Beim Klimaschutz hatte der schwarz-rote Senat viel versprochen. Ein dafür geplantes, milliardenschweres Sondervermögen kommt aber nicht zustande. Nun braucht es neue Ideen und Finanzierungswege. Nur: Vom Senat kommt so gut wie nichts. Von Jan Menzel
Klimaschutz bei Schwarz-Rot ist wie Kofferpacken. Endlich Urlaub, endlich geht’ s los und man fragt sich: Hab' ich wirklich alles dabei und nichts vergessen? Der Senat hat leider etwas sehr Wichtiges vergessen, als er sich in die Sommerpause verabschiedet hat: den Klimaschutz.
Sondervermögen für die Rettung des Klimas ist geplatzt
Es ist noch gar nicht lange her, dass die Fridays-for-Future-Bewegung regelmäßig demonstrierte und die Letzte Generation täglich Straßenkreuzungen in Berlin blockierte. Nicht, dass ich Brei auf Gemälden oder strafbare Handlungen begrüßen würde. Aber damals war die Erregung bei vielen, die jetzt in Senat und Koalition Verantwortung tragen, groß. Lauthals wurden Strafen gefordert und Klima-Protestierer quasi zu Terroristen erklärt. Heute sind diejenigen, die seinerzeit treuherzig erklärten, sie wollten doch auch etwas für das Klima tun, aber doch bitteschön nicht so, merkwürdig still.
Mit bis zu zehn Milliarden Euro wollte der Berliner Senat beim Klimaschutz den Turbo einlegen. Doch seit das Sondervermögen wegen der Schuldenbremse einkassiert wurde, passiert nichts. Dabei liegen alternative Konzepte für mehr Klimaschutz auf dem Tisch. Von Jan Menzel
Verkehrs- und Klimaschutzsenatorin Ute Bonde wurde zurückgepfiffen
Schlimmer noch: Kaum im Amt wurde die neue Verkehrs- und Klimaschutzsenatorin Ute Bonde gleich wieder von der eigenen Fraktion zurückgepfiffen, als sie laut darüber nachdachte, wie der Autoverkehr in Berlin vielleicht ein bisschen reduziert werden könnte. Viel zu lange blockiert die CDU auch die längst überfällige Anpassung der Parkgebühren für Anwohner. 10,20 Euro kostet die Vignette im Jahr. Ein Witz. 100 oder 150 Euro wären immer noch günstig und weit von einer sozialen Härte entfernt.
Gerade jetzt, wo Berlin tief in der Haushaltskrise steckt, wären diese Einnahmen hoch willkommen. Mit dem Geld könnten mehr schattenspendende Bäume gepflanzt, Versickerungsflächen für Starkregen angelegt oder Radwege gebaut werden. Stattdessen schmäht der Regierende Bürgermeister Kai Wegner Anwohner, die sich für Kiezblocks vor ihrer Haustür stark machen. Radlobbyisten sehen ihre schlimmste Albträume wahr werden, weil der Senat sich anschickt, das lang versprochene Netz von Radschnellverbindungen klammheimlich auf die lange Bank zu schieben.
Ein neues Rechtsgutachten - im Auftrag der Berliner Finanzverwaltung erstellt - hält das Konzept für das geplante Klima-Sondervermögen nicht für realisierbar. Es verletze das "Prinzip der Jährlichkeit". Geliehenes Geld dürfe nicht als Reserve vorgehalten werden.
Dinge anpacken, die nichts kosten, aber wirken
Nun kann es ja durchaus sein, dass das Geld nicht für alle Öko-Klima-Träume jetzt und sofort reicht. Aber dann wäre es doch gerade wichtig, die vielen lokalen Initiativen, nicht auszubremsen sondern zu motivieren. Der Senat sollte Dinge anpacken, die nichts kosten, aber unmittelbar wirken. Tempo 30 ist da ein gutes Beispiel. Teure Straßenprojekte wie die Verlängerung der Autobahn A100 oder die TVO passen dagegen weder finanziell noch klimapolitisch in die Landschaft.
Ein Senat, der den Klimawandel ernst nimmt, müsste erklären, Überzeugungsarbeit leisten und gerade bei den Bürgern werben, die sich vom Klimaschutz überfordert fühlen. Rumwurschteln, Aussitzen, Verschleiern und Auf-die-nächste-Wahl-schielen ist einfach zu wenig. Der Klimawandel ist da, er ist unerbittlich und er lässt sich nicht bequatschen.
Sendung: Radioeins, 31.07.2024, 10:00 Uhr
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