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Reaktionen auf Koalitionsvertrag von SPD und BSW
Nach fast einem Monat Verhandlungszeit haben SPD und BSW ihren Koalitionsvertrag vorgestellt. Die Opposition spricht von einem "Dokument des Stillstands". In der Wirtschaft ist das Echo geteilt, Freude gibt es bei Polizei und Landwirten.
Die beiden Noch-Regierungsparteien CDU und Grüne in Brandenburg haben den fertig verhandelten Koalitionsvertrag zwischen SPD und Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW) scharf kritisiert. "Diesem Anfang wohnt kein Zauber inne", sagte CDU-Fraktions- und Landeschef Jan Redmann dem rbb.
Er kritisierte, dass dem Koalitionsvertrag eine Vision für Brandenburg fehle, auch das Stabilitätsversprechen aus dem Wahlkampf werde nicht eingelöst. Speziell das BSW werde dem Anspruch nicht gerecht, eine andere Politik einzuführen, so Redmann. "Es fehlt der Anspruch, dieses Land tatsächlich neu zu gestalten." Die CDU werde Dietmar Woidke als Ministerpräsidenten nicht mitwählen. Redmann äußerte zudem Zweifel, ob es überhaupt zur Koalition von SPD und BSW kommt, da Woidke selbst darauf hingewiesen habe, dass eine Koalitionsvereinbarung noch nicht unter Dach und Fach sei.
Die beiden Landeschefs der Grünen, Alexandra Pichl und Hanna Große Holtrup, sprachen von einem "Dokument des Stillstands". Die Vereinbarungen würden Brandenburg nicht zukunftsfähig machen. "Ein Kohleausstieg bis 2038 ist eine Ohrfeige für die Klimaziele, die Bildungspläne sind nicht mehr als Flickschusterei, und die Verkehrspolitik verharrt in einem fossil getriebenen Jahrhundert", sagte Große Holtrup.
Die Grünen kritisierten zudem die angekündigten Restriktionen für Geflüchtete, zum Beispiel die Bezahlkarte, und das weiterhin geplante Abschiebezentrum am Flughafen BER. "Eine moderne Migrationspolitik muss Integration und Förderung von Menschen durch schnellen Zugang zum Arbeitsmarkt und den breiten Ausbau von Sprachkursen ins Zentrum stellen, statt auf Abwehr und Abschiebung zu setzen," so Große Holtrup.
Der Fraktionschef der AfD im Brandenburger Landtag, Hans-Christoph Berndt, verglich den Koalitionsvertrag mit Durchhalteparolen der SED in der ehemaligen DDR. "Es ist ein Vertrag des Weiter so." SPD und BSW würden eine Transformationspolitik fortsetzen, die der Wirtschaft schade. Berndt kritisierte, dass der Koalitionsvertrag keine Forderung nach dem Ende der Russland-Sanktionen enthalte.
In der Migrationspolitik würden SPD und BSW die im Wahlkampf noch geforderte Verschäfung nun nicht mehr unterstützen, so Berndt weiter. Die AfD wolle mit Anträgen in Zukunft vor allem Kernforderungen des BSW aufgreifen, um die junge Partei an ihre eigenen Versprechen zu erinnern.
Linken-Chef Sebastian Walter kommentierte, das BSW habe sich "in den Koalitionsverhandlungen über den Tisch ziehen lassen". Zentrale Wahlversprechen wie das kostenlose Schulmittagessen oder die Beitragsfreiheit in Hort und Kita fehlten. "Eine Stärkung der sozialen Infrastruktur – nicht mit Rot-Lila", so Walter. Er kritisierte vor allem das BSW für die geplanten Investitionen am Bundeswehrstandort Holzdorf. "Das BSW hat alle seine wesentlichen Ziele schon mit dem Koalitionsvertrag aufgegeben - für ein paar Posten in der neuen Landesregierung. Das nennt man wohl Betrug am Wähler."
Der Landesvorsitzende der Freien Wähler, Péter Vida warf dem BSW sogar vor, dass in der Friedensfrage "aus Wagenknecht nun Woidkeknecht" geworden sei.
Der Brandenburger Landesbauernverband bewertet den Entwurf zum Koalitionsvertrag zwischen SPD und BSW als überwiegend positiv. Es gebe darin drei wichtige Punkte, um die landwirtschaftlichen Unternehmen im Land zu stärken, teilte der Verband mit. Zum einen sei dies eine Ackerbaustrategie, um Klimaanpassungen vorzunehmen. Zudem sollten Tierhaltungsbetriebe gestärkt werden und ein Wolfsbestands-Management kommen, um Weidetiere besser zu schützen.
Auch die Industrie- und Handelskammern (IHK) des Landes Brandenburg sehen die Einigung positiv. Die regionale Wirtschaft begrüße vor allem, dass Digitalisierung und Bürokratieabbau vereinbart wurden. Nun müssten die entsprechenden Schritte schnell eingeleitet werden, hieß es in einer gemeinsamen Erklärung. Die Industrie- und Handelskammern vertreten nach eigenen Angaben die Interessen von etwa 160.000 Unternehmen aus Industrie, Handel und Dienstleistungen.
Kritischere Töne kamen dagegen von der Vereinigung der Unternehmensverbände in Berlin und Brandenburg (UVB). Die Unternehmen stünden vor enormen Herausforderungen und bräuchten geringere Steuern und Abgaben, günstigere Energie, weniger Bürokratie, mehr Digitalisierung, bessere Bildung und einen Ausbau der Infrastruktur, hieß es. Gemessen daran seien die Vorhaben im Koalitionsvertrag zu unkonkret.
Positiv wird jedoch gesehen, dass sich beide Parteien für die Integration von qualifizierten Zuwanderern in den Arbeitsmarkt einsetzen wollen und sich zu einer "aktiven Industriepolitik" in Brandenburg bekennen. Beim Ausbau der Verkehrs-Infrastruktur hätte man sich dagegen mehr Engagement gewünscht.
Die Gewerkschaft der Polizei (GdP) Brandenburg lobte unter anderem die Aufstockung auf 9.000 Stellen bei der Polizei und die geplante Modernisierung der Polizeitechnik und Infrastruktur. "Wir sind auf dem richtigen Weg und freuen uns auf eine konstruktive Zusammenarbeit mit der Koalition", sagte GdP-Landes-Chefin Anita Kirsten.
Sendung: rbb24 Brandenburg Aktuell, 27.11.2024, 19:30 Uhr
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