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Video: rbb24 | 09.07.2024 | Dilek Üşük | Quelle: dpa-Bildfunk/Paul Zinken

Bau ohne Ausschreibung

Asylzentrum am BER in Kritik - Bund plant eigenes Gebäude

Bund und Brandenburg wollen bis 2026 ein neues Ausreisezentrum für Asylbewerber am Flughafen BER. Weil die Brandenburger Regierung das ganz ohne öffentliche Ausschreibung bauen möchte, gibt es Kritik. Der Bund sieht sich schon woanders um.

Die Pläne für den Bau eines Ein- und Ausreisezentrums für Flüchtlinge am Hauptstadtflughafen BER in Schönefeld (Dahme-Spreewald) lösen neue Kritik aus. Streit gibt es nun wegen des fehlenden öffentlichen Vergabeverfahrens. Die Internet- und Rechercheplattform "Frag den Staat" hatte das öffentlich gemacht, der "Tagesspiegel" [Bezahlinhalt] berichtete darüber.

Bund und Land wollen die künftige Einrichtung gemeinsam nutzen, um unter anderem Abschiebungen zu beschleunigen.

Ein privater Investor soll das seit langem umstrittene Ein- und Ausreisezentrum in Schönefeld errichten, das Land will es dann mieten. Der Brandenburger Innenminister Michael Stübgen (CDU) hatte die fehlende Ausschreibung stets damit begründet, dass der Investor Besitzer der benötigten Grundstücke sei und alternative Flächen fehlten. Die Grundstücke für das Behördenzentrum befänden sich im Eigentum der Firma des Investors - beziehungsweise es bestehe für sie eine Erwerbsoption, sagte der Ministeriumssprecher Martin Burmeister.

Auf dem Gelände des BER soll das Ein- und Ausreisezentrum in jedem Fall entstehen - auch wenn Brandenburg und der Bund nicht ganz gemeinsame Sache machen. | Quelle: Picture Alliance/Schoening

Bund baut eigenes Abschiebegebäude woanders

Das Bundesinnenministerium teilte auf Anfrage mit, der Bund wolle in dem geplanten Zentrum am BER Büroflächen für das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bamf) und die Bundespolizei anmieten. Geplante Räume für den Rückführungsbereich, in dem die Bundespolizei also sozusagen Abschiebungen abwickelt, würden dort aber nicht untergebracht. "Der operative Teil des Rückführungsbereiches der Bundespolizeidirektion Berlin wird aus polizeifachlichen und einsatztaktischen Erwägungen auf einer Fläche unmittelbar im Sicherheitsbereich des Flughafens Berlin/Brandenburg (BER) verortet", erklärte das Bundesinnenministerium.

Die Entscheidung Brandenburgs zur Deckung des eigenen Bedarfs auf Teilflächen im geplanten Ein- und Ausreisezentrum falle nicht in die Zuständigkeit des Bundes, hieß es auf Anfrage. "Dem BMI liegen keine Informationen vor, welche die vom Land Brandenburg getroffene Entscheidung infrage stellen." Das Bundesinnenministerium betonte aber: "Soweit keine Ausnahme-Tatbestände vorliegen, sind öffentliche Vergaben grundsätzlich auszuschreiben."

Brandenburger Regierung hält öffentliche Ausschreibung für unnötig

Die Internet- und Rechercheplattform "Frag den Staat" und der "Tagesspiegel" berichteten, dass die Bundesanstalt für Immobilienaufgaben Bedenken geäußert habe, weil es kein öffentlich ausgeschriebenes Vergabeverfahren zu dem Millionen-Bauprojekt gab. Auf die Frage, ob eine Ausschreibung notwendig sei, antwortete das Ministerium in Berlin der Deutschen Presse-Agentur: Bei der Suche "nach der bestmöglichen Variante zur Unterbringung" von Bundespolizei und BAMF habe die Immobilien-Bundesanstalt unterschiedliche Unterbringungsoptionen auf verschiedenen Flächen am BER auch vergaberechtlich bewertet.

Im Brandenburger Landeshaushalt sind laut Innenministerium langfristig 315 Millionen Euro Verpflichtungsermächtigungen für Mieten und Pacht für den gesamten Mietzeitraum von 25 Jahren für das Ein- und Ausreisezentrum vorgesehen. Ob diese Ermächtigungen für die Verpflichtung zu Ausgaben in voller Höhe ausgeschöpft werden, ist bisher unklar. Nach bisherigen Ministeriumsangaben soll das Asylzentrum ab 2026 in Betrieb gehen.

Grüne fordern Stopp des Projektes

Die Brandenburger Grünen fordern einen Stopp des Projektes und beklagen "fragwürdige Entscheidungen hinter verschlossenen Türen". Die Linksfraktion hält eine Prüfung des Landesrechnungshofes für nötig. Ein Sprecher der Behörde sagte der dpa: "Der Rechnungshof beschäftigt sich damit, wie wir mit der Angelegenheit umgehen." Es sei aber noch nicht klar, ob der Fall geprüft werde. Die Fragen seien sehr komplex.

Im vergangenen Jahr hieß es, dass Räume für die Justiz, ein Ausreisegewahrsam und ein Unterkunfts- und Transitgebäude für Menschen eingerichtet werden sollen, deren Einreise verweigert wurde. Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge soll auch Nutzer sein. Innenminister Stübgen hatte sich bereits 2021 mit dem früheren Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) auf ein von Bund und Land gemeinsam genutztes Einreise- und Ausreisezentrum geeinigt.

Vergaberechtliche Ungereimtheiten?

Die Internetplattform "Frag den Staat" erhielt nach eigenen Angaben über das Informationsfreiheitsgesetz Tausende Seiten E-Mails, Protokolle und Gutachten aus dem Bundesinnenministerium und berichtete von vergaberechtlichen Ungereimtheiten. Nach erweiterten Planungen bis 2022 und einer Vergrößerung der Fläche befänden sich nicht alle vorgesehenen Grundstücksflächen im Besitz des einen Investors, hieß es. Das Fehlen einer öffentlichen Ausschreibung hätte somit überprüft werden müssen, meinte Julian Brummer von der Anti-Korruptions-Organisation Transparency International im Bericht von "Frag den Staat" [fragdenstaat.de].

Das Innenministerium in Potsdam teilte auf Anfrage mit: "Nach unseren Informationen wurde die Abkehr der Bundespolizei von dem Rückführungsgebäude mit den erforderlichen Standortvoraussetzungen begründet." Auch an der Argumentation für die fehlende Ausschreibung ändert sich laut Ministerium nichts: "Die Grundstücke für das Behördenzentrum befinden sich im Eigentum der Fa. Harder bzw. es besteht für sie eine Erwerbsoption."

Sendung: rbb24, 09.07.2024, 16:00 Uhr

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