Berlin
Nach jahrelangem Streit um einen Wohnblock in der Berliner Habersaathstraße steht nun fest: Der Gebäudekomplex kann abgerissen werden. Den Bewohnern - darunter frühere Obdachlose - sollen Ersatzwohnungen angeboten werden.
Nach langem Streit ist für die Bewohner eines Wohnblocks in der Habersaathstraße in Berlin-Mitte nach Angaben des Bezirksamts eine Lösung gefunden. Wie Bezirksbürgermeisterin Stefanie Remlinger (Grüne) am Freitag mitteilte, musste das Bezirksamt aus rechtlichen Gründen den Abriss des Gebäudekomplexes in der Habersaathstraße 40-48 genehmigen.
Im Gegenzug habe sich die Eigentümerfirma Arcadia Estate verpflichtet, den verbliebenen Mietern Ersatzwohnungen in der Straße zur Verfügung zu stellen - zu einem Mietpreis, der "von einem durchschnittlich verdienenden Arbeitnehmerhaushalt" finanziert werden könne, so das Bezirksamt. Außerdem habe sich die Arcadia Estate bereit erklärt, auf einem Grundstück in der Papierstraße eine Unterkunft für Geflüchtete und Wohnungslose zu bauen.
Wieviele Menschen derzeit in dem Gebäude in Habersaathstraße leben, ist laut Remlinger unklar. Der Bezirk gehe von fünf bis zwölf Altmietern aus, 30 bis 50 ehemals Obdachlosen und etwa ähnlich vielen Geflüchteten.
"Auch wenn wir uns eine andere Lösung gewünscht hätten, blieb uns nichts anderes übrig, als den Abriss zu genehmigen", erklärte Remlinger. "Wir haben als Bezirk gekämpft, um möglichst viel für die Menschen zu erreichen, die in der Habersaathstraße schon lange leben oder dort in den vergangenen Jahren ein Zuhause gefunden haben."
Die Eigentümerfirma will auf dem Gelände Habersaathstraße 40-48 einen Neubau errichten und hat den Bewohnern gekündigt. Klagen dagegen vor dem Amtsgericht Mitte als auch vor dem Landgericht Berlin waren laut Berliner Mieterverein erfolgreich.
"Das Bezirksamt sollte der Hausgemeinschaft nun im Kampf gegen den rabiaten Eigentümer den Rücken stärken, und zwar durch vor allem eine rigorose Verfolgung von Missständen wie beispielsweise der nicht funktionierenden Warmwasserversorgung durch die Wohnungsaufsicht", erklärte der Geschäftsführer des Mietervereins, Sebastian Bartels. Das Bezirksamt habe ohne Not dem Druck des Investors nachgegeben und die abgelaufene Abrissgenehmigung "investorenfreundlich" erneuert.
Kritik an der jetzigen Lösung kommt auch vom Fraktionschef der Linken im Berliner Abgeordnetenhaus, Tobias Schulze. Hier werde sanierter, bewohnbarer, preiswerter Wohnraum abgerissen und zwar ausschließlich aus dem Grund, dass hinterher teurerer Wohnraum entstehe. Das sei ein schwarzer Tag für preiswerten Wohnraum in Berlin. Zudem sei noch völlig unklar, wie die Ersatzwohnungen aussehen werden, so der Linken-Politiker.
Der Bezirk Mitte hatte sich seit 2019 dafür eingesetzt, dass das ehemalige Schwesternwohnheim der Charité saniert und wieder vermietet wird. Im Winter 2021/22 besetzten Aktivisten der Initiative "Leerstand-Hab-ich-Saath" und rund 50 Obdachlose einen Teil des Wohnblocks. Andere Räumlichkeiten wurden von Flüchtlingen bezogen.
Sendung: rbb24 Abendschau, 23.08.2024. 19:30 Uhr
Artikel im mobilen Angebot lesen