Berliner Linke will Antisemitismus-Streit aufarbeiten
Die Linke in Berlin will nach dem Eklat auf ihrem Landesparteitag und dem internen Antisemitismus-Streit einen Aufarbeitungsprozess starten. Die beiden Landesvorsitzenden Maximilian Schirmer und Franziska Brychcy kündigten ein Maßnahmenpaket und einen Dialog mit jüdischen Gemeinden und von Rassismus betroffenen Communities an.
"Als Linke stehen wir gemeinsam und entschieden gegen jede Form von Antisemitismus. Wir stehen für eine Politik, die Menschen jüdischen Glaubens schützt", erklärten Brychcy und Schirmer nach einer Sondersitzung des Landesvorstands. Beide sprachen von einer "klaren Grenze", die dieser Beschluss markiere.
Der Landesvorstand hat am Abend eine Resolution verabschiedet, die nach Angaben von Teilnehmern bei einer Enthaltung angenommen wurde. Darin heißt es wörtlich: "Unsere Solidarität endet aber dort, wo das Massaker des 7. Oktober als Akt des Widerstandes gefeiert wird oder die Kriegsverbrechen der israelischen Armee bejubelt werden."
Beim Parteitag der Linken in Berlin sollte auch ein Antrag gegen Antisemitismus vorgestellt werden. Doch der Antrag konnte nicht verabschiedet werden - Parteimitglieder verließen daraufhin die Veranstaltung. Von Sebastian Schöbel
Unter Protest den Parteitag verlassen
Der parteiinterne Streit hatte sich daran entzündet, dass eine Reihe von prominenten Politikern der Partei kritisiert hatte, dass auch in Teilen der Linken die Verbrechen der Hamas glorifiziert und die Terrororganisation unterstützt werde. Darunter der ehemalige Kultursenator Klaus Lederer und die ehemalige Sozialsenatorin Elke Breitenbach.
Ihr Antrag, der auf eine klare Verurteilung des Überfalls der Hamas auf Israel abzielte und in dem Zusammenhang von einem "eliminatorischen Antisemitismus" sprach, fand auf dem Parteitag in der ursprünglich vorgelegten Form keine Mehrheit. Lederer, Breitenbach und andere verließen daraufhin unter Protest den Parteitag.
Kurz darauf erklärte der ehemalige Fraktionsvorsitzende der Linken im Abgeordnetenhaus, Udo Wolf, nach mehr als 30 Jahren Mitgliedschaft seinen Parteiaustritt. Wolf sprach davon, dass eine persönliche Schmerzgrenze überschritten sei. Das Existenzrecht Israel sei für ihn nicht verhandelbar.
Zuletzt hatte Ines Schwerdtner angekündigt, bei der Bundestagswahl 2025 das Direktmandat für die Linke in Lichtenberg - bislang mehrfach von Gesine Lötzsch geholt - anzustreben. Zusammen mit Jan van Aken wurde sie nun zur neuen Bundesspitze der Partei gewählt.
Drohen weitere Parteiaustritte?
Mit dem ehemaligen Pankower Bezirksbürgermeister Sören Benn hat inzwischen ein weiterer profilierter Politiker die Partei verlassen. Auch er kritisierte den Umgang mit Antisemitismus und attestierte der Partei eine Strategieunfähigkeit und einen unreflektierten Blick auf die veränderte Weltlage.
Ob der Beschluss des Linken-Landesvorstandes nun ausreicht, um die Wogen zu glätten, ist noch unklar. Am Abend wollte die Gruppe um Ex-Senator Lederer beraten, wie es weitergeht. Zuletzt hatte es parteiintern immer geheißen, dass weitere Ausritte nicht ausgeschlossen seien.