Zweite Instanz
Müssen sich Eltern von etwa 35.000 Berliner Kita-Kindern ab Montag nach einer alternativen Betreuung umsehen? Das Landesarbeitsgericht entscheidet voraussichtlich am Freitag, ob ein von Verdi geplanter unbefristeter Streik doch durchgeführt werden darf.
Das Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg will voraussichtlich am Freitag darüber entscheiden, ob der von der Gewerkschaft Verdi unbefristete Streik an den gut 280 kommunalen Berliner Kitas zulässig ist.
In erster Instanz hatte sich die Senatsfinanzverwaltung im Eilverfahren erfolgreich gegen die Aktion gewehrt. Das Arbeitsgericht hatte den Kita-Streik untersagt. Die Gewerkschaften Verdi und GEW hatten den ursprünglich ab dem 30. September geplanten unbefristeten Streik daraufhin absagen müssen.
Dagegen ist Verdi in Berufung gegangen, sodass nun das Landesarbeitsgericht entscheiden muss. Sollten die Richter das Verbot kippen, will Verdi bereits am Montag mit dem Streik beginnen.
In dem Konflikt fordern die Gewerkschaften, die Erzieher in den kommunalen Kita-Eigenbetrieben zu entlasten. Festgelegt werden soll aus Gewerkschaftssicht insbesondere, für wie viele Kinder eine Erzieherin höchstens zuständig ist. Für die Berliner Erzieher der kommunalen Kita-Eigenbetriebe pocht Verdi auf "verbindliche Entlastungsregelungen, die für die Kolleginnen einklagbar" sind.
Vorbild für eine solche Entlastungsregelung sind ähnliche Vereinbarungen in anderen Bundesländern - vor allem an der Uni-Klinik Schleswig-Holstein, bekannt als "Kieler Modell". Demnach schließt der Arbeitgeber mit der Gewerkschaft einen Vertrag ab, in dem unter anderem eine Mindestbesetzung in den jeweiligen Schichten zugesagt wird. Wird die Mindestbesetzung unterschritten, erhalten alle Mitarbeitenden, die im Dienst sind, das Anrecht auf bezahlte freie Tage.
Bildungssenatorin Katharina Günther-Wünsch (CDU) hat die Gewerkschaft Verdi aufgerufen, mit ihr inhaltlich über die Situation in den kommunalen Kitas zu sprechen. Sie erkenne an, dass es für die Erzieherinnen und Erzieher belastende Situationen gibt, hatte die Senatorin in der vergangenen Woche dem rbb gesagt. Die Forderung der Gewerkschaft nach mehr Mitarbeitenden müsse aber mit den freien Kita-Plätzen in der Stadt abgeglichen werden.
Mehr Erzieherinnen und Erzieher über Nacht könne es wegen des Fachkräftemangels nicht geben, so die Senatorin weiter. Es könne für mehr Entlastung gesorgt werden, indem Aufgaben von anderen Professionen übernommen würden, wie es bereits in den Schulen der Fall sei.
Der Senat lehnt Tarifverhandlungen bisher grundsätzlich ab. Aus seiner Sicht kann das Land Berlin diese nicht im Alleingang führen, weil es Mitglied der Tarifgemeinschaft deutscher Länder (TdL) ist. Dort drohe bei einem Berliner Sonderweg der Rausschmiss.
Mit seiner "unkonstruktiven Haltung" provoziere der Senat den Streik, hatte Verdi in seiner ursprünglichen Streik-Ankündigung erklärt. Der Senat wiederum wirft der Gewerkschaft vor, sie setze auf Eskalation und gefährde dadurch eine verlässliche Betreuung der Kinder.
Knapp zehn Prozent der rund 2.900 Kitas in Berlin gehören zu sogenannten kommunalen Eigenbetrieben. Dort betreuen rund 7.000 Erzieherinnen und Erzieher sowie weitere Beschäftigte etwa 35.000 Kinder - rund ein Fünftel aller Kita-Kinder. Die übrigen Einrichtungen werden von freien Trägern betrieben.
Sendung: rbb24 Radioeins, 11.10.2024, 9:00 Uhr
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