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Audio: Antenne Brandenburg | 18.10.2024 | Fred Pilarski | Quelle: imago images/A.Widak

Geflüchtete

Was die mögliche Aussetzung des Asylrechts in Polen für Brandenburg bedeutet

Polens Ministerpräsident Donald Tusk fährt einen harten Kurs in der Migrationspolitik. Unter anderem will er das Asylrecht an der Grenze zu Belarus aussetzen. Große Veränderungen an der deutsch-polnischen Grenze sind aber nicht zu erwarten.

Seitdem Polens Ministerpräsident Donald Tusk diese Woche ankündigte, das Asylrecht an der östlichen EU-Außengrenze aussetzen zu wollen, wird in Brandenburg über mögliche Auswirkungen auf die deutsch-polnische Grenze diskutiert.

In der Region wird befürchtet, dass dadurch der Druck auf der deutsch-polnischen Grenze in Brandenburg steigen könnte, an der die Bundespolizei seit einem Jahr stationäre Grenzkontrollen durchführt. In den kommenden Monaten dürfte sich aber in Brandenburg wenig ändern: Nicht nur, weil Polen die europäischen Asylregelungen nicht einseitig ändern dürfte, sondern vor allem deswegen, weil aktuell nur wenige Menschen einen Asylantrag in Polen stellen.

Im ersten Halbjahr waren es nach offiziellen Angaben etwa 7.600 Personen. Zum Vergleich: In Deutschland wurden im selben Zeitraum laut dem Bundesamt für Migration und Flüchtlinge etwa 132.000 Anträge gestellt.

Ein Jahr seit Wiedereinführung der Kontrollen

Bundespolizei will an deutsch-polnischer Grenze unberechenbar bleiben

Seit einem Jahr gibt es an den Grenzen zwischen Deutschland und Polen wieder Kontrollen. Damit sollen unerlaubte Einreisen verhindert werden. Die Bundespolizei wolle dabei unberechenbar bleiben. Auch wird mehr zurückgewiesen.

Recht auf Asyl in der polnischen Verfassung verankert

Für die deutsch-polnische Grenze in Brandenburg dürfte die Entscheidung aus Warschau keine nennenswerten Auswirkungen haben, glaubt auch Tim Beichelt, Professor für Europa-Studien an der Europa-Universität Viadrina. Polen schiebe bereits viele Menschen an der Grenze zu Belarus zurück, wenn sie es überhaupt über die stark gesicherte Grenze schaffen. "Insofern ist es so, dass Tusk thetorisch etwas vollzieht, was Praxis ist. Aber da es eine Praxis ist, die in gewisser Weise illegal ist, reden alle darüber", sagte Beichelt dem rbb.

Polens Regierungschef begründete seine Entscheidung vielmehr mit dem Geschehen an der Grenze zu Belarus. Vom dortigen Regime werden nach Angaben der polnischen Regierung und zahlreichen Beobachtern Migranten an die Grenze gebracht, um das EU-Land Polen zu destabilisieren. Das Recht auf Asyl ist in der polnischen Verfassung verankert.

"Es geht darum, innenpolitische Signale zu setzen"

Der Politikwissenschaftler Beichelt warnt angesichts deutscher Alleingänge vor moralischer Kritik: "Die Grenzkontrollen wurden ohne Konsultation mit der polnischen Seite eingeführt." Wenn man auf deutsch-polnische Zusammenarbeit setzen wolle, dann hätte man sie vorher informieren müssen, so Beichelt. "Aber das ist die Entscheidung gewesen. Es geht darum, innenpolitische Signale zu setzen." Beide Regierungen würden zeigen wollen, dass sie etwas gegen illegale Migration tun. Auch die Grenzkontrollen in Frankfurt (Oder) hätten eine "symbolische Bedeutung", so der Politikprofessor.

Seit Einführung der Grenzkontrollen im Oktober 2023 und bis August 2024 hat die Bundespolizei nach eigenen Angaben an der deutsch-polnischen Grenze und am Flughafen BER 10.974 unerlaubte Einreisen festgestellt. Das entspricht in etwa dem Niveau des Vergleichszeitraums ein Jahr zuvor. Was doch neu ist: In dieser Zeit wurde etwa jeder Zweite zurückgewiesen, was früher nicht möglich gewesen war.

Polens Ministerpräsident Tusk hatte noch im September die Pläne der deutschen Bundesregierung, die Kontrollen an allen deutschen Landesgrenzen zu erweitern, scharf kritisiert. Das Schengen-Abkommen werde damit praktisch ausgesetzt. "Was Polen braucht, ist nicht eine Verstärkung der Kontrollen an unserer Grenze, sondern eine stärkere Beteiligung von Ländern wie Deutschland an der Bewachung und Sicherung der Außengrenzen der EU", sagte damals Polens Regierungschef Tusk.

Mit Material von Fred Pilarski

Sendung: Antenne Brandenburg, 17.10.2024, 16:40 Uhr

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