Umweltsenatorin spricht sich gegen Verpackungssteuer in Berlin aus
Eine Steuer auf Coffee-To-Go-Becher, Einweg-Geschirr und -verpackungen steht in Berlin zunächst nicht an. Umweltsenatorin Ute Bonde (CDU) erteilte entsprechenden Überlegungen eine Absage.
"Aus unserer Sicht braucht es eine länderübergreifende Lösung, um bei allen Verbraucherinnen und Verbrauchern ein Bewusstsein dafür zu schaffen, dass Ressourcenschutz stattfinden soll", sagte Bonde im Umweltausschuss des Abgeordnetenhauses. Berlin habe gemeinsam mit den anderen Bundesländern beschlossen, dass der Bund einheitliche Vorgaben machen solle.
Die Grünen im Abgeordnetenhaus haben dagegen einen Gesetzesvorschlag eingebracht, der auf die Einführung einer Berliner Verpackungssteuer abzielt. Darin ist vorgesehen, dass beispielweise Einwegbehälter für Getränke und Essen mit 50 Cent besteuert werden. Für Einmal-Besteck soll die Abgabe 20 Cent betragen.
Viele Gastrobetriebe in Berlin halten sich offenbar nicht an die Pflicht, Mehrwegbehälter für Speisen und Getränke anzubieten oder auf diese hinzuweisen. Das ergeben Recherchen der Verbraucherzentrale und des rbb. Dabei ist die Gesetzeslage eindeutig.
Die Idee: Weniger Abfall durch Verpackungssteuer
Die umweltpolitische Sprecherin der Grünen Julia Schneider verwies zur Begründung auf die großen Müllmengen, die im Straßenland und in Parks anfallen. "Da werden in Berlin pro Tag ungefähr 460.000 Coffee-To-Becher verbraucht, also benutzt und weggeworfen", sagte Schneider. Als Alternative böten sich Mehrwegbehältnisse an. Das wolle man fördern und dafür sorgen, dass weniger Einwegverpackungen genutzt werden.
Alle anderen Fraktionen lehnten den Gesetzesvorschlag der Grünen im Umweltausschuss ab. Die umweltpolitische Sprecherin der SPD Linda Vierecke sagte, dass ihre Fraktion zunächst die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts zur Verpackungssteuer in der Stadt Tübingen abwarten wolle. Der CDU-Abgeordnete Olaf Schenk kritisierte die Verpackungssteuer als "falsch", weil sie Mehrkosten verursache und die Verwaltung belaste.
Auch der umweltpolitische Sprecher der AfD Alexander Bertram warnte davor, Gastronomen in wirtschaftlich schwierigen Zeiten zu belasten. Linken-Umweltpolitiker Ferat Kocak kritisierte finanzielle Belastungen für die Bürgerinnen und Bürger. "Daher ist die Mehrweg-Angebotspflicht im To-Go-Bereich aus unserer Sicht der bessere Weg."
In Berlin landet sperriger Müll gerne mal auf der Straße statt auf dem Recyclinghof. Gegen den illegalen Müll setzt das Ordnungsamt in Neukölln Müll-Ermittler ein. Grethe ist zusammen mit "Bronko" auf der Suche nach Müllsündern.
Tübingen als Mehrweg-Vorbild
Befürchtungen, eine Verpackungssteuer führe zu einem Aus für gastronomische Betriebe, rechne sich für die Kommune nicht und leiste keinen Beitrag zum Umweltschutz, trat Claudia Patzwahl bei der Anhörung im Umweltausschuss entgegen. Patzwahl leitet in Tübingen das Projekt Verpackungssteuer. Die Stadt in Baden-Württemberg ist bundesweit Vorreiter und erhebt die Abgabe seit 2022.
Einmal-Papp- und Plastikbecher für Kaffee, Bubble-Tea oder andere Getränke seien fast komplett verschwunden. Gastronomen würden Gläser oder wieder verwertbare Gefäße verwenden, berichtete Patzwahl. Auch Eisbecher und Plastiklöffel seien im Sommer kaum noch zu finden, weil die Eisdielen in Tübingen komplett umgestellt hätten. "Jetzt gibt es diese Spitzwaffeln, die man kennt, und es gibt den Waffelbecher. Erstaunlicherweise wird der wirklich oft gegessen, weil der ganz lecker ist."
Hunderttausende Euro Einnahmen aus Steuer
Seit Einführung der Steuer sei "nicht ein einziger Imbiss" wegen dieser Steuer Pleite gegangen, so ihre Erfahrung als Projektverantwortliche. Die Gastronomie leide vielmehr unter zu hohen Gewerbemieten und Problemen, Mitarbeiter zu gewinnen. Tübingen konnte Patzwahl zufolge für 2022 Einnahmen von mehr als 700.000 Euro aus der Verpackungssteuer erzielen.
Das Tübinger Modell war erst kürzlich vom Bundesverwaltungsgericht bestätigt worden. Allerdings steht noch die finale Entscheidung über die Rechtmäßigkeit durch das Bundesverfassungsgericht aus. Allgemein wird damit gerechnet, dass Karlsruhe noch in diesem Jahr ein Urteil fällt. Nach den bisherigen Erfahrungen in ihrer Stadt sehe sie keinen Grund auf eine etwaige Regelung im Bund zu warten, gab Patzwahl den Berliner Abgeordneten noch mit. "Es spricht nichts gegen Eigeninitiative", so ihre Empfehlung.