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Kabinett aus SPD und BSW

Das sind die sieben Neuen in Brandenburgs Ministerien

Frischer Wind zieht in Brandenburg in sieben der zehn Ministerien ein. Erstmals auch mit dem BSW. Knappe Finanzen und ein schwieriges wirtschaftliches Umfeld machen den Neuen die Arbeit schwerer. Wir stellen sie vor. Von Markus Woller

Daniel Keller (SPD) – Wirtschaft, Arbeit und Klimaschutz

Von Anfang an im Fokus steht schon der neue Wirtschafts-, Arbeits- und Klimaschutzminister Daniel Keller. Er hat Ärger mit einem wohl etwas zu früh verkündeten Bachelor-Abschluss, den er zwar an der Fern-Uni Hagen erfolgreich absolviert hat, den er aber mangels Urkunde wohl noch nicht hätte auf seine Internetseite schreiben sollen. Eine Petitesse könnte man meinen, wäre nicht sein Vorgänger im Amt "Mister Tesla" persönlich, Jörg Steinbach (SPD). Der hat nicht nur eine viel beachtete Bilanz als Wirtschaftsminister hingelegt, sondern hatte als Professor und ehemaliger Uni-Präsident nie ein Problem, seine Eignung für den Job nachweisen zu müssen.

Fest steht: Der 38 Jahre alte Keller wird Chancen bekommen, sich zu beweisen. So viele Baustellen wie er wird kein anderer Minister zu meistern haben. Das Superministerium für Wirtschaft, Arbeit, Klimaschutz - jedes Thema für sich eine Herausforderung. 83.000 Menschen in Brandenburg suchen Arbeit. Hunderte Firmen, die nach der Wende gegründet wurden, brauchen Nachfolger.

Dazu kommt eine veritable Wirtschaftsflaute, die sich bereits in Kurzarbeit bei vielen Firmen, wie Swiss Krono Heiligengrabe oder dem Stahlwerk Hennigsdorf niederschlägt. Er sehe große Herausforderungen, sagt Keller. "Wir werden zügig die Arbeit aufnehmen, um die gute wirtschaftliche Entwicklung in Brandenburg fortzusetzen und natürlich die vielen Unternehmen in vielleicht schwierigen Zeiten zu sichern", umreißt Keller selbst seine ersten Aufgaben.

Daniel Keller (SPD), Minister für Arbeit, Wirtschaft, Energie und Klimaschutz in Brandenburg | Quelle: dpa/S.Gollnow

Wichtigstes Problem momentan: Die hohen Energiekosten und die Entwicklung der Energieinfrastruktur in den kommenden Jahren. Im Koalitionsvertrag ist versprochen, man wolle sich um billigeren Industriestrom kümmern. Das Wasserstoffnetz wird ebenfalls eine Priorität bekommen müssen, wenn Brandenburg zukünftig wirtschaftlich und klimapolitisch mithalten will.

Die Weichen für den Strukturwandel in der Lausitz sind bereits durch seinen Vorgänger gestellt. Hier gilt es, die Entwicklung so zu begleiten, dass aus den vielen erfolgversprechenden Ansätzen, rund um das neue Bahnwerk in Cottbus, den Aufbau der Medizin-Universität oder dem Lausitz-Science-Park auch wirklich viele Arbeitsplätze entstehen. Und die müssen in der Region dann auch mit Fachkräften besetzt werden können.

Die Handwerkskammer fordert, den Bürokratieabbau schnell voranzutreiben. Gerade Baugenehmigungsverfahren müssten vereinfacht und beschleunigt werden. Mehr Förderungen und Steuerabschreibungen sollen die Wirtschaft ankurbeln.

Katrin Lange (SPD), Ministerin für Inneres und Kommunales in Brandenburg | Quelle: dpa/S.Golnow

Katrin Lange (SPD) – Inneres und Kommunales

Katrin Lange kennt sich aus im Innenministerium, war sie doch vor ihrer Zeit als Finanzministerin hier schon als Staatssekretärin tätig. Dass die Übernahme des Ministeriums ihr Herzenswunsch war, ist kein Geheimnis. Dass die 52 Jahre alte Lange in der SPD eher zum rechteren Law-&-Order-Flügel gehört auch nicht. "Ohne Sicherheit ist die Freiheit eben auch nichts wert", meint die Ministerin. "Es ist das Wichtigste, dass wir ein sicheres Land haben und dass an Sicherheit nicht gespart werden darf."

9.000 Polizist:innen, 800 mehr als aktuell im Einsatz - das ist das Ziel für das Land, das im Koalitionsvertrag festgehalten ist. Dafür will Lange weit mehr als die bislang 400 jungen Leute pro Jahr an der Hochschule der Polizei in Oranienburg (Oberhavel) ausbilden lassen. Die Polizei soll deutlich mehr Mittel in die Hand bekommen, um die Sicherheit zu gewährleisten: Chatverläufe in Sozialen Medien sollen eingesehen, flächendeckend Bodycams und Elektroschocker eingeführt werden.

Deutliche Kritik gibt es daran, dass Lange nun auch für das Thema Integration zuständig ist, das bisher im Sozialministerium verortet war. Die frühere Integrationsbeauftragte Doris Lemmermeier hält das sogar für "gefährlich" und hat aus Protest ihr SPD-Parteibuch zurückgegeben.

Bundeswehr, Verfassungsgericht, Pflege

Brandenburg enthält sich bei Abstimmungen im Bundesrat - SPD und BSW im Zwist

Das Bündnis von SPD und BSW in Brandenburg ist noch jung. Doch schon nach den ersten Abstimmung im Bundesrat knirscht es zwischen den Koalitionspartnern, besonders beim Thema Bundeswehr.

Lange weist die Sorge davor als unbegründet zurück. "Jede asylberechtigte Person soll natürlich den Schutz in Brandenburg bekommen und soll natürlich auch bestmöglich integriert werden", sagt Lange. "Aber die andere Seite ist natürlich, dass wir unseren Beitrag leisten wollen, die illegale Migration einzudämmen." Was das für die vielfältigen Integrationsprogramme heißt, noch dazu unter einem Haushalt unter Sparzwängen, wird sich wohl schon bald herausstellen. Fakt ist: Lange hält am Bau eines Behördenzentrums am BER fest, das auch dafür sorgen soll, dass zukünftig schneller abgeschoben werden soll. 2027 könnte es eröffnet werden.

Der Landesfeuerwehrbund erwartet, dass Lange auch für den Bau eines weiteren neuen Zentrums sorgt: Der zweite Standort der Landesfeuerwehrschule in Wünsdorf steht seit vielen Jahren auf dem Wunschzettel der Feuerwehrleute – ohne ihn können viele Weiterbildungen nicht in ausreichendem Umfang angeboten werden. Das stehe oben an, sagt Lange. Sie stehe an der Seite der "Blaulichtfamilie", also der Rettung-, Hilfs- und Sicherheitsorganisationen. Die Feuerwehrleute haben allerdings schon öfter Zusagen erhalten, nun müssten Taten folgen, so der Feuerwehrverband.

Robert Crumbach (BSW), Minister für Finanzen und Europa, Vize-Ministerpräsident in Brandenburg | Quelle: dpa/S.Gollnow

Robert Crumbach (BSW) – Finanzen und Europa

Dass er von sich aus nicht unbedingt hätte Minister werden müssen, das erzählt Robert Crumbach bei vielen Gelegenheiten. Auch, dass er am Ende von Ministerpräsident Woidke ins Kabinett gedrängt wurde. Dort ist der 62 Jahre alte Crumbach nun der Herr über die Finanzen – über knappe Finanzen, um genau zu sein. Angesichts der schwächelnden Wirtschaft könnten die Spielräume schnell noch enger werden, weiß Crumbach: "Das hat zur Folge, dass wir sehr klug Politik machen müssen."

Was genau das heißt, ist noch diffus. Die Steuereinnahmen sinken. Die letzte Steuerschätzung war von Mindereinnahmen von 400 Millionen Euro ausgegangen. Der neue Minister hat seine Kabinettskollegen auf ihrer jüngsten gemeinsamen Sitzung eindringlich gemahnt, es sei keine Zeit für neue Ausgabenwünsche. Trotzdem versprach er bei seiner Amtsübernahme, er wolle er nicht "sparen, sparen, sparen". "Ermöglichungspolitik" soll sein Credo sein, so Crumbach.

Der neue Minister wird in den kommenden Wochen im Fokus stehen. Der nächste Doppelhaushalt 2025/26 soll so schnell wie möglich auf die Schienen gesetzt werden, damit alle Ministerien in die Umsetzung der Ziele des Koalitionsvertrags kommen können.

Hanka Mittelstädt (SPD), Ministerin für Land- und Ernährungswirtschaft in Brandenburg | Quelle: dpa/M.Bahlo

Hanka Mittelstädt (SPD) - Land- und Ernährungswirtschaft, Umwelt und Verbraucherschutz

Auch bei Hanka Mittelstädt lief die erste Woche als Ministerin anders, als es ihr lieb sein konnte. Sie musste auf ihre Vereidigung warten, weil sie nicht schnell genug aus ihrer Verantwortung in ihrem uckermärkischen Landwirtschaftsunternehmen herauskam. Laut Ministergesetz dürfen Minister aber nicht gleichzeitig Unternehmer sein. Zudem gab es Vorwürfe, sie habe Umweltauflagen für ihren Betrieb umgangen. Als Ministerin hat sie nun allerdings die Fachaufsicht über genau das Amt, das für entsprechende Genehmigungen zuständig ist. Viel Gegenwind also - gleich zu Beginn.

Eigentlich erhofft sich die SPD von Mittelstädt weniger Reibung im Amt, weil sie - anders als ihr Vorgänger Axel Vogel (Bündnis 90/Die Grünen) - als Agrar-Lobbyistin den "Stallgeruch" der Landwirtschaftsbranche mit ins Amt bringe könnte. Bürokratie, Wolfsmanagement, Umweltauflagen – hier erwarten viele Bauern nun Erleichterung durch die neue Amtsführung.

Die 37 Jahre alte Mittelstädt weiß um diese Erwartungen und die Kritik: "Ich übernehme dieses so wichtige Amt für den ländlichen Raum, für unsere Landwirte, aber auch für unsere Umweltverbände. Ich glaube, da immer einen Konsens zu finden, wird nicht ganz einfach werden, das gebe ich offen zu."

Die Ministerin will die sogenannten Wertschöpfungsketten stärker in den Blick nehmen. Diese seien im Land fast nicht mehr vorhanden, so Mittelstädt. Dazu zählten unter anderem ein Schlachthof, Mühlen und andere Ernährungsindustrien, in denen heimische Agrarprodukte weiterverarbeitet werden können. Auch die Frage, wie man im Land die Tierbestände deutlich nach oben bekäme, werde sie beschäftigen. "Auch da müssen wir uns die Marktbedingungen angucken. Wir brauchen auch die Landwirte, die auch bereit sind, Investitionen zu tätigen."

Im neuen Jahr wird sich Hanka Mittelstädt dem harten Alltag stellen müssen - bei hunderten Bauern, die von geringen Erzeugererlösen und hohen Energie- und Düngerpreisen berichten. Aber auch im Agrarausschuss des Landtages wartet Gegenwind. Dort wird es schnell auch um Streitfragen gehen, wie etwa das Moorschutzprogramm ihres Vorgängers, das einen Beitrag zur CO2-Reduktion leisten könnte und von vielen Umweltverbänden unterstützt, von Bauern aber kritisch gesehen wird. Auch um den Schutz der Brandenburger Ackerböden, ein Agrastrukturgesetz oder den Umgang mit Düngemitteln wird seit Jahren hart gestritten. Mittelstädt wird voraussichtlich neue Perspektiven auf diese Themen im Ministerium vertreten.

Detlef Tabbert (BSW), Minister für Infrastruktur- und Landesplanung in Brandenburg | Quelle: dpa/S.Gollnow

Detlef Tabbert (BSW) - Minister für Infrastruktur und Landesplanung

14 Jahre Erfahrung als Bürgermeister der Kleinstadt Templin (Uckermark) bringen auch Detlef Tabbert eine besondere Perspektive für seinen neuen Job ein. Und so sieht er dann auch den Ausbau der Schiene im ländlichen Raum als eine seiner wichtigsten Aufgaben. "Ich stehe dazu, ich bin Bahnfan und ein Schwerpunkt wird sein, dass das Deutschlandticket erhalten bleibt", sagt Tabbert zum Start seiner Arbeit.

Bis mindestens 2028 will er das sicherstellen und dafür Allianzen mit seinen Ministerkollegen aus den anderen Ländern schmieden. So hart, wie um die Finanzierung des Tickets in den vergangenen Monaten gerungen wurde, könnte das eine harte Nuss werden, die der neue Minister da knacken will.

Auch viele Pendler erhoffen sich von Tabbert Verbesserungen im Nahverkehr, das weiß er: "Definitiv müssen die Fahrzeiten nach Berlin kürzer werden." Durch Sprinterzüge, findet er, könnte man die Taktung erhöhen. Tabberts Arbeit wird dabei genau beobachtet. Schließlich gilt auch nach dem Koalitionswechsel im Land das von der früheren Regierung ausgehandelte Mobilitätsgesetz. Das sieht viele Verbesserungen für Zug, Rad und Fußgänger vor, muss aber nun von einer neuen Regierung mit Leben gefüllt werden will.

Bundesrat stimmt zu

Deutschlandticket für das kommende Jahr gesichert

Gerade beim Fahrrad denkt Tabbert nicht nur an Radtouristen: "Ich sehe das größte Potenzial im Alltagsverkehr. Alleine wenn man daran denkt, wie weit man mit E-Bikes verhältnismäßig komfortabel kommt, ist das ein Bereich, der ausgebaut werden soll", so der 64-Jährige.

Der Fahrradclub ADFC fordert Tabbert auf, viel mehr Geld in den Ausbau der Radwege zu stecken. Der Minister sagt das zwar nicht explizit zu, macht aber Hoffnung auf eine gute Zusammenarbeit: "Die Verbände haben in mir einen Partner, mit dem man reden kann, der starkes Interesse daran hat, dass der Fahrradverkehr ausgebaut wird."

Erster Schritt: Brandenburgs neuer Verkehrsminister will schnell Gespräche initiieren für einen gemeinsamen Radverkehrsplan mit der Hauptstadt Berlin.

Britta Müller (parteilos), Ministerin für Gesundheit und Soziales in Brandenburg | Quelle: dpa/S.Gollnow

Britta Müller (parteilos, für BSW) - Gesundheit und Soziales

Britta Müller ist vielleicht die größte Überraschung des neuen Kabinetts. Erst Anfang Oktober dieses Jahres, also schon nach der Landtagswahl, trat Müller aus der SPD aus und ist nun als Parteilose auf BSW-Ticket im Amt. Mit der 53-Jährigen aus Eberswalde kommt eine Gesundheitsfachfrau ins Kabinett. Früher war sie gesundheitspolitische Sprecherin der SPD-Fraktion im Landtag, seit 2020 leitete sie die Pflegekasse der AOK Sachsen-Anhalt.

Größte Herausforderung wird für die neue Ministerin wohl, angesichts der knappen Landeskasse das Koalitionsversprechen zum Erhalt aller Krankenhausstandorte im Land zu realisieren. Gleichzeitig muss sie ab dem neuen Jahr die Umstrukturierung der Krankenhauslandschaft managen, die im Gesetz zur Krankenhausreform des Bundes festgeschrieben ist. "Und hier müssen wir uns schnell auf den Weg machen, dass wir Planungssicherheit für die Krankenhäuser gewährleisten", so Müller. "Das heißt auch, dass wir hier die Kommunen, also auch die Regionen, die betroffen sind, mitnehmen."

Müller will nun mit einzelnen Klinikstandorten ins Gespräch kommen und prüfen, ob bisher stationäre Behandlungen teilweise durch ambulante Angebote ersetzt werden könnten. Neben dem Erhalt der Krankenhauslandschaft sieht die neue Ministerin auch die Pflege, gerade in ländlichen Gebieten, als große Herausforderung. Sie will sich in den anstehenden Haushaltsberatungen dafür einsetzen, dass der von ihrer Vorgängerin Ursula Nonnemacher ins Leben gerufene Pakt für Pflege weiter ausfinanziert wird.

Benjamin Grimm (SPD), Minister für Justiz in Brandenburg | Quelle: dpa/S.Gollnow

Benjamin Grimm - Justiz und für Digitalisierung

Der in Jerusalem geborene Benjamin Grimm ist promovierter Jurist und kann als ehemaliger Staatssekretär des Regierungschefs Dietmar Woidke politische Erfahrung mit ins Amt bringen. Den Bereich Digitalisierung bearbeitete er schon in der vergangenen Legislatur. Allerdings in der Funktion des Beauftragten für Medien und Digitalisierung.

Er übernimmt offenbar ein aufgestelltes Haus. Seine Vorgängerin Susanne Hoffmann (CDU) hatte die Staatsanwaltschaften und Gerichte personell aufgestockt. Die in vielen Jahren angehäuften Aktenberge in beiden Institutionen konnten so zum Teil abgebaut werden. Dafür hatte sie intern viel Anerkennung erfahren.

Viel Kritik hatte seine Vorgängerin hingegen bei der Reform der Arbeitsgerichte einstecken müssen, mit der die Landesregierung auf die vermeintlich abnehmenden Fallzahlen in diesem Bereich reagieren wollte. Diese Reform will Grimm nun evaluieren und "Schlussfolgerungen ziehen". Ob er die Reform noch einmal neu angehen will, ist offen. Klar ist: Grimm will nun die Digitalisierung flächendeckend vorantreiben, so steht es im Koalitionsvertrag. Das Land will dabei die E-Akte flächendeckend ausrollen, das elektronische Staatsexamen auch in der ersten juristischen Prüfung verfügbar machen und sich an der geplanten KI-Plattform von Bund und Ländern beteiligen.

Außerdem hat sich die Koalition vorgenommen, die Zentralstelle Hasskriminalität weiterentwickeln und den Opferschutz stärken.

Beitrag von Markus Woller

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