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Audio: Antenne Brandenburg | 25.09.2024 | Helga Schmidt | Quelle: dpa/Wittek

Mehr Abschüsse als Ziel

EU-Vertreter stimmen für schwächeren Schutz von Wölfen

Bislang dürfen Wölfe EU-weit nur abgeschossen werden, wenn sie auffällig sind und eine Gefahr für den Menschen und Weidetiere darstellen. Das soll sich nun ändern, indem der Schutzstatus von "streng geschützt" auf "geschützt" gesenkt wird.

27 Mitgliedstaaten haben am Mittwoch dafür gestimmt, den besonderen Schutzstatus des Wolfs herabzusetzen. Vorgesehen ist, dass der Schutzstatus des Wolfs von "streng geschützt" auf "geschützt" gesenkt wird. Auch Deutschland hat dafür gestimmt.

Angesichts der zunehmenden Verbreitung von Wölfen will die Mehrheit der EU-Länder einen schnelleren Abschuss der Raubtiere ermöglichen. Bis die Jagd auf die Tiere EU-weit tatsächlich einfacher wird, dürfte es aber noch dauern.

Mit der Entscheidung von Mittwoch ist ein schwächerer Schutzstatus noch nicht bindend im EU-Recht verankert. Erst wenn die Entscheidung auch formell auf Ministerebene angenommen wurde, kann die EU einen entsprechenden Antrag auf Herabstufung des Schutzstatus des Wolfs beim sogenannten Ständigen Ausschuss der Berner Konvention einreichen. Diese ist ein 1979 verabschiedeter völkerrechtlicher Vertrag des Europarates zum Schutz europäischer, wildlebender Tiere und Pflanzen.

Leibniz-Institut

Zu viele tote Wölfe - nicht jedes Tier kann untersucht werden

Der Wolf ist in Deutschland streng geschützt. Für gewöhnlich untersucht das Leibnitz-Institut jedes Tier, das tot aufgefunden wird. Doch die Zahl der toten Wölfe ist so stark gestiegen, dass die Forschungseinrichtung nicht mehr hinterherkommt.

Schutzstatus könnte grundsätzlich geändert werden

Wenn es im Ständigen Ausschuss eine Mehrheit für den geänderten Schutzstatus gibt, kann die EU-Kommission einen Vorschlag zur Änderung des Schutzstatus des Wolfs im EU-Recht vorlegen. Dieser Vorschlag braucht nochmals eine Mehrheit unter den EU-Staaten und eine Mehrheit im Europaparlament. Änderungen an dem Vorhaben sind möglich.

Mit ihrer Zustimmung hat Deutschland seine bisherige Linie geändert. Nach Angaben aus Diplomatenkreisen ist es Deutschland aber wichtig, dass nur der Schutzstatus für den Wolf und nicht auch für andere Tiere geändert wird. Die EU-Kommission habe dies zugesagt. Zudem müsse aus deutscher Sicht eine Koexistenz von Wolf und Weidehaltung möglich sein.

Lemke sieht für Schutzstatusänderung ausreichende Grundlage

Bundesumweltministerin Steffi Lemke (Grüne) sieht für eine Absenkung des Schutzes für den Wolf in Deutschland ausreichende Grundlagen. "Die Bestandszahlen des Wolfes haben sich in den letzten Jahren so entwickelt, dass diese Entscheidung aus Sicht des Naturschutzes verantwortbar und aus Sicht der Weidetierhalter notwendig ist", teilte die Grünen-Politikerin in Berlin in Reaktion auf die Entscheidung mit.

Der Brandenburger Umweltminister Axel Vogel sieht die angekündigten Schritte der EU und des Bundes positiv. "Ich habe mich auch persönlich auf Bundesebene dafür eingesetzt, dass es Erleichterungen in der Bewertung der rechtlichen Voraussetzungen für Entnahmen dieser Wölfe geben soll", ließ Vogel mitteilen. "Unser Ziel ist es dabei, bei Absicherung eines guten Erhaltungszustandes der Wolfspopulation in unserer biogeographischen Region, die Weidetierhaltung zu erhalten und zu fördern. Diese leistet als Teil unserer Kulturlandschaft auch einen großen Beitrag zum Erhalt der biologischen Vielfalt. Wir werden die Tierhalter nicht nur wie bisher beim Herdenschutz, bei der Prävention und Entschädigung umfassend unterstützen, sondern alles daran setzen, eine schnellere und unbürokratische Entnahme von schadenstiftenden Wölfen rechtssicher zu ermöglichen."

Mit der Kursänderung reagiert die Bundesregierung auch auf eine Diskussion, die zunehmend aggressiv geführt wird. Risse von Nutztieren wie Schafen und Rindern häuften sich zuletzt, immer wieder protestierten Weidetierhalter. Die sogenannte Entnahme - in der Praxis die Tötung einzelner Tiere - ist gleichzeitig aufwändig. Entscheidungen über den Abschuss von Wölfen wurden teils durch Gerichtsentscheidungen verhindert.

Wolfsjagd

Europäischer Gerichtshof bestätigt Ausnahmen bei Wolfsjagdverbot

Wenn ein Wolf Schafe oder andere Tiere reißt, darf er nicht einfach so getötet werden. In Brandenburg wird schon länger ein leichterer Abschuss von Wölfen gefordert. Ein Gerichtsurteil zu einem Fall in Österreich macht Ausnahmen wahrscheinlicher.

Gesetzlich geschützt

Der Wolf ist eine gesetzlich geschützte Art laut Artikel 12 der EU-FFH-Richtlinie, also der Flora Fauna Habitat Richtlinie. Diese europarechtliche Vorgabe wird durch das Bundesnaturschutzgesetz umgesetzt und der Wolf somit besonders und streng geschützt. Verboten ist jedes Nachstellen, Fangen, Verletzen oder Töten von Wölfen.

In Brandenburg wurden 2023 laut BUND rund 50 Rudel und 10 Paare registriert, eine genaue Zuordnung der Tiere insgesamt nach Bundesland ist laut BUND schwierig. Der brandenburgische Jagdverband schätzt die Zahl der in Brandenburg lebenden Tiere auf mehr als 1.000.

Wolf war ausgerottet

Nach Angaben der Artenschutzorganisation WWF überlebte der Wolf zwar im Osten und Süden Europas, wurde in Westeuropa und damit auch in Deutschland Mitte des 19. Jahrhunderts aber ausgerottet. Die sächsische Fachstelle Wolf schreibt, dass in den 1970er und 1980er Jahren ein Umdenken erfolgte und der Wolf in vielen europäischen Ländern unter Schutz gestellt wurde. Laut Bundesumweltministerium wurden im Monitoringjahr 2022/2023 knapp 1.400 Wölfe in Deutschland nachgewiesen. Das Europäische Umweltbüro (EEB) - ein Dachverband von Umweltorganisationen - schätzt, dass es in Europa rund 20.000 Tiere gibt.

Der Deutsche Bauernverband warnt vor steigenden Angriffen auf Nutztiere durch Wölfe. Für 2022 gibt die Lobbyorganisation mehr als 4.300 getötete, verletzte oder vermisste Nutztiere an. 2018 lag diese Zahl den Angaben zufolge noch etwa halb so hoch. Dabei sind laut offiziellen Angaben auch die Ausgleichszahlungen für entsprechende Schäden in diesen Jahren deutlich gestiegen.

Sendung: Antenne Brandenburg, 25.09.2024, 15:00 Uhr

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