US-Präsidentschaftswahl
Auch in Berlin und Brandenburg können rund 22.000 US-Bürger ihren künftigen Präsidenten oder ihre Präsidentin wählen. Bei dem Ausgang der Präsidentschaftswahl am 5. November kommt es wohl auch auf ihre Stimmen an. Die wichtigsten Antworten.
Wer einen US-amerikanischen Pass besitzt und mindestens 18 Jahre alt ist, darf am 5. November wählen, das betrifft insgesamt 250 Millionen US-Amerikanerinnen und -Amerikaner. Es gilt auch für Staatsangehörige, die ihren Wohnsitz im Ausland haben.
Das US-Außenministerium schätzt, dass 8,7 Millionen US-Bürgerinnen und -Bürger (Expatriates) im Ausland leben - darunter auch Soldaten und Regierungsangestellte. Davon sind etwa 6,7 Millionen wahlberechtigt [uswahl.lpb-bw.de].
Laut Statistischem Bundesamt lebten zum Stichtag 31.12.2023 1.425 US-Bürger in Brandenburg und 21.585 in Berlin, Angehörige der Streitkräfte und Diplomaten nicht mitgezählt. Von diesen sind 20.425 US-Amerikaner in Berlin und 1.300 in Brandenburg wahlberechtigt.
US-Amerikaner, die im Ausland leben, können nicht in den Botschaften und Konsulaten ihres Heimatlandes wählen, sondern müssen sich zur Briefwahl anmelden. Ihre Wahlunterlagen müssen sie extra anfordern. Dafür füllen sie online ein Formular aus, schicken es per Post oder E-Mail an den US-Bundesstaat, in dem sie zuletzt gelebt haben. Denn dort muss man sich zunächst zur Wahl registrieren. Dieses Formular sollte man mindestens 45 Tage vor der Wahl beantragen, um genügend Zeit für die Bearbeitung zu haben - damit gab es in der Vergangenheit immer wieder Schwierigkeiten.
Klappt alles, bekommt man einen Wahlzettel zugeschickt und gibt seine Stimme ab. Erst-Wählende oder im Ausland geborene US-Bürger können dabei auch die letzte Adresse der Eltern angeben [uswahl.lpb-bw.de]. Ein Problem: Die Wahlbehörden schicken häufig Umschläge für die Briefwahl, die für das Inland bestimmt sind - nicht für das Ausland, wo sie eigentlich hinmüssen.
Nicht nur deshalb gilt die Briefwahl als außerordentlich kompliziert. Auch, weil die Regeln zur Registrierung in jedem US-Staat und jedem Wahlbezirk anders sind - mal kann nur per Brief gewählt werden, mal per E-Mail oder sogar noch per Fax. Das US-Bundesprogramm zur Wahlunterstützung - genannt Federal Voting Assistance Program (FVAP) - fragte bei jenen im Ausland nach, die sich 2020 Wahlunterlagen bestellten, ihre Stimme aber nicht abgaben. Von diesen sagten 82 Prozent, sie seien nicht imstande gewesen, das Verfahren abzuschließen. Einer der es geschafft hat, war rbb|24-Redakteur Mark Perdoni, in den USA geboren - er beschreibt in diesem Text von 2016, wie schwierig es war, zu wählen.
US-Bürger in Deutschland können Unterstützung von Organisationen wie "Democrats Abroad", "Republicans Overseas", und verschiedenen US-Botschaften und Konsulaten erhalten. Weitere Informationen und Unterstützung bieten auch Websites wie "Vote From Abroad"[votefromabroad.org] und "Overseas Vote Foundation"[overseasvotefoundation.org].
Im Schnitt lag die Wahlbeteiligung der im Ausland lebenden US-Bürger bei der Präsidentschaftswahl 2020 bei gerade einmal bei 7,8 Prozent, wie es in einer Auswertung beim Federal Voting Assistance Program (FVAP) heißt. In Deutschland waren es demnach immerhin 25 Prozent, wobei die FVAP unter Berufung auf Schätzungen weniger Wahlberechtigte annimmt als das Statistische Bundesamt. Das ist ein etwa dreimal so hoher Wert wie in Großbritannien, Kanada, Australien und Japan, wie Zahlen des FVAP zeigen [welt.de].
Wie viel genau die sogenannten "Expats" ausrichten können, ist auch mangels Daten zur genauen Verteilung auf die Bundesstaaten schwer festzumachen.
Besonders entscheidend für die demokratischen und republikanischen Wahlinitiativen sind die US-Amerikanerinnen und -Amerikaner im Ausland, die ihre Stimmen in einem der "Swing States" abgeben, also Bundesstaaten mit wechselnden Mehrheiten wie etwa Arizona, Florida oder Michigan. Sie sind bei erwartet knappen Wahlausgängen besonders wichtig - und knapp wird es laut Prognosen auch in diesem Jahr [uswahl.lpb-bw.de]. Am 23. Oktober führte Kamala Harris gegenüber Trump laut Umfragen unter anderem von ABC News/538, Economist und Fox News mit gerade einmal 226 zu 219 prognostizierten Wahlleuten. Für die Mehrheit sind 270 nötig - der offene Rest hängt an den "Swing States". Auch hier liegen mehreren Umfragen zufolge die amtierende Vizepräsidentin Harris und der ehemalige Präsident Trump gleichauf.
Bei der US-Wahl im Jahr 2000 erhielt der demokratische Kandidat Al Gore am Wahltag in Florida 202 Stimmen mehr als George W. Bush. Doch Bush gewann nach Auszählung der Briefwahlzettel aus dem Ausland den Bundesstaat – mit 537 Stimmen Vorsprung. Damals gab es im Anschluss zwar Diskussionen um die Rechtmäßigkeit der Wahl - dennoch zeigt das Beispiel, welchen Einfluss Auslandsamerikaner auf die US-Wahlen nehmen können [fr.de].
Aber auch bei der Wahl Biden gegen Trump wurde es 2020 stellenweise sehr knapp. In Wisconsin etwa lag der Demokrat Joe Biden damals gerade einmal mit 20.467 Stimmen vor dem Republikaner Trump. Entschieden wurde das Rennen dort erst durch die Briefwahlstimmen. In Georgia lag der Unterschied rund 14.000 Stimmen, in Arizona bei nur gut 10.000. Auch bei hauchdünnem Vorsprung nimmt in fast allen Bundesstaaten die Person auf Rang eins alle Stimmen für die Präsidentenwahl mit, der oder die Unterlegene geht leer aus.
Der US-Wahlkampf läuft auch in Deutschland. Vor allem durch die Organisationen der beiden konkurrierenden Parteien, Democrats Abroad und Republicans Overseas.
Die Democrats Abroad gehören zur Demokratischen Partei und bekommen nach eigenen Angaben von dort finanzielle Unterstützung für den Wahlkampf in Deutschland. Dazu gehören Stände auf Großveranstaltungen wie dem Christopher-Street-Day (CSD), aber auch "Phonebanking" genannte Events. Dabei werden Mitglieder abtelefoniert und sollen zum Wählen motiviert werden. "Das ist in den USA nicht nur Tradition, sondern das ist eine sehr wichtige Wahlkampfstrategie", sagt die Berliner Democrats-Abroad-Vorsitzende Constance Chucholowski. "Das ist Teil dessen, was man in den USA 'Get out the vote - GOTV' nennt. Das ist die Mobilisierung knapp vor der Wahl."
Die Republicans Overseas machen nicht so sichtbar Wahlkampf in Deutschland, wie deren Mitglied Benjamin Wolfmeier bestätigt. Sie sind keine Parteigliederung und bekommen auch kein Geld von den Republikanern in den USA. Und sie sagen, sie seien sich bewusst, dass ihr Kandidat Donald Trump hier kein Publikumsliebling ist. Nach einer ARD-"Deutschlandtrend"-Umfrage vom August würden nur zehn Prozent der befragten Deutschen für Donald Trump stimmen, wenn sie mitmachen könnten [dw.com]. 77 Prozent der Befragten waren für Harris. Eine aktuelle Umfrage des Meinungsforschungsinstituts Ipsos [ipsos.com] ergab einen Wert von zwei Dritteln der befragten Deutschen, die sich für Kamala Harris entscheiden würden, wenn sie wählen dürften."Unsere Mitglieder wollen in der Öffentlichkeit nichts machen", sagt der Republikaner Benjamin Wolfmeier. Das liege auch an Sicherheitsbedenken. Die mediale Berichterstattung führe dazu, "dass Linke in Deutschland meinen, sie müssten gegen die Republikaner vorgehen".
In Berlin gibt es zwar Veranstaltungen, auf denen man die Übertragung der US-Präsidentschaftswahl in der Nacht vom 5. auf den 6. November deutscher Zeit verfolgen kann - das aber nur per Einladung für einen Personenkreis aus Politik, Wirtschaft und Kultur. Das Aspen Institute Germany zum Beispiel organisiert ein Public Viewing in der Landesvertretung von Baden-Württemberg in Berlin, für 1.200 Teilnehmerinnen und Teilnehmer. Das rbb|24 Inforadio berichtet live von dort.
Die Democrats Abroad veranstalten ein Public Viewing im Kino Babylon am Rosa-Luxemburg-Platz, das ist allerdings bereits ausverkauft. Sie bieten außerdem eine virtuelle Pyjama-Party an, man kann sich zuhause einloggen und dann gemeinsam gucken [democratsabroad.org]. Die Republicans Overseas planen auf rbb-Anfrage keine Veranstaltung.
Ein paar Kneipen in Berlin laden zum gemeinsamen Gucken ein: Das "Teckel" in der Neuköllner Pflügerstraße zum Beispiel, ab 23 Uhr "mit original amerikanischen Snacks". In der Neuköllner Jazzkneipe "donau115" in der Donaustraße geht es um 23:45 Uhr los. In den Vereinsräumen des queeren "Aha Berlin e.V." in der Monumentenstraße wird die Dragqueen Sophie Dieschong-Sen ab 23 Uhr den Wahlabend moderieren. Das John-F.-Kennedy-Institut in Dahlem veranstaltet eine Studi-Wahlparty ab 21 Uhr in der Caféte in der Lansstraße 7-9, nahe der U-Bahn-Station Dahlem-Dorf. Ob Ihre Kneipe um die Ecke den Fernseher anschmeißt, wird nur die Nachfrage bei Wirt oder Wirtin aufklären können.
Wer zuhause gucken und die Nacht zum Tag machen möchte: Das ZDF berichtet live und umfassend über die US-Wahl, ab 0:30 Uhr aus dem Futurium in Berlin und aus Washington, sowohl im Fernsehen als auch im Livestream in der Mediathek - bis das Ergebnis feststeht [zdf.de]. Auch das Erste überträgt live Zwischenergebnisse, Einschätzungen und Hintergründe aus Washington und mit zugeschalteten Reporterinnen und Reportern in den "Swing States" [daserste.de]. Los geht es ab 22:15 Uhr mit den Tagesthemen live aus Washington, ernst wird es ab 1 Uhr mit der Live-Wahlsendung bis zum frühen Morgen.
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Sendung: Fritz, 28.10.2024, 13:30 Uhr
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