ist, nicht für Überweisungen und im Online-Handel.
In Brandenburg gehörte Märkisch-Oderland im Mai zu den ersten Landkreisen in Brandenburg, die auf die Karte setzen. In Berlin gab es immer wieder Kritik am Bargeld-Limit, auch von der regierenden SPD. Der CDU-Koalitionspartner ist hingegen dafür.
Sozialsenatorin Cansel Kiziltepe (SPD) hat das Urteil des Hamburger Sozialgerichtes zur umstrittenen Bezahlkarte für Geflüchtete begrüßt. Der Hamburger Gerichts-Beschluss sei richtungsweisend für die Festlegung der Bargeldhöhe bei der Bezahlkarte und werde bundesweite Auswirkungen haben, so Berlins Sozialsenatorin. Die vom Gericht geforderte Einzelfallprüfung stelle die Verwaltung vor eine fast unlösbare Herausforderung. Kiziltepe hatte den Beschluss der Ministerpräsidenten über die Bargeldhöhe scharf kritisiert und sich damit gegen den Regierenden Bürgermeister Kai Wegner (CDU) gestellt.
Mit mehreren Klagen zielen Pro Asyl und die Gesellschaft für Freiheitsrechte zur Zeit darauf ab, die Einführung von Bezahlkarten in deutschen Bundesländern zu stoppen, weil sie in ihren Augen Grundrechte von Geflüchteten verletzen. "Die Bezahlkarte in Hamburg erschwert den Alltag der Betroffenen massiv", sagte eine Sprecherin von Pro Asyl. Günstige Online-Einkäufe oder private Gebrauchtwareneinkäufe seien mit der Bezahlkarte ebenso wenig möglich wie der Abschluss eines Handyvertrags oder die Anmeldung im Sportverein.
Sendung: Brandenburg aktuell, 25.07.2024, 19:30 Uhr
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