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Quelle: dpa/Franke

Koalitionsverhandlungen

Gerät der Klimaschutz in Brandenburg unter die Räder?

Brandenburgs Landesregierung gefiel sich stets als Vorreiter bei Energiewende und Klimaschutz. Vor dem Hintergrund der Koalitionsverhandlungen von SPD und BSW wachsen die Sorgen, dass es damit vorbei sein könnte. Von Hanno Christ

Es ist eine Art Hilfeschrei auf Papier, das Magdalena Edler da in Händen hält. Ein Büchlein im DIN-A5-Format mit den markanten Hitzestreifen auf der ersten Seite, die den dramatischen Verlauf der globalen Erwärmung veranschaulichen. Eder ist Sprecherin des Klimabündnisses Brandenburg, des größten Zusammenschlusses von Umweltorganisationen im Land wie BUND, Nabu, dem Verkehrsclub Deutschland (VCD) oder auch Fridays for Future. Das Klima-Notizbuch sollte für die neuen Landtagsabgeordneten zur konstituierenden Sitzung eine Gedankenstütze sein, eine Mahnung, den Klimaschutz da drinnen im Landtag nicht zu vergessen: Nicht den lange umkämpften Klimaplan, die Emissionsziele bis 2045, den Ausbau von Windkraft und Solarenergie – und schon gar nicht einen Ausstieg aus der Braunkohle vor 2038.

Klimaschutz spielt kaum eine Rolle in Wahlprogrammen von SPD und BSW

Für das Klimabündnis hat sich die Zusammensetzung des Parlamentes dramatisch geändert: Mit dem Auszug von Bündnisgrünen und Linken sind ihm die wichtigsten Ansprechpartner verloren gegangen. Stattdessen ist die Front der Klimaschutzgegner und -bremser mit einer noch stärkeren AfD und dem neuen BSW breiter geworden. Auch die ebenfalls größere SPD-Fraktion ist in den Augen des Klimabündnisses keine Hilfe – und schaltet offenbar auf stumm. Bei Magdalena Eder vom Klimabündnis wächst die Unsicherheit, wieviel Klimaschutz in einer BSW-SPD-Koalition noch übrigbleiben wird. "Bis jetzt haben wir während des Wahlkampfes, um die konstituierende Sitzung und rund um das Sondierungspapier oder auch während der Koalitions-Verhandlungen keine Rückmeldung seitens der Verhandler bekommen", so Edler.

Doch schon der Blick in die Wahlprogramme von BSW und SPD lässt sie ahnen, dass Klimaschutz einen gänzlich anderen Stellenwert bekommen wird. Bei der SPD taucht der Begriff zwar immerhin neun Mal auf, allerdings mit der Betonung darauf, dass die Partei für einen Klimaschutz mit den Menschen steht. Es ist ein Seitenhieb gegen den Noch-Koalitionspartner, die Bündnisgrünen, deren Klimaschutzpläne vor allem Jäger und Landwirte in der Vergangenheit auf die Barrikaden gebracht hatten – langjährige Verbündete von SPD und CDU. Nicht zu vergessen das Heizungsgesetz des Bundes, das die ganze Republik in Wallung brachte. Beim BSW wiederum wird Klimaschutz im Programm immerhin vier Mal erwähnt - allerdings müsse er wirtschaftlich sein und sich für die Bürger rechnen, heißt es.

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Parteigründerin Sahra Wagenknecht gilt als eine der vehementesten Kritikerinnen der Sonnenblumen-Partei. Die Grünen, so Wagenknecht im August des Jahres, richteten mehr Schaden an als die AfD. Es ist also kaum zu erwarten, dass mit dem Grünen-Fundamentalkritiker BSW und der Grün-genervten SPD auch wesentliche grüne Positionen Eingang in die Koalitionsverhandlungen finden werden. Aus denen dringt bislang wenig nach außen. Robert Crumbach, der BSW Landes- und Fraktionsvorsitzende, ließ nur erkennen, dass Brandenburgs Weg in die Zukunft mit ihnen weiterhin ein fossiler sein werde: "Wo wir uns mit der SPD einig sind, das ist ja auch kein Geheimnis: Den Kohleausstieg werden wir nicht vorziehen."

Verhandlungen ohne Klimaexpertise, aber mit Kohlelobby

Auch die Benennung und Besetzung der vier thematischen Arbeitsgruppen, in denen über eine Koalition verhandelt wird, deutet auf eine künftig eher untergeordnete Bedeutung des Klimaschutzes hin. Das Wort Klimaschutz taucht zumindest in keinem AG-Namen auf. Eine Deutung, die SPD-Generalsekretär David Kolesnyk so nicht teilen möchte. "Die Arbeitsgruppen müssen irgendwie heißen und nach Möglichkeit nicht 20 Wörter hintereinander. Und dementsprechend verbirgt sich das Thema natürlich beim Thema Energie, beim Thema Wirtschaft, beim Thema Umwelt. Klimaschutz ist ja auch ein Querschnittsthema."

Auffällig ist in den Koalitionsverhandlungen, dass weder Umwelt- noch Klimaschutzexperten dabei sind, stattdessen aber Ex-Funktionäre der Agrarlobby wie die SPD-Landtagsabgeordnete Hanka Mittelstädt, einst Chefin des Agrarbranchenverbandes Pro Agro e.V., sowie der Geschäftsführer des Kreisbauernverbandes Havelland und SPD-Landtagsabgeordnete Johannes Funke. Mit Stephanie Albrecht-Suliak nimmt sogar eine Funktionärin der Bergbau-Gewerkschaft IGBCE an den Verhandlungstischen Platz, maßgeblich um den Strukturwandel in der Lausitz und in der Uckermark zu begleiten.

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SPD: Sind bereits an der Spitze beim Klimaschutz

Aus Sicht von SPD-Generalsekretär Kolesnyk stehe Brandenburg beim Klimaschutz bereits außerordentlich gut da, etwa beim Ausbau der erneuerbaren Energien. Tatsächlich nimmt das Land nach wie vor einen Spitzenplatz ein und produziert pro Kopf so viel erneuerbare Energie wie kein anderes Bundesland.

Das ist weithin sichtbar: Mit mehr als 4.000 Windrädern stehen in der Mark mehr Anlagen als in vielen anderen Bundesländern. Auch deshalb ist der weitere Ausbau umstritten, finanziellen Profitbeteiligungen von Anwohnern und Gemeinden zum Trotz.

Brandenburg nimmt zugleich auch andere, weniger glanzvolle Spitzenplätze ein: Aufgrund eines großen Flughafens, viel Landwirtschaft und durch die Braunkohleverstromung in der Lausitz gehört das Land nach wie vor zu den größten Verursachern von klimaschädlichen Emissionen in der Republik. Gleichzeitig ist Brandenburg eine der Regionen in Deutschland, die am meisten von der globalen Erwärmung betroffen sein könnten. Durch besonders wenig Niederschlag und kargen Grund ist es das Bundesland mit den meisten Waldbränden und trockensten Böden. Die Sorgen sind groß, ob das Land künftig noch ausreichend Wasser haben wird.

Wird der Klimaplan abgewickelt?

Auf Seiten von Klimaschützern wächst nicht nur die Sorge, dass Klimaschutz künftig kaum mehr eine Rolle spielen könnte, sondern auch die vor einer Abwicklung ur-grüner Koalitionsprojekte wie dem Klimaplan. Der Plan skizziert, was die Landesregierung unternehmen muss, um Brandenburg klimaneutral zu machen. Darum hatte der Bündnisgrüne Umweltminister Axel Vogel lange gerungen. Nun könnte es sich rächen, dass der Plan es nie zum verbindlichen Gesetz geschafft hat.

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Vogel warnt: "Wenn wir davon zurückweichen und am Ende die rote Laterne im Klimaschutz übernehmen, dann ist das auch ein Signal in die Gesellschaft und in die Wirtschaft hinein, locker zu lassen und sich nicht mehr so zu engagieren für den Klimaschutz. Das wird uns am Ende auf die Füße fallen." Vogel hofft, dass sich auch Unternehmen schon auf mehr Klimaschutz eingestellt haben – und sich das Rad von einer neuen Koalition nicht mehr so leicht zurückdrehen lässt. Beim Braunkohleausstieg sei ohnehin der Bund, nicht das Land, am Drücker – und der Markt. Wenn Kohle irgendwann so teuer werde, dass die Verstromung unwirtschaftlich ist, sei der Ausstieg vor 2038 wahrscheinlich – gleich was in Brandenburg derzeit verhandelt wird, mutmaßt Vogel. Fraglich, ob solche Appelle bei den Verhandlern von SPD und BSW Gehör finden werden.

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Beitrag von Hanno Christ

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