Landesparteitag
In Berlin-Mitte will die Landes-SPD die Weichen für den Bundestagswahlkampf stellen. Aber es geht auch um landespolitische Themen. Beim 29-Euro-Ticket gehen die Genossen auf Konfrontation zum Koalitionspartner.
Die Berliner SPD ist am Samstag zu einem Landesparteitag in Mitte zusammengekommen. Neben der Vorbereitung der Bundestagswahl geht es dabei um zahlreiche landespolitische Themen wie das 29-Euro-Ticket, das drei Milliarden Euro schwere Sparprogramm sowie die Personalsituation in den Kitas. Den Delegierten liegen etwa 300 Anträge vor.
Zum Auftakt des Parteitags sagten die Vorsitzenden der Berliner SPD, Martin Hikel und Nicola Böcker-Giannini, die SPD müsse sich als die Partei präsentieren, die Politik für die gesamte Gesellschaft mache und Kompromisse schmiede. Konkret sprachen sich beide dafür aus, Lebenshaltungskosten und besonders Energiepreise zu senken. Der Mindestlohn müsse auf 15 Euro angehoben und das Deutschlandticket dauerhaft angeboten werden. Außerdem sei der Staat gefordert, mit massiven Investitionen die Wirtschaft in Schwung zu bringen.
Nach dem von Schwarz-Rot beschlossenen Aus für das 29-Euroticket stellt sich die Berliner SPD gegen eine schnelle Umstellung des Abos auf deutlich teurere Alternativen. "Alle die es haben, müssen es für den Preis von 29 Euro jetzt auch für die Vertragslaufzeit von einem Jahr beibehalten können", forderte die SPD-Landesvorsitzende Nicola Böcker-Giannini. "Die CDU-Fantasien eines sofortigen Stopps mit Preiserhöhungen auf dem Rücken der Abonnentinnen und Abonnenten sind mit uns nicht zu machen."
Das sogenannte Berlin-Abo für den kompletten ÖPNV in der Stadt wurde erst im Juli für 29 Euro monatlich eingeführt - maßgeblich auf Betreiben der SPD. Im Zuge der von CDU und SPD vereinbarten milliardenschweren Einsparungen im Landeshaushalt 2025 soll es nun wieder wegfallen, um bis zu 300 Millionen Euro jährlich zu sparen.
Zur Abschaffung des 29-Euro-Tickets ergänzte Böcker-Giannini, am Ende sei der SPD die Fortführung des kostenlosen Schülertickets wichtiger gewesen als das 29-Euro-Ticket. "Wir haben uns für die Kinder entschieden, und das ist richtig so."
Die beiden Landesvorsitzenden schworen ihre Partei auf den beginnenden Bundestagswahlkampf ein. "Wir wollen Olaf Scholz als Kanzler", sagte Hikel auf dem SPD-Landesparteitag. Er und Böcker-Giannini riefen zu innerparteilicher Geschlossenheit auf. Bei der Bundestagswahl gehe es um eine Richtungsentscheidung.
"Wir dürfen das Land nicht den Merzens überlassen", so Böcker-Giannini in Anspielung auf den CDU-Bundesvorsitzenden. Dessen Vorstellungen und Angebote würden auf einen "Bierdeckel" passen, sagte sie.
Unterdessen hat der SPD-Landesparteitag am Samstag noch nicht entschieden, ob die Partei mit einer Frau oder einem Mann an der Spitze in die Bundestagswahl zieht. Eine Entscheidung soll auf einer Parteiversammlung Mitte Dezember fallen. Dort wird auch die Kandidatenliste für die Bundestagswahl abgestimmt. Dem Parteitag lag ein Antrag vor, schon an diesem Wochenende festzulegen, dass Listenplatz 1 für eine Frau reserviert werden soll. Dieser Antrag fand keine Mehrheit.
Parteiintern gilt als wahrscheinlich, dass die Bundestagsabgeordnete und ehemalige Landesvorsitzende der Jusos, Annika Klose, Ambitionen auf die Spitzenkandidatur hat. Als ein Bewerber für einen aussichtsreichen Listenplatz gilt auch der ehemalige Regierende Bürgermeister Michael Müller. Er ist bereits im Bundestag und tritt erneut in seinem Wahlkreis Charlottenburg-Wilmersdorf an.
Weitere Bewerber um vordere Positionen dürften der Bundestagsabgeordnete Ruppert Stüwe aus Steglitz-Zehlendorf, der Neuköllner Abgeordnete Hakan Demir und Sinem Tasan-Funke sein. Tasan-Funke tritt auch in Tempelhof-Schöneberg als Direktkandidatin an und möchte dort Nachfolgerin von Kevin Kühnert werden, der sich nicht wieder bewirbt.
Darüber hinaus verteidigten Böcker-Giannini und der Co-Landesvorsitzende Martin Hikel in ihrer gemeinsamen Parteitagsrede das mit der CDU vereinbarte Sparpaket von drei Milliarden Euro, das praktisch alle Bereiche treffen soll. "Ja, sparen tut weh", sagte Hikel. Aber die SPD habe sich mit den ihr wichtigen Punkten durchgesetzt. Die "soziale Stadt" werde erhalten, es gebe kein Sparen nach Rasenmähermethode, die Bezirke seien von Kürzungen ausgenommen, Einnahmen würden erhöht.
Sendung: radioeins vom rbb, 23.11.2024, 13:00 Uhr
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