Sondersitzung des Landtags
Die Attacke in Solingen und deren Folgen diskutiert am Donnertag der Brandenburger Landtag. Nicht nur Regierungschef Woidke fordert in der Sondersitzung Konsequenzen. Für Feste im Land hat der Anschlag bereits Folgen.
Brandenburgs Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD) hat sich nach dem Anschlag in Solingen für ein schärferes Asylrecht ausgesprochen. Die Kontrollen an den Grenzen müssten beibehalten und eventuell ausgebaut werden, sagte Woidke am Donnerstagvormittag bei einer Sondersitzung des Landtags. Asylsuchende aus sicheren Drittstaaten müssten direkt an den deutschen Grenzen zurückgewiesen werden. Diejenigen, die kein Recht hätten, in Deutschland zu bleiben, müssten Deutschland wieder verlassen, das gelte auch für Länder wie Afghanistan oder Syrien.
Er forderte eine "ähnlich umfassende tiefgreifende Veränderung" wie beim Asylkompromiss in den 1990er Jahren. Damals war das Asylrecht eingeschränkt worden.
Woidke kündigte überraschend eine Konferenz mit den Landräten für nächste Woche an. Flüchtlinge, die in ein anderes europäisches Land abgeschoben werden sollten und untertauchten, sollten zur Fahndung ausgeschrieben werden und den Schutzstatus verlieren.
Wie Innenminister Michael Stübgen (CDU) sagte, sind die Sicherheitsvorkehrungen in Brandenburg nach der Messerattacke in Solingen erhöht worden. Für öffentliche Veranstaltungen und Volksfeste seien sie "umgehend an die derzeitige Lage angepasst" worden. Es gebe einen stärkeren polizeilichen Schutz, sagte Stübgen. "Die traurige Wahrheit lautet: Wir können nicht ausschließen, dass es Personen auch in Brandenburg gibt, die Taten wie in Mannheim oder Solingen nachahmen wollen."
Der Innenminister betonte: "Unsere öffentliche Sicherheit und Ordnung ist bedroht." Die Einrichtung von Messerverbotszonen bei Volksfesten oder öffentlichen Veranstaltungen werde geprüft. Stübgen forderte außerdem mehr Befugnisse für die Polizei bei der Umsetzung des Waffenrechts sowie mehr Verantwortung des Bundes bei Rückführungen ausreisepflichtiger Ausländer.
Am Freitag vergangener Woche waren bei einem Stadtfest in Solingen in Nordrhein-Westfalen drei Menschen mit einem Messer getötet worden. Acht Menschen wurden verletzt. Der mutmaßliche Täter ist ein 26-jähriger Syrer. Er hätte eigentlich im vergangenen Jahr nach Bulgarien abgeschoben werden sollen - das gelang aber nicht. Bei einer Messerattacke in Mannheim Ende Mai kam ein Polizist ums Leben.
Die Debatte stand im Zeichen des Wahlkampfes. Am 22. September wird ein neuer Landtag gewählt. Landtagspräsidentin Ulrike Liedtke warnte die Abgeordneten vor einer Instrumentalisierung des Themas für Wahlkampfzwecke und vor falschen Schuldzuweisungen. "Unsere Antwort auf Terror und Gewalt muss eine starke, geeinte und demokratische Gesellschaft sein", sagte Liedtke und forderte Zusammenhalt und entschlossenes Handeln gegen Gewalt.
Die Landtagspräsidentin meinte mit ihrem Appell indirekt vor allem die AfD-Fraktion, die die Sondersitzung beantragt hatte. In einem Antrag fordert die AfD ein Betretungsverbot öffentlicher Veranstaltungen für Asylberechtigte, ukrainische Kriegsflüchtlinge, vollziehbar ausreisepflichtige und geduldete Ausländer sowie Asylantragsteller. AfD-Fraktionschef Hans-Christoph Berndt wandte sich gegen eine Politik von Vielfalt und Toleranz: "Ihr Regenbogen ist das Tor zur Hölle", sagte Berndt.
Woidke nannte die Forderungen der AfD bodenlos. SPD-Fraktionschef Daniel Keller bezeichnete den Antrag als verabscheuungswürdig und warf der AfD eine Zwei-Klassen-Gesellschaft vor: "Das ist purer Faschismus."
CDU-Fraktionschef Jan Redmann verlangte mehr Abschiebungen von Straftätern. "Kein einziger Straftäter oder Gefährder ist nach Afghanistan oder nach Syrien abgeschoben worden", kritisierte Redmann. Der Grünen-Fraktionsvorsitzende Benjamin Raschke warnte vor einer Einschränkung des Asylrechts: "Das wird es mit uns Grünen nicht geben."
Linksfraktionschef Sebastian Walter attackierte die AfD für die Forderung nach einem Betretungsverbot von Festen. "Dieser Vorschlag, den Sie hier machen, der stinkt gewaltig - und der stinkt gewaltig nach Nürnberger Rassegesetzen", sagte Walter. Mit den Rassegesetzen wollten die Nationalsozialisten andersartige Menschen ausgrenzen und verfolgen.
Der Sprecher der Gruppe BVB/Freie Wähler, Péter Vida, forderte die Abschiebung von Straftätern und Mittätern auch in Länder mit Kriegsgebieten. Er hält die Debatte über ein schärferes Waffenrecht bei einer bestimmten Messerlänge für wirkungslos.
Sendung: Antenne Brandenburg, 29.08.2024, 14:00 Uhr
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