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Video: rbb24 Abendschau | 22.10.2024 | Olaf Sundermeyer | Quelle: dpa/Patrick Pleul

Migrationspolitik

"Sicherheit ist für unseren Rechtsstaat und unsere Demokratie wichtig"

Berlins Polizeipräsidentin Slowik fordert einen neuen Umgang mit zugewanderten Gewalttätern. Der Leiter der Zentralen Ausländerbehörde Brandenburgs kritisiert Aktivistennetzwerke, die gezielt vor Abschiebeflügen warnen. Von Olaf Sundermeyer und René Althammer, rbb24 Recherche

Seit Jahren ist die Gegend rund um den Fernsehturm ein beliebter Treffpunkt junger Männer, die in den vergangenen Jahren als Zuwanderer nach Berlin kamen. Der Platz gilt unter Zugewanderten als einer der Treffpunkte in der Stadt. Für die Polizei hingegen gilt er seit Jahren als kriminalitätsbelasteter Ort. Die Antwort darauf war die Einrichtung der Alex-Wache im Dezember 2017. Die Präsenz der Polizei soll das zu Teilen verloren gegangene Sicherheitsgefühl der Berlinerinnen und Berliner wieder herstellen und Straftaten verhindern.

Frankfurt (Oder)

Arbeit für Integrationshelfer wird schwieriger

Einmal in der Woche organisiert die evangelische Kirchengemeinde St. Georg ein Begegnungscafé mit Geflüchteten im Frankfurter Gemeindehaus. Doch Integrationshelfer stehen zunehmend unter Druck. Sie fürchten sich vor Anfeindungen.

Für Berlins Polizeipräsidentin Barbara Slowik geht es dabei nicht nur um Kriminalitätsbekämpfung, sondern um den Zusammenhalt in der Gesellschaft. Es sei eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe, der Gewaltkriminalität, die von Zugewanderten ausgeht, zu begegnen. Die Menschen in Deutschland müssen sich sicher fühlen. "Das ist für unseren Rechtsstaat und damit für unsere Demokratie wichtig", sagt die Polizeipräsidentin im rbb-Interview. Dazu gehöre auch, dass die Zugewanderten von Anfang an auf ihrem Weg "in ein demokratisches Wertesystem, in Kindertagesstätten, in Schulen und in Jugendeinrichtungen" begleitet werden.

Mit Blick auf die Gewaltkriminalität und so genannte Messerstraftaten bereiten Slowik vor allem die psychisch auffälligen Menschen unter den Zugewanderten Sorgen. Für sie gäbe es nach ihrer Einschätzung keine ausreichende Betreuung in der Hauptstadt.

Wilke: Unsicherheitgefühl gewachsen

Was für die Berliner der Alexanderplatz, das ist für René Wilke, Oberbürgermeister von Frankfurt (Oder), der Pablo-Neruda-Block im Stadtzentrum. Dort wurde Anfang September ein 15-jähriger Syrer festgenommen, der verdächtigt wird, an den Planungen zum vereitelten Anschlag auf ein Taylor-Swift Konzert in Wien im Sommer dieses Jahres beteiligt gewesen zu sein.

Wilke weiß, Einheimische wie Migranten fühlen sich unsicher in der Nähe der Gruppen junger Männer, die sich dann und wann auch gegenseitig bekämpfen. Das Unsicherheitsgefühl sei gewachsen. Im Sommer hat er sich hilfesuchend in einem offenen Brief an die Polizei gewendet, die Sicherheit in der Stadt sei nicht mehr gewährleistet. Jetzt soll es mehr Streifen geben. Ein Anfang.

Anspruch auf Schutz nicht für alle

Wilke ist kein Scharfmacher, als Merkel "Wir schaffen das" sagte, war er noch nicht im Amt. Sein Fazit: Zu viele Zuwanderer seien zu schnell nach Deutschland gekommen und hätten die deutsche Gesellschaft an die Grenze der Aufnahmefähigkeit gebracht.

"Es war falsch", sagt Wilke im Interview mit dem rbb, "davon auszugehen, dass jemand in ein anderes Land kommt und sich nach ein paar Wochen so weit angepasst hat, dass er sagt, ich mache das jetzt alles so, wie die das hier machen". Die Zuwanderung sei "unkontrolliert" erfolgt, war "zu wenig bearbeitbar", so dass der Eindruck von Kontrollverlust entstanden sei.

Seit dem Kanzlerinnen-Satz "Wir schaffen das" wurden knapp 2,62 Millionen Asylanträge in Deutschland gestellt. Nach dem Überfall Russlands auf die Ukraine sind zusätzlich 1,2 Millionen Ukrainerinnen und Ukrainer ins Land gekommen. Sie alle müssen verpflegt werden, brauchen ein Bett und Schulplätze für die Kinder. Syrer, Türken, Afghanen, Kongolesen - die Menschen kommen aus unterschiedlichen Kulturen und verändern das Zusammenleben in Deutschland. Und nicht alle haben Anspruch auf Schutz.

Geflüchtete

Was die mögliche Aussetzung des Asylrechts in Polen für Brandenburg bedeutet

Polens Ministerpräsident Donald Tusk fährt einen harten Kurs in der Migrationspolitik. Unter anderem will er das Asylrecht an der Grenze zu Belarus aussetzen. Große Veränderungen an der deutsch-polnischen Grenze sind aber nicht zu erwarten.

Abzuschiebende werden von Aktivisten gewarnt

Im Sommer zählte die Zentrale Ausländerbehörde in Brandenburg gut 4.500 ausreisepflichtige Personen. Bis Mitte Oktober haben 779 das Land verlassen, die meisten gingen freiwillig, 207 Menschen wurden abgeschoben.

Olaf Jansen leitet die Zentrale Ausländerbehörde. Seine Mitarbeiter:innen sind es, die Menschen, die keinen Anspruch auf Schutz haben, abschieben – wenn sie nicht freiwillig gehen. Doch immer wieder scheitern Abschiebungen an bürokratischen Hürden. Viele reizen den Rechtsweg bis zum Ende aus. "Es ist ein Riesenproblem, dass Abschiebungen extremst erschwert werden und davon profitieren die falschen Menschen", sagt Jansen im Interview mit dem rbb. Auch wenn die Verfahren inzwischen beschleunigt wurden, dauere es immer noch rund zwei Jahre, bis jemand mit seinem Asylantrag rechtskräftig abgelehnt werde. In dieser Zeit würden aber oft die Pässe ablaufen, erklärt Jansen weiter. Ohne gültigen Pass kann aber nicht abgeschoben werden. Also sei man auf die Kooperation der Heimatländer angewiesen, die genau dies verweigern. Dazu gehört auch Russland, was die Abschiebung von zahlreichen Tschetschenen äußerst schwierig macht.

Hinzu käme, so Jansen, dass abzuschiebende Personen inzwischen von einem professionellen Aktivistennetzwerk systematisch gewarnt würden. Die Aktivisten würden gezielt nach Charterfügen für Abschiebungen suchen und die Betroffenen warnen, die dann untertauchen.

Sendung: rbb24 Reportage – Grenzen der Zuwanderung, 22.10.2024, 20:15 Uhr

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Beitrag von Olaf Sundermeyer und René Althammer

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