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Video: Brandenburg aktuell | 17.10.2024 | Philipp Manske, Daniel Friedrich | Quelle: rbb/Friedrich

Nach Beurlaubung

Vize-Landrätin von Dahme-Spreewald steht wohl vor Abwahl

In der Kreisverwaltung von Dahme-Spreewald rumort es: Im August hat Landrat Sven Herzberger den langjährigen Wirtschaftsförderer fristlos entlassen. Nun könnten auch die Tage seiner bisherigen Stellvertreterin gezählt sein. Von Daniel Friedrich und Phillipp Manske

Im Kreistag von Dahme-Spreewald bleibt ein Stuhl seit Wochen leer: Es ist der Platz von Susanne Rieckhof (SPD). Die Vize-Landrätin ist nach ihrem Sommer-Urlaub nicht mehr wiedergekommen - sie wurde suspendiert. Ihr Chef, Landrat Sven Herzberger (parteilos), wirft ihr nach rbb-Informationen vor, eine E-Mail an ihn gelöscht zu haben.

Das sei ein schwerwiegender Vertrauensbruch, für den Rieckhof allein die Verantwortung trage: "Sie müssen jederzeit wissen, dass die 1. Beigeordnete ihnen nichts verheimlicht, nichts vor ihnen verbirgt. Und dieses Verhältnis ist eben zerstört. Deshalb kann ich mit Frau Rieckhof nicht mehr weiter arbeiten", so Herzberger.

Über weitere Details, etwa, worum es in der E-Mail ging, will Herzberger mit Verweis auf laufende Verfahren nichts sagen. Nur so viel: Er habe sich zum Schutz der Kreisverwaltung gezwungen gesehen, zu handeln. Alles andere hätte die Funktionsfähigkeit der Verwaltung schwerwiegend beeinträchtigen können.

Dahme-Spreewald

Stellvertretende Landrätin scheitert vor Verwaltungsgericht

Wollte der Landrat seine ehemalige Konkurentin loswerden?

Herzberger wählt seine Worte bewusst. Er ist Jurist, genau wie Rieckhof. Sie äußert sich selbst nicht zu den Vorwürfen, geht allerdings per Anwalt gegen ihre Suspendierung vor. Ihre Anträge gegen die Beurlaubung hatten zuletzt vor dem Cottbuser Verwaltungsgericht keinen Erfolg. Das Gericht sah es als zulässig an, dass die Vize-Landrätin bis zur Aufklärung der Vorwürfe nicht mehr beim Landkreis arbeiten darf. "Eine Entscheidung über die Vorwürfe beziehungsweise deren Richtigkeit selbst lässt sich dem Beschluss des Verwaltungsgerichts nicht entnehmen", schreibt ihr Anwalt dazu.

Der Fall hat durchaus Geschmäckle: Der parteilose Herzberger und die SPD-Politikerin Rieckhof sind bei der Landrats-Wahl vor einem Jahr noch gegeneinander angetreten. Rieckhof war zu diesem Zeitpunkt schon Vize-Landrätin, Herzberger konnte die Wahl am Ende für sich entscheiden und wurde ihr Chef.

In den Zeitraum des Wahlkampfs fällt nun noch ein zweiter Vorwurf: Im Beisein von Rieckhof soll der inzwischen fristlos gekündigte Wirtschaftsförderer des Landkreises um Spenden geworben haben - und zwar für Rieckhof. Eine späte Rache also von Wahlsieger Herzberger? "Es ist keine Retourkutsche, weil sie Gegenkandidatin war. Das wäre auch Quatsch. Wenn man das unterstellen würde, dann hätten wir uns, glaube ich, vor oder zum Amtsantritt unterhalten. Und wenn wir vertrauensvoll zusammengearbeitet hätten, wäre das heute auch noch so", widerspricht Herzberger den Vorwürfen.

Susanne Rieckhof

Landrat von Dahme-Spreewald beurlaubt seine Stellvertreterin

In der Kreisverwaltung Dahme-Spreewald brodelt es: Landrat Sven Herzberger hat seine Stellvertreterin Susanne Rieckhof beurlaubt. Als Grund nennt er zerstörtes Vertrauen. Mit einer mutmaßlichen Spendenaffäre soll der Vorgang nichts zu tun haben.

Fraktionen noch uneins über Abwahl

Während die Staatsanwaltschaft nun gegen Rieckhof vorermittelt, ist die Personalie das Gesprächsthema im Kreistag. Hier hat der Landrat im nicht-öffentlichen Teil ausführlicher über die Vorwürfe gesprochen, als er es gegenüber der Öffentlichkeit darf. Einen Teil der Abgeordneten hat das offenbar überzeugt: Sie wollen die 1. Beigeordnete so bald wie möglich abwählen, sagt zum Beispiel Benjamin Kaiser für die Fraktion aus CDU/FDP/ Bauern/StdD: "Die Dinge, die uns bekannt sind, sind für uns völlig ausreichend für eine Abwahl von Frau Rieckhof. Wir sehen das Vertrauensverhältnis zwischen Landrat und 1. Beigeordneten als schwer gestört an."

Auch die AfD sieht das so und wird für die Abwahl der stellvertretenden Landrätin stimmen: "Wir als Fraktion sehen das mit großem Erschüttern, was hier in den letzten Jahren – auch im Wahlkampf – passiert ist durch Frau Rieckhof. Daher ist eine weitere Zusammenarbeit mit uns und im Sinne des Landkreises nicht mehr vertretbar", sagt Fraktionschef Vincent Fuchs.

Deutlich zurückhaltender äußert sich dagegen Andrea Lübke. Sie ist Vorsitzende der größten Kreistagsfraktion aus SPD, Grünen, Linken, Wir für KW und BIS: "Wir halten den Zeitpunkt für dieses Abwahlverfahren für falsch. Das liegt daran, dass wir nur eine Seite des Sachverhalts kennen. Frau Rieckhof hatte bisher keine Möglichkeit, ihre Sicht der Dinge darzulegen."

Auch eine Akteneinsicht sei der Fraktion bisher durch den Landrat nicht gewährt worden, so Lübke. Ob ihre Fraktion unter diesen Umständen einer Abwahl zustimmt, sei noch nicht entschieden. Immerhin braucht es dafür eine Zwei-Drittel-Mehrheit, was 38 Abgeordneten entspricht. Die Fraktion hinter Lübke kommt auf 18 Mitglieder und könnte damit ohne Hilfe die Abwahl nicht verhindern.

Vizelandrätin steht weitere Bezahlung zu

Sollte es tatsächlich zur Abwahl kommen, könnte sie für den Steuerzahler teuer werden. Denn Susanne Rieckhof stehen gut 71 Prozent ihrer bisherigen Bezüge zu – und zwar gut zweieinhalb Jahre lang. Für diesen Zeitraum wäre sie normalerweise noch im Amt gewesen.

Laut Kreisverwaltung beläuft sich das Ruhegeld damit auf rund 220.000 Euro, für die der Steuerzahler aufkommen muss, obwohl die Beigeordnete nicht mehr in der Verwaltung arbeiten würde.

Noch sind alle Vorwürfe gegen Susanne Rieckhof nicht belegt und es gibt auch kein Gerichtsurteil. Doch bis die Vorwürfe juristisch aufgearbeitet sind, wollen die Kreistagsabgeordneten nicht mehr warten: Am 13. November wird es einen Sonderkreistag geben. Das Ziel: die Abwahl der Vize-Landrätin.

Sendung: rbb24 Brandenburg aktuell, 17.10.2024, 19:40 Uhr

Anmerkung der Redaktion: In einer früheren Version des Textes hieß es, das Ruhegeld belaufe sich nach rbb-Informationen auf 300.000 Euro. Das ist falsch. Der Landkreis teilte mit, dass sich das Ruhegeld lediglich auf 220.000 Euro belaufe. Wir haben den Fehler korrigiert und bitten, ihn zu entschuldigen.

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