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Nonnemacher über Rauswurf
Wenige Tage nach ihrer Entlassung als Gesundheitsministerin, ist Ursula Nonnemacher weiterhin überzeugt, richtig entschieden zu haben. Es habe vor der Abstimmung zur Klinikreform einen Dissens gegeben, mit einer Entlassung habe sie aber nicht gerechnet.
rbb24: Frau Nonnemacher, Ihre Entlassung - oder man könnte auch sagen: Ihr Rauswurf - ist jetzt erst ein paar Tage her. Haben Sie den schon halbwegs verdaut?
Ursula Nonnemacher: Eigentlich ja. Ich bekomme im Moment unglaublich viele Solidaritätskundgebungen, aus Brandenburg, aus meiner Heimatstadt Falkensee, aber auch bundesweit. Viele Leute fragen, wie geht es dir und bist du am Boden zerstört? Ich bin überhaupt nicht am Boden zerstört. Ich bin eigentlich ganz zuversichtlich aufgestellt. Natürlich war die letzte Woche anstrengend. Kein Mensch freut sich, wenn er in schweren Auseinandersetzungen steht.
Meine Mitarbeitenden aus der Fachabteilung und ich sind uns sicher, dass diese Einschätzung richtig ist, dass es für das Bundesland Brandenburg nachteilig wäre, dieses Gesetz (Anm. d. Red.: die Krankenhausreform), an dem so lange rumverhandelt worden ist, nach zwei Jahren Arbeit praktisch im Vermittlungsausschuss zu versenken. Das hätte das Ende bedeutet.
Von daher bin ich mit mir im Reinen. Es war richtig, wie ich mich verhalten habe. Ich war ein bisschen müde und erschöpft, aber jetzt ist es auch gut und ich blicke eigentlich ganz optimistisch auf die Welt.
Das heißt, Sie sind Freitagmorgen im Bundesrat davon ausgegangen, dass es ein normaler Tag mit einem besonderen Gesetz wird. Aber dass Ihnen auf dem Flur die Entlassungspapiere in die Hand gedrückt werden, das war nicht absehbar?
Nein. Es hatte sich seit einigen Tagen abgezeichnet, dass es einen Dissens in der geschäftsführenden Regierung geben würde. Ich habe am Donnerstag vor der Sitzung aus der Staatskanzlei den Hinweis bekommen, dass der Ministerpräsident den Vermittlungsausschuss anrufen möchte, und eine ziemlich klare Ansage: Du musst da doch nicht hingehen und du kannst doch einfach wegbleiben. Ich stellte klar, dass ich an dieser Bundesratssitzung teilnehmen würde und eine Rede angemeldet hatte. Zu diesem Tagesordnungspunkt im Bundesrat waren 13 Reden angemeldet. Das ist sensationell viel.
Dann war erst mal Ruhe. Am Freitagmorgen vor der Sitzung fand die übliche Abstimmungsrunde zu den noch offenen Fragen statt. Wir haben uns bei allen anderen Dingen verständigt. Nur dieser eine Punkt war kontrovers und ich habe gesagt, dass ich bei meiner Meinung und bei meiner Einschätzung den Vermittlungsausschuss nicht anzurufen, bleibe.
Das hätte bedeutet, Brandenburg stimmt mit Enthaltung im Bundesrat. Daraufhin wurde mir mitgeteilt, dass ich vor der Sitzung entlassen und damit nicht mehr Mitglied des Bundesrates wäre und nicht mehr meine Rede halten könnte.
War das eine Art von Erpressung?
Ja, so kann man es sagen. Da ich schon auf dem Weg zum Bundesrat war, habe ich gesagt, ich fahre da jetzt auf jeden Fall hin und bin weiterhin gewillt, diese Rede zu halten. Bevor ich eine Entlassungsurkunde nicht in den Händen habe, werde ich das auch tun.
Diese Stufe der Eskalation war mir neu, die mir erst am Freitagmorgen sozusagen offenbart worden ist. Das war eine Situation, die ich sehr einmalig fand. Das war ein eklatanter Vertrauensbruch und das geht überhaupt nicht meiner Ansicht nach - und diese Ansicht wird von sehr vielen Menschen bundesweit geteilt.
Jetzt müssen Sie früher Bilanz ziehen. Sie wollten für die Krankenhäuser auf dem Land etwas erreichen. Trotzdem steht in dieser Bilanz jetzt eben auch, dass mehrere Krankenhäuser in Brandenburg in der Insolvenz sind oder von der Insolvenz bedroht sind. Kreiden Sie sich solche Dinge auch selber an oder sagen Sie, das ist der Bund?
Das ist ganz klar, dass die Schwierigkeiten, in denen unsere Krankenhäuser - nicht nur in Brandenburg, sondern auch bundesweit, andere Ursachen haben, die nicht der Landespolitik anzulasten sind.
Das ist einmal, dass nach Corona die Patienten nicht in dem Maße zurückgekehrt sind in die Krankenhäuser wie vor der Pandemie. Diese Verunsicherung hat sozusagen aufgezeigt, dass es ein Ambulantisierungspotenzial gibt, dass die Belegung danach in einigen Krankenhäusern wirklich deutlich runtergegangen ist.
Es kam in Folge des Angriffskrieges von Russland auf die Ukraine die hohe Inflation, die starken Energiepreise, die die Krankenhäuser massiv belastet haben. Krankenhäuser sind sehr energieintensive Unternehmen und sind praktisch durch die Vergütungen der Krankenkassen nicht refinanziert worden.
Was ist eine Baustelle, die Sie gerne noch abgearbeitet hätten in diesen fünf Jahren?
Auch wenn es vielleicht ein bisschen unbescheiden klingt, aber ich habe mir neulich nochmal die Abschlussbilanz angeguckt und habe gedacht: Wir sind eigentlich besser gewesen, als ich es selber gedacht hätte.
Mein Ministerium hat drei Jahre lang unglaublich mit Corona zu tun gehabt. Wir standen permanent unter Stress. Natürlich hätte ich mir gewünscht, dass das ein bisschen anerkannt wird. Ich bin sehr sehr viel im Land rumgereist. Diese Aussage, ja es läuft eigentlich ganz gut, das Land steht in vielen Strukturdaten gut da, das ist nie richtig durchgedrungen, sondern nur diese absolut unterirdische Stimmung, alles ist total blöd und die Welt geht unter. Das ist schwer zu verstehen, wie das eine mit dem anderen irgendwie überhaupt noch zusammengeführt werden kann.
Vielen Dank für das Gespräch!
Das Interview mit Ursula Nonnemacher führte Amelie Ernst, rbb-Landespolitik Brandenburg.
Der Text ist eine redaktionell bearbeitete und gekürzte Fassung. Das komplette Gespräch können Sie oben im Audio-Player nachhören.
Sendung: rbb24 Inforadio, 26.11.2024, 11:05 Uhr
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