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"Tiefpunkt", "unterirdisch", "unwürdig"
Im Streit um die Krankenhausreform hat der Brandenburger Ministerpräsident Woidke seine Gesundheitsministerin entlassen. Von den anderen Parteien im Parlament erntet er dafür viel Kritik - am deutlichsten von den Grünen.
Nach der Entlassung von Gesundheitsminister Ursula Nonnemacher (Grüne) ist der Brandenburger Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD) heftig von den anderen Parteien kritisiert worden. Die Grünen und auch Nonnemacher selbst sprachen von einem "Tiefpunkt in der politischen Kultur".
Hintergrund der Entlassung am Freitag war der Streit über die Abstimmung im Bundesrat zur Krankenhausreform. Anders als Woidke wollte Nonnemacher das Gesetz passieren lassen.
Nonnemacher sagte nach ihrer Entlassung, sie habe ihre Position in der Koalitionsrunde vor der Bundesratssitzung vertreten. Woidke habe ihr daraufhin angedroht, sie noch vor der Sitzung des Bundesrats zu entlassen. Am Rande des Bundesrats habe er ihr dann auf dem Flur das Entlassungsdokument übergeben.
Kurz nach der plötzlichen Entlassung Nonnemachers kündigte Umweltminister Axel Vogel (ebenfalls Grüne) seinen sofortigen Rückzug aus der Landesregierung an. Dies sagte die Grünen-Landesvorsitzende Alexandra Pichl dem rbb.
Nonnemacher selbst sagte am Abend im rbb-Fernsehen, sie finde das Verhalten Woidkes "unanständig". "Ich wäre in drei Wochen sowieso in Rente gegangen, ich kann jetzt damit leben, ich bin jetzt kein Fall für die Psychotherapiebehandlung, aber es ist kein schönes Ende."
Die Grünen erklärten nach dem Rauswurf Nonnemachers in einer Mitteilung, die Entlassung sei nicht nur inhaltlich falsch. Sie sei auch "ein Affront gegen all jene, die sich eine verlässliche Gesundheitsversorgung in Brandenburg wünschen", teilte die Landesparteivorsitzender Alexandra Pichl mit. Ministerpräsident Woidke wolle mit der Entlassung seine "Macht sichern" und sich "für eine künftige Koalition mit dem Bündnis Sarah Wagenknecht (BSW)" anbiedern, hieß es weiter in der Mitteilung. Man werde weiter für die Brandenburger Krankenhäuser kämpfen.
Kritik kam auch vom bisherigen Koalitionspartner CDU. Landeschef Jan Redmann schrieb auf X: "Auch wenn der VA [Vermittlungsausschuss, Anm.d.Red.] richtig wäre: So geht man menschlich nicht miteinander um. Ursula #Nonnemacher am Ende ihres politischen Berufslebens so auf offener Bühne zu demütigen, ist unnötig und unwürdig. Die Positionen waren tagelang bekannt."
Ähnlich äußerte sich die stellvertretende CDU-Landeschefin, Kristy Augustin. Sie finde die Art und Weise, den menschlichen Umgang miteinander, nachdem man jahrelang Verantwortung gemeinsam getragen habe, "einfach unterirdisch". So gehe man nicht miteinander um, wenn man gemeinsam fünf Jahre regiert habe.
Von der Linken hieß es: "Gesundheitsministerin Nonnemacher zu entlassen, weil sie im Bundesrat für die Interessen der Brandenburger Krankenhäuser einstehen und die von einem SPD-Ministerium erarbeitete Reform auf den Weg bringen wollte, ist ein Armutszeugnis für diesen Ministerpräsidenten."
AfD-Fraktionschef Hans-Christoph Berndt erklärte laut einer Mitteilung, es sei zwar richtig gewesen, dass Woidke die Gesundheitsministerin daran gehindert habe, die Krankenhausreform passieren zu lassen, er kritisierte aber die Art der Entlassung. "Er hätte Nonnemacher schon gestern entlassen können, aber offensichtlich ging es um einen Show-Effekt im Wahlkampf", so Berndt.
Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach, wie Woidke in der SPD, äußerte sich zurückhaltender zu der Entlassung. Nonnenmacher habe als Gesundheitsministerin "großen Anteil" an der Reform. "Von daher bedaure ich ihre Entlassung heute", betonte der Bundesgesundheitsminister.
Das Verhältnis zwischen Woidke und Nonnemacher galt schon länger als angespannt. In der Corona-Krise verlagerte er die Zuständigkeit für das Impfen zwischenzeitlich von ihrem Ministerium zum Innenressort. Im März enthielt sich der Ministerpräsident im Bundesrat bei der Entscheidung über eine Teil-Legalisierung von Cannabis nicht wie in Streitfällen der Koalition, sondern setzte sich für ein Nachschärfen der Gesetzespläne ein und rief den Vermittlungsausschuss an. Nonnemacher spricht im Rückblick von "Vertrauensbruch".
Nonnemacher war seit 2019 Ministerin für Soziales, Gesundheit, Integration und Verbraucherschutz des Landes Brandenburg. Zuvor war die studierte Medizinerin zehn Jahre lang Abgeordnete im Landtag.
Nach der Abwahl der Kenia-Koalition bei der Landtagswahl im September war Nonnemacher zuletzt nur noch geschäftsführend im Amt. Die SPD verhandelt derzeit mit dem Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW) über eine neue Koalition in Brandenburg. Dabei haben sich beide Parteien bereits darauf geeinigt, alle Krankenhausstandorte in Brandenburg erhalten zu wollen.
Sendung: Antenne Brandenburg, 22.11.2024, 17:00 Uhr
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