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Quelle: dpa/Sascha Steinach

Verkehrspolitik

ADFC fordert deutlich mehr Geld für Radwegeausbau in Brandenburg

Viele Radwege in Brandenburg enden im Nichts. Der ADFC fordert zur Landtagswahl, die Lücken zu schließen und ein Radwegenetz von 7.000 Kilometern Länge im Land aufzubauen. Mit geteiltem Echo aus der Politik. Von Andreas B. Hewel

Die Forderung ist kühn, die der Allgemeine Deutsche Fahrrad-Club (ADFC) in Brandenburg an die Landesregierung richtet. 200 Millionen Euro müsse das Land für den Radwegebau ausgeben und das jedes Jahr. Eine beträchtliche Summe und eine Vervielfachung des jetzigen Budgets. Derzeit sind es rund 45 Millionen Euro jährlich.

Doch Stefan Overkamp vom ADFC in Brandenburg hält die Steigerung der Investitionen für dringend notwendig, wie er sagt. Dabei geht es um neue Radwege und die Sanierung vieler alter. "Die meiste Infrastruktur, die wir heute vorfinden, ist bis zu 40 Jahre alt", beklagt Overkamp. Die seien gebaut worden, als Radfahrer noch zehn bis 15 km/h schnell unterwegs gewesen seien.

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Die Wege seien deshalb klein, eng und oft auch in die Jahre gekommen. "Und dann sehen wir, dass die Leute mit 25 km/h, was so ein eBike eben hergibt, da drüber brettern, auch in einem mangelnden Bewusstsein, dass Wege und Geschwindigkeit nicht gut zusammenpassen."

Geschwindigkeitsunterschiede von Radfahrern sind problematisch

So sind die Geschwindigkeiten, mit denen Radfahrerinnen und Radfahrer heute unterwegs sind, sehr unterschiedlich. Beim ADFC spricht man sogar schon von unterschiedlichen Zielgruppen, die normalen und die schnellen Radfahrer. Das liegt nicht nur an der Kondition oder der Sportlichkeit der Radfahrerinnen und Radfahrer.

Auf den Radwegen tummeln sich neben gewöhnlichen Rädern auch Rennräder, eBikes, Elektroroller und S-Pedelecs. Letztere sind eine Art Elektromoped, die mit 50 km/h und mehr unterwegs sein können. "Da wird einem manchmal schon angst und bange", sagt Overkamp.

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Adfc fordert, Radwegebenutzungspflicht zu streichen

Diese großen Unterschiede bei den Geschwindigkeiten sind ein Problem. Breiter und gerader sollen die Radwege werden und die Radwegebeläge noch besser, fordert daher der ADFC. Das alles ist offenbar nicht mehr auf einen normalen Radweg zu realisieren. "Der rollende Verkehr, der richtig schnell unterwegs sein will", sagt Overkamp, "der braucht eine richtige Fahrbahn, der braucht Asphalt, der braucht gerade Strecken".

Im Seitenraum, wo Radwege in der Regel sind, sei das zunehmend schwierig darzustellen. Overkamp fordert daher, die Straßenverkehrsordnung zu ändern und die Radwegebenutzungspflicht einfach zu streichen. "Dann können die blauen Schilder dastehen, jeder weiß, wo ein Radweg ist. Und die, die sich stark fühlen, die gern schnell fahren, die können dann auf der Fahrbahn fahren."

Rücksichtnahme eingefordert

Doch dass sich Radfahrer trotz eines Radweges einfach aussuchen können, ob sie auf dem Weg oder auf der Straße fahren wollen, überzeugt die Landtagsabgeordnete Saskia Ludwig (CDU) nicht. Und schon gar nicht die Idee, das an der Geschwindigkeit festzumachen. Wo sei da die Grenze, fragt sie. "Da verlagern wir Konflikte vom Radweg noch zusätzlich auf die Straße", so Ludwig.

Überhaupt, so Ludwig, seien die Ansprüche von Radfahrern wie auch anderer Verkehrsteilnehmer sehr hoch. Das erschwere die Lösung von Konflikten. So appelliert sie auch an die Verkehrsteilnehmerinnen und -nehmer selbst, ihr Fahrverhalten anzupassen. "Wir müssen, glaube ich, auch beim Thema Verkehrserziehung wieder deutlich mehr darauf hinweisen, was Paragraf 1 der Straßenverkehrsordnung bedeutet, nämlich gegenseitige Rücksichtnahme."

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Lücken im Radwegenetz sind besonders gefährlich

Als definitiv verbesserungswürdig bezeichnet auch Saskia Ludwig das Radwegenetz. Besonders die Lücken in diesem Netz seien das Problem. Attraktive und sichere Radwege fordert auch Clemens Rostock (Grüne). Radwege müssten durchgängig sein. Nicht selten aber enden sie genau da, wo es verkehrsmäßig eng wird und somit gerade für Radfahrerinnen und Radfahrer besonders gefährlich.

"Eine kleine Lücke auf einer ganz langen Strecke", so Rostock, "kann darüber entscheiden, ob ich die Strecke überhaupt antrete. Deswegen müssen wir gerade diese schwierigen Stellen und Lücken angehen." Das neue Mobilitätsgesetz, so Rostock, habe zwar den Bau von Radwegen vorangetrieben. Trotzdem müsse man das Tempo und auch die Gelder hierfür deutlich erhöhen. Radwege müssten zudem deutlich mehr Platz bieten als bislang, weil eben schneller gefahren würde. "Deshalb dürfen wir nicht zu sehr knausern beim Platz für den Radverkehr", so Rostock.

Tempolimit für Radfahrer?

Ein Problem bei den unterschiedlichen und zum Teil sehr hohen Geschwindigkeiten sei auch, so Stefan Overkamp vom ADFC, dass Verkehrsteilnehmerinnen und -teilnehmer die Geschwindigkeiten oft falsch einschätzen und unterschätzen. Von einem Tempolimit für Radfahrer aber will Overkamp nichts wissen und lehnt es ab. Doch dann sagt er gleich hinterher. "Vielleicht braucht man doch irgendwann eine Geschwindigkeitsbegrenzung, wer weiß das schon?"

Sendung: rbb24 Inforadio, 03.07.2024, 18:20 Uhr

 

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