Gedenken an die Schlacht auf den Seelower Höhen
Vier Tage dauerte das Gemetzel auf den Seelower Höhen, bevor die Wehrmacht im April 1945 ihren Kampf gegen die übermächtige Rote Armee aufgab. Die Schlacht im Oderbruch war die größte des Zweiten Weltkriegs auf deutschem Boden. Zehntausende deutsche und russische Soldaten ließen dabei ihr Leben. Am Freitag wurde an die Opfer erinnert.
70 Jahre nach der Schlacht um die Seelower Höhen ist am Freitag in Seelow (Märkisch-Oderland) der Opfer gedacht worden. Auf der sowjetischen und der deutschen Kriegsgräberstätte wurden Kränze niedergelegt. Am Abend fand die Zentrale Festveranstaltung des Landes mit Ministerpräsident Manfred Woidke (SPD) statt. Er rief dazu auf, gemeinsam aller Opfer zu gedenken, die der Krieg gefordert habe. Deutschland müsse alles dafür tun, dass von deutschem Boden nie wieder ein Krieg ausgeht.
In der Gedenkstätte Seelower Höhen wurde am Samstag die Sonderausstellung "Vermisst in Klessin" eröffnet. Klessin war der am härtesten umkämpfte Stützpunkt bei der Schlacht.
Die Schlacht um die Seelower Höhen vom 16. bis zum 19. April war die größte des Zweiten Weltkriegs auf deutschem Boden. Neben zehntausenden Deutschen und Sowjets waren auch viele Polen und Angehörige weiterer Nationen unter den Opfern. Noch heute werden am Ort des Geschehens immer wieder Gebeine gefallener Soldaten entdeckt, jährlich werden etwa 100 Kriegstote umgebettet.
Weite Landstriche des Oderbruchs wurden durch die Kämpfe verwüstet. Ortschaften wie Küstrin und Wriezen waren zu 90 Prozent zerstört. Nach dem Krieg brach in der Region zudem eine Hungersnot aus, Ruhr und Typhus grassierten. Es gab noch einmal Hunderte von Toten in der Zivilbevölkerung. Einige von ihnen ruhen in einem Massengrab auf dem Wriezener Friedhof.
Schon vor der Schlacht um die Seelower Höhen wurde im Oderbruch monatelang erbittert gekämpft. Ende Januar 1945 hatte die Rote Armee bei Kienitz den ersten Brückenkopf am Westufer der Oder eingenommen, bei Küstrin kamen zwei weitere hinzu. Schließlich konnten die Sowjettruppen über einen 30 Kilometer breiten Korridor Richtung Westen vorstoßen. Allein in den Monaten Februar und März starben etwa 40.000 deutsche und 15.000 sowjetische Soldaten bei den Gefechten im Oderbruch.
In den frühen Morgenstunden des 16. April bereiteten die Sowjets mit stundenlangem Artilleriefeuer - unter anderem wurde die berüchtigte "Stalinorgel" eingesetzt - ihren Angriff auf die Seelower Höhen vor. Innerhalb von zwei Tagen, so hatte es die Moskauer Militärführung vorgegeben, sollten die Stellungen von Hitlers Armee überrannt werden. Ziel war die Einnahme der Reichsstraße 1 (heute B1), die von Küstrin über Seelow und Müncheberg nach Berlin führte.
Doch gleich zu Beginn der Gefechte geriet der Angriff ins Stocken: Der Plan der Sowjets, die Deutschen mit 143 Flakscheinwerfern zu blenden, ging nicht auf. Rauchwolken und Nebel nahmen stattdessen den eigenen Soldaten die Sicht, die 1. Weißrussische Front unter Marschall Georgi Schukow erlitt hohe Verluste.
Anfangs profitierten die deutschen Verbände auch von ihrem Geländevorteil. Sie hatten von den Seelower Höhen aus freie Sicht auf den sumpfigen Oderbruch. Schukow beging zudem einen strategischen Fehler, als er zusätzliche Panzer in die Schlacht schickte, die den bereits im Gefecht stehenden in die Quere kamen.
Am zweiten Tag wurde die Offensive der Sowjettruppen durch Kampfflugzeuge unterstützt. Der Widerstand der deutschen Truppen, in denen auch Hitlerjungen und Volkssturm kämpften, nahm ab. Es zeichnete sich immer deutlich ab, dass die Rote Armee aufgrund ihrer zahlenmäßigen Überlegenheit nicht aufzuhalten war.
Am 18. April schließlich brach die Front der deutschen 9. Armee zusammen, die Sowjettruppen stießen Richtung Westen durch. Letzte Widerstandsnester der deutschen Truppen auf den Seelower Höhen wurden am 19. April aufgerieben, für die Rote Armee war der Weg nach Berlin frei. Drei Tage später sollten sie die Stadtgrenze erreichen.
Wieviele Soldaten in der Schlacht um die Seelower Höhen ums Leben kamen, ist bis heute nicht geklärt: Schätzungen über die Zahl der Opfer reichen von 12.000 bis 100.000 auf deutscher und 33.000 bis 200.000 auf sowjetischer Seite.
Beitrag von Matthias Pohl
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