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Video: Abendschau | 31.07.2021 | Tobias Schmutzler | Quelle: dpa/S. Stache

Abgeordnetenhauswahl auf Facebook & Co.

So (wenig) social sind die Berliner Spitzenkandidat:innen

Wenig Persönliches, kaum Interaktion, nur selten direkte Ansprache: Zwar sind alle Spitzenleute der sechs größeren Parteien in sozialen Medien unterwegs, doch überzeugen können ihre Profile nur bedingt. Eine Analyse von Tobias Schmutzler und Sophia Büchel

Noch zwei Monate bis zur Wahl: Jetzt setzen die Parteien alles daran, Stammwählerinnen und -wähler zu mobilisieren und Unentschlossene zu überzeugen. Neben Straßenwahlkampf und Wahlplakaten sind die sozialen Medien ein wichtiger Kommunikationskanal für die Parteien.

Doch wie schlagen sich die Spitzenkandidatinnen und -kandidaten der sechs Parteien, die aktuell im Abgeordnetenhaus sitzen, auf Facebook, Twitter und Instagram? Mehrere Fehler fallen ins Auge – aber es gibt auch gute Ansätze.

Was die Berliner Spitzenkandidaten falsch machen

Nr. 1: Zu viel Terminkalender

Wenn Sie wissen wollen, was die SPD-Spitzenkandidatin Franziska Giffey, der CDU-Mann Kai Wegner oder die grüne Frontfrau Bettina Jarasch in der letzten Woche so getrieben haben, dann müssen Sie nur mal einen Blick in ihre Social-Media-Profile werfen. Fast alle Kandidatinnen und Kandidaten nutzen soziale Medien nämlich wie einen Terminkalender, mit böser Zunge könnte man auch sagen: wie einen Rechenschaftsbericht.

Nach dem Prinzip "Ich war hier, ich war da, ich habe dort mit der Person über dieses Thema gesprochen" dokumentieren die Spitzenleute häufig, welche Termine sie jeden Tag wahrnehmen. Das ist nett für diejenigen, die wissen wollen, was die Politikerinnen und Politiker so tun, aber es ist auch ein wenig langweilig. Trotzdem ist es eine Falle, in die viele Politiktreibende auf Social-Media tappen, erklärt der Politikberater Martin Fuchs im Gespräch mit dem rbb.

Wenn Kandidatinnen und Kandidaten immer nur berichten, was sie getan haben, dann folge das laut Fuchs einer Binnenlogik, und zwar gegenüber den eigenen Wahlkämpfenden zu zeigen, wie fleißig man ist, und dadurch beispielsweise die eigene Parteijugend zu motivieren. Auch der Kommunikationsberater Johannes Hillje bestätigt: Die Nutzung von sozialen Medien als Terminkalender sei für niemanden interessant, die oder der nicht selbst bei dem jeweiligen Termin dabei war.

Nr. 2: Zu wenig persönliche Eindrücke

Die Berliner Spitzenkandidatinnen und -kandidaten scheuen sich in der Mehrzahl, echte Einblicke in ihr Alltagsleben zu gewähren. Fotos mit Freunden oder Familie? Bilder vom Lieblingsessen? Oder ein Selfie mit dem Haustier? Weitestgehend Fehlanzeige. Natürlich sollten Politikerinnen und Politiker auf Social-Media nichts machen, was nicht wirklich ihre Passion ist, sagt der Politikbeobachter und -berater Martin Fuchs. Doch sind soziale Medien eben doch persönliche Plattformen, und Parteien werben im Wahlkampf ja auch sonst offensiv mit ihrem Führungspersonal. Ein wenig mehr hervorwagen dürften sich die Spitzenleute also durchaus.

Nr. 3: Kopieren der selben Inhalte

Jedes soziale Netzwerk hat andere Zielgruppen und Darstellungsformen. Daher ist es nicht zielführend, wenn die Spitzenkandidatinnen und -kandidaten die gleichen Inhalte von Facebook zu Instagram zu Twitter, oder in einer anderen Reihenfolge, kopieren. Genau das passiert aber oft: zu beobachten zum Beispiel beim CDU-Frontmann Kai Wegner und bei SPD-Anwärterin Franziska Giffey. Und auch Bettina Jarasch von den Grünen packt gerne mal abfotografierte Twitter-Posts in ihre Instagram-Story – ein No-Go.

Was die Berliner Spitzenkandidaten richtig machen

Nr. 1: Interaktion mit Usern

Gut ist, wenn sich die Politikerinnen und Politiker nach vorn wagen und mit ihrem Publikum in den Austausch treten. Zum Beispiel, wenn die Grüne Bettina Jarasch in einer Fragestunde bei IGTV, dem Videokanal von Instagram, Rede und Antwort zur Mietenpolitik steht. Oder wenn Sebastian Czaja von der FDP in seiner Insta-Story dazu aufruft, ihm jede beliebige Frage zu stellen, und er dann auch auf persönliche Fragen antwortet, etwa zur Vereinbarkeit von Politikerberuf und Familie.

Nicht nur senden, sondern auch interagieren – das sei extrem wichtig in sozialen Medien, erklärt Politikberater Martin Fuchs. Social-Media solle als "dialogischer Rückkanal" genutzt werden, so Fuchs. So können Kandidatinnen und Kandidaten dann auch manche überzeugen, die sie nicht sowieso schon unterstützen. Und genau das müsse das Ziel sein, bestätigt der Kommunikationsberater Johannes Hillje: Parteien sollten alles daransetzen, Multiplikationseffekte zu erzielen. Dafür müssten sie weniger die motivieren, die ihnen bereits folgen, sondern vielmehr eine Community engagierter Unterstützerinnen und Unterstützer aufbauen, die im Idealfall dann ihrerseits Partei-Inhalte weitertragen.

Nr. 2: Hochwertige Inhalte zum Teilen

Befördern können die Spitzenkandidatinnen und -kandidaten den oben beschriebenen Multiplikationsprozess, indem sie attraktive Inhalte anbieten. Das können hochwertig produzierte Videos mit guter Musik sein, wie die Videos des CDU-Kandidaten Kai Wegner oder von FDP-Mann Sebastian Czaja, die nach dem Christopher Street Day gepostet wurden. Aber auch aussagekräftige Bilder, gegebenenfalls mit Beschriftungen, sogenannte Share-Pics, können politische Botschaften außerhalb der eigenen Partei-Blase in andere Kreise tragen.

Nr. 3: Klare politische Botschaften

Natürlich ist Social-Media nicht nur Selbstdarstellung, sondern auch harte Auseinandersetzung über gesellschaftliche Themen. Im Schlagabtausch, zum Beispiel auf Twitter, sind die Berliner Spitzenleute schon heute gut geübt: Der pointierte Austausch von Argumenten zieht sich von der AfD-Kandidatin Kristin Brinker bis zum Linken Klaus Lederer. Verstärken könnten alle sechs Berliner Frontfrauen und -männer allerdings die direkte Ansprache an die User. Eine politische Botschaft, direkt in die Kamera gesprochen und überzeugend rübergebracht, wirkt auf manche Wählerinnen und Wähler sicherlich packender als ein Twitter-Thread mit fünf Textbotschaften.



Beitrag von Tobias Schmutzler und Sophia Büchel

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