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Audio: rbb24 Inforadio | 16.07.2024 | Stephan Kramer | Quelle: dpa/Sven Kaeuler

Razzia bei Jürgen Elsässer

Warum "Compact" als rechtsextrem gilt

Bundesinnenministerin Faeser hat am Dienstag das Magazin "Compact" verboten. Die Begründung klingt eindeutig: "Compact" verstoße gegen die freiheitlich-demokratische Grundordnung und trete dabei "aggressiv-kämpferisch“ auf. Doch was heißt das konkret? Von M. Blümke und S. Duwe

Die "Compact GmbH" von Jürgen Elsässer ist seit Dienstag verboten: das Magazin, der Youtube-Kanal sowie alle Social-Media-Kanäle des Unternehmens. "Compact" sei "ein zentrales Sprachrohr der rechtsextremistischen Szene", hieß es von Bundesinnenministerin Nancy Faeser. In der Berichterstattung fallen immer wieder Schlagworte wie "rechtsextrem", "antisemitisch" oder "rassistisch". Doch wer genau steht hinter "Compact"? Und: Welche Inhalte wurden über das Magazin verbreitet?

Razzia in Brandenburg

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Das rechtsextreme Magazin "Compact" ist verboten worden. In Falkensee und Werder gab es Razzien, unter anderem in den Wohnräumen von Chefredakteur Jürgen Elsässer.

Der Herausgeber: fordert "Sturz des Regimes"

Chefredakteur Jürgen Elsässer war früher Kommunist und schrieb als Autor für linke Zeitungen. Doch seit Langem bereits ist er in der rechtsextremen Szene verortet.

2010 gründete er "Compact" mit und baute das monatlich erscheinende Magazin zu einem Leitmedium der "Neuen Rechten" auf. Immer wieder sprach Elsässer offen über sein Ziel: den "Umsturz": Im Juni 2023 schrieb er auf der "Compact"-Homepage, "dieses Regime stürzen" zu wollen. Bei einer Rede in Gera schlug er vor, in der Fläche der ostdeutschen Bundesländer ein "Deutsches Demokratisches Reich" zu errichten, angeführt von einem "Reichskanzler Höcke". Sich selbst und den Thüringer AfD-Landesvorsitzenden Björn Höcke stellte Elsässer wie folgt vor: "Zwei Männer, ein Ziel: Deutschland muss wieder souverän werden."

Die Inhalte: Rassenlehre und Geschichtsrevisionismus

Inhaltlich wurden bei Compact häufig bekannte rechtsextreme Erzählungen aufgegriffen und verbreitet. Elsässer schrieb in einem Editorial 2023 von einem "globalistischen Geldadel", von "Blutsaugern" rund um "die Rockefellers" und "Rothschilds". Die UN und die EU bezeichnete er als "Attrappen-Institutionen der Hochfinanz" - Begriffe, die in der rechtsextremen Szene zur Verbreitung antisemitischer Verschwörungsmythen verwendet werden.

Migranten wurden 2015 als "Merkels Invasoren" bezeichnet. Laut einer Autorin ginge es um die "systematische Flutung und genetische Vermischung Deutschlands mit fremden Kulturen zwecks Herabsetzung des allgemeinen Intelligenzquotienten". 2017 forderte Elsässer in einer Sonderausgabe von Compact: "Freiheit für Beate Zschäpe!" Laut Elsässer gab es keine Beweise für ihre Tatbeteiligung an den Morden der Neonazi-Terrororganisation NSU, der Prozess sei politisch instrumentalisiert.

Im Magazin veröffentlichte Texte wurden immer wieder als geschichtsrevisionistisch angesehen. In einer Sonderausgabe von "Compact Geschichte" attestierte man dem deutschen Panzergeneral Erwin Rommel "Mut, Genie und Fairness" und deklarierte ihn zum "Deutschen Helden". Auf dem Cover der "Compact Geschichte"-Ausgabe "Das okkulte Reich" prangte die Schwarze Sonne - eines der populärsten Symbole der rechtsextremen Szene.

Rechtsextremistische Zeitschrift

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Mehr als ein Dutzend Wahlkampfveranstaltungen hatte die AfD Brandenburg mit dem "Compact"-Magazin geplant, diese sind nun hinfällig. Die Landespartei rechnet deshalb mit deutlichen Mehrausgaben.

Die Autoren: bekannte Rechtsextremisten

Der Rechtsextremist Martin Sellner, jahrelang das Gesicht der rechtsextremen "Identitären Bewegung" (IB), schrieb regelmäßig als Kolumnist für Compact. Elsässer nannte ihn einen "Held der Jugend". In "Compact" warb Sellner offen für die IB, berichtete vom "großen Volksaustausch", der "Islamisierung" Europas, gesteuert von "Globalisten". Auf dem Youtube-Kanal "Compact-TV" forderte Sellner schon weit vor der "Correctiv"-Recherche über das Geheimtreffen in Potsdam die sogenannte "Remigration", also die massenhafte Abschiebung oder Ausweisung von Menschen mit Migrationsgeschichte. Nach dem Bekanntwerden des "Compact"-Verbots postete Sellner: "In Deutschland ist an diesem 16.07. die Pressefreiheit gestorben."

Ebenfalls für "Compact" schrieb Jan von Flocken. Neben seiner Tätigkeit beim Magazin arbeitete er auch für die rechtsextreme Zeitschrift "Zuerst!", für die neurechte "Junge Freiheit" sowie für das "Institut für Staatspolitik" des rechtsextremen Publizisten Götz Kubitschek. Mit Kubitschek gründete Elsässer 2015 den als gesichert rechtsextremistisch und verfassungsfeindlich eingestuften Verein "Ein Prozent".

Vernetzung: beste Kontakte zu AfD, IB, "Ein Prozent"

Chefredakteur Elsässer betonte immer wieder die Nähe von "Compact" zu rechtsextremen Organisationen. Im Januar 2018 schrieb er: "Alle zusammen in großer Einheit: Pegida, IB, AfD, Ein Prozent, Compact! Fünf Finger, alle kann man einzeln brechen, aber alle zusammen sind eine Faust!" Jährlich veranstalte "Compact" Konferenzen. Die Rednerliste - eine Ansammlung bekannter Rechtsradikaler und rechter Vordenker: Thilo Sarrazin, Alexander Gauland, Götz Kubitschek, André Poggenburg, Lutz Bachmann, Martin Sellner oder Björn Höcke.

Rechtsextremes Magazin

Juristen bezweifeln Verfassungsmäßigkeit des "Compact"-Verbots

Bundesinnenministerin Faeser hat das Compact-Magazin verboten - mit dem Hinweis, es verstoße mit seinen Inhalten gegen die Verfassung. Staatsrechtler befürchten derweil, das Verbot könnte vor Gerichten keinen Bestand haben.

Das Ziel: Proteste anheizen

Die Wahrheit ist für Elsässer nur Nebensache, wie er im Interview mit dem ARD-Politikmagazin Kontraste 2021 freimütig einräumt: "Es werden Erzählungen gemacht, es werden Märchen und Allegorien formuliert." Ein Ziel dahinter offenbar: den politischen Widerstand im Sinne des Compact-Chefredakteurs zu stärken.

Das bestätigt auch der Soziologe Felix Schilk im Interview mit Kontraste: "Die Hauptsache ist, dass man damit Proteste auf der Straße anheizen könne." Schilk beschäftigt sich seit Jahren mit "Compact". Antisemitismus, Geschichtsrevisionismus, "Reichsbürger"-Inhalte oder Corona- und Klimawandel-Leugnung. Die Inhalte von "Compact" sind laut Felix Schilk ein breites Spektrum von Themen der extremen Rechten. Dies sei kein Zufall: "Das Hauptziel von 'Compact' ist es, Misstrauen zu sähen, die demokratische Ordnung anzugreifen."

Das Verbot: stützt sich auf Verfassungsschutz-Unterlagen

Seit 2019 als "rechtsextremer Verdachtsfall" beobachtet, wurde "Compact" 2021 als "gesichert rechtsextrem" eingestuft. In der Begründung des Verfassungsschutzes hieß es damals, Inhalte von "Compact" seien "durch eine Verächtlichmachung und Verunglimpfung der politischen Parteien, Politiker und Repräsentanten der Bundesrepublik gekennzeichnet". Diese seien geeignet, "das Vertrauen in die gesamte verfassungsmäßige Ordnung zu erschüttern".

Auf diesen Erkenntnissen fußt nun auch das Verbot von Compact. So heißt es: "Die 'Compact-Magazin GmbH' wurde verboten, weil es sich gegen die verfassungsmäßige Ordnung richtet. Bei der Verwirklichung seiner verfassungsfeindlichen Ziele nimmt 'Compact-Magazin GmbH' eine aggressiv-kämpferische Haltung gegenüber der verfassungsmäßigen Ordnung ein." Somit sei "die Voraussetzungen für ein Vereinsverbot" erfüllt.

Elsässer kritisierte das Verbot als Angriff auf die Pressefreiheit und kündigte juristische Schritte an. Ob das Verbot Bestand haben wird oder die in Compact verbreiteten Äußerungen im Spektrum der Meinungsfreiheit erlaubt waren, werden nun Gerichte klären müssen.

Sendung: rbb24 Inforadio, 16.07.2024, 18:00 Uhr

Beitrag von Mitja Blümke und Silvio Duwe, rbb

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