Berlin-Wahl
Andreas Wild gilt als eines der wichtigsten Gesichter des offiziell aufgelösten extremistischen "Flügels" in der Berliner AfD. Im Februar verkündete der Landesverband, ihn ausgeschlossen zu haben. Trotzdem blickt er jetzt von vielen Wahlplakaten. Von Jo Goll
Einer wie Andreas Wild habe in einer demokratischen Partei nichts zu suchen, hatte AfD-Fraktionschef Georg Pazderski noch im Februar dem rbb gesagt. Wild war Pazderski schon seit Jahren ein Dorn im Auge, denn der AfD-Rechtsaußen organisierte Ausflüge zu Pegida-Kundgebungen und forderte, Flüchtlinge in "spärlich besiedelten Landstrichen" unterzubringen. Im Zusammenhang mit dem Holocaust schimpfte er über einen "Schuldkult der Deutschen". Aus der AfD-Fraktion wurde Wild schon im Jahr 2017 ausgeschlossen, doch er ist noch immer in der Partei. Pikant - so kurz vor der Wahl zum Berliner Abgeordnetenhaus.Das Gesicht des Rechtsaußen-Politikers ist auf etlichen Wahlplakaten zu sehen. Seine Parteifreunde nominierten Wild nämlich bereits im Februar dieses Jahres. "Ich habe 80 Prozent der Stimmen erhalten", sagte Wild auf Anfrage von rbb24 Recherche und der Berliner Morgenpost. "Das Ergebnis zeigt, dass mich in der Partei noch sehr viele unterstützen." Das Landesschiedsgericht habe seinen Parteiausschluss zwar bestätigt. Über seine Beschwerde beim Bundesschiedsgericht sei aber noch nicht entschieden.
Die AfD-Landesvorsitzende Kristin Brinker wollte sich zum Fall Wild auf Anfrage nicht äußern. In der Partei ist es jedoch ein offenes Geheimnis, dass Brinker, die selbst dem Kreisverband Steglitz-Zehlendorf angehört, der Nominierung von Wild nicht widersprach. Grund sei ein Deal gewesen, heißt es. Brinker sei Wild nicht in die Parade gefahren. Im Gegenzug habe die Landesvorsitzende beim Sturz ihres Amtsvorgängers Georg Pazderski auf die Stimmen von Wilds Gefolgsleuten zählen können. Abgewandt habe sich Brinker von Wild erst nach ihrer Wahl.
Chancen, den Wahlkreis 4 des Bezirks Steglitz-Zehlendorf als Direktkandidat zu gewinnen, werden Wild nicht eingeräumt. Die Wahlplakate würden aber die verheerende Botschaft aussenden, dass die Partei entgegen aller Beteuerungen keine klare Grenze nach Rechtsaußen gezogen habe, heißt es in AfD-Kreisen.
Immerhin muss festgehalten werden, dass die Berliner AfD sich im Gegensatz zu anderen ostdeutschen Landesverbänden seit Jahren darum müht, in der Öffentlichkeit als gemäßigt dazustehen. AfD-Fraktionschef Georg Pazderski setzt denn auch weiterhin auf Wilds Parteiausschluss. Das Verfahren stehe auf der Tagesordnung "einer der nächsten Sitzungen des Bundesschiedsgerichts", so Pazderski. Dort erwarte er eine schnelle Entscheidung. "Aus meiner Sicht gibt es zu einem Ausschluss allerdings keine Alternative", sagte Pazderski.
Andreas Wild musste am Dienstag unterdessen vor Gericht erscheinen - wenn auch nur als Zeuge. Angeklagt war Matthias Pawlik, einer seiner Parteifreunde. Auch er wurde von der AfD für einen Wahlkreis in Steglitz-Zehlendorf als Direktkandidat aufgestellt. Vor dem Amtsgericht Tiergarten musste er sich verantworten, weil die Staatsanwaltschaft ihm vorwarf, bei einer Querdenker-Demonstration am 25. Oktober vergangenen Jahres Widerstand gegen Polizisten geleistet zu haben. Der Vorwurf bestätigte sich allerdings nicht, wie Gerichtssprecherin Inga Wahlen auf Anfrage mitteilte. Die Richterin habe aber moniert, dass der Angeklagte bei der Demonstration keine Maske getragen habe. Er müsse daher wegen eines Verstoßes gegen die Corona-Verordnung eine Geldbuße von 150 Euro zahlen. Der Beschluss sei allerdings noch nicht rechtskräftig.
Wild selbst hat in der Vergangenheit immer wieder an Demonstrationen der Querdenker-Bewegung teilgenommen und tritt im Abgeordnetenhaus regelmäßig als Corona-Verharmloser auf. Im Berliner Parlament trug er mehrfach ein Erkennungszeichen der österreichischen Nationalsozialisten. Die Berliner AfD wirft ihm außerdem Kontakte zu rechtsextremen Gruppierungen vor. Dennoch war Wild zuletzt Mitglied eines Netzwerks von Berliner AfD-Abgeordneten, zu dem bis heute auch Parteichefin Brinker gehört.
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