SPD, Grüne und Linke bewerten Start der Koalitionsverhandlungen positiv
Der erste Tag der Koalitionsverhandlungen in Berlin ist vorbei und alle Beteiligten haben sich positiv geäußert. Doch es gibt schwierige Punkte zu klären, beispielsweise die Finanzen, der Umgang mit dem Enteignungs-Volksentscheid und die Verwaltungsreform.
Knapp vier Wochen nach der Wahl zum Berliner Abgeordnetenhaus haben SPD, Grüne und Linke am Freitag ihre Koalitionsverhandlungen aufgenommen. Nach dem achtstündigen Auftakt der Verhandlungen äußerten sich alle Beteiligten positiv.
Die SPD-Landesvorsitzende Franziska Giffey sprach von einer guten Arbeitsatmosphäre. Man habe sich auf alle Punkte verständigt, die man sich für Freitag vorgenommen habe. Die Spitzenkandidatin der Grünen, Bettina Jarasch, sagte, man habe auch über Finanzfragen gesprochen. Es sei klar, dass man bei den Vorhaben priorisieren müsse. Linken-Spitzenkandidat Klaus Lederer betonte, man wolle eine Regierung für die ganze Stadt sein. Berlin müsse funktionieren, ob in der Verwaltung oder beim Verkehr.
Zu konkreten Inhalten äußerten sich die Politiker nicht.
Noch in diesem Jahr soll das neue Berliner Regierungsbündnis stehen. In 16 Arbeitsgruppen und einer "Dachgruppe" wird der Koalitionsvertrag geschmiedet. Bei welchen Themen sich die drei einig sind und wo es Zoff geben könnte – ein Überblick. Von Thorsten Gabriel
Schwieriger Punkt: Finanzen
Spitzenpolitiker von SPD, Grünen und Linken, die sogenannte "Dach-Gruppe", werden sich in den nächsten Wochen regelmäßig treffen und entscheiden, welche Themen in welchen Formulierungen in den Koalitionsvertrag kommen.
Die Vorschläge dazu werden von 16 Arbeitsgruppen erarbeitet, die bestimmte Themenbereiche abdecken, am Freitag eingesetzt wurden und am Montag loslegen sollen. Zu den wichtigsten Arbeitsgruppen zählen jene für Haushalt und Finanzen, für Stadtentwicklung, Bauen, Mieten, für Mobilität und für Wirtschaft. Die Parteien entsenden jeweils fünf bis acht Vertreter in die Gruppen.
Mit Blick auf die Gruppe "Haushalt und Finanzen" hatten SPD, Grüne und Linke bereits vor dem Beginn der Koalitionsverhandlungen erklärt, dass die Ausgaben des bisherigen Senats in der Rückschau zu üppig waren. Man dürfe sich aber auch nicht aus der Corona-Krise heraussparen, es müsse klug investiert werden.
Lederer ruft zu Kompromiss bei Volksbegehren auf
Ein weiterer schwieriger Punkt wird voraussichtlich der Umgang mit dem erfolgreichen Volksentscheid "Deutsche Wohnen & Co enteignen". Lederer rief am Morgen im rbb die Beteiligten auf, beim Umgang mit dem Volksentscheid einen Kompromiss zu suchen. Niemand könne ignorieren, dass sich bei der Abstimmung 57 Prozent für Enteignungen großer Wohnungsunternehmen ausgesprochen haben, sagte er auf Radioeins. Die Frage, wie der neue Senat mit dem Votum umgeht, könnte ein Knackpunkt sein. Denn während die Linke die Enteignung großer Wohnungsunternehmen befürwortet, hat sich die SPD immer wieder dagegen ausgesprochen.
Giffey betonte allerdings am Abend im rbb, der Volksentscheid sei eindeutig gewesen und müsse respektiert werden. Am Jahresanfang soll demnach eine Expertenkommission eingesetzt werden, die ein Jahr Zeit haben soll, eine mögliche Umsetzung zu prüfen. Der Senat werde dann anhand der Empfehlung der Kommission entscheiden. "Es geht auch darum, dass wir nicht noch mal vor dem Verfassungsgericht mit einem politischen Weg scheitern", spielte Giffey auf den geplatzten Berliner Mietendeckel an.
Jubel bei den Initiatoren des Volksbegehrens zur Enteignung großer Wohnungskonzerne in Berlin: Am Sonntag haben ausreichend Berlinerinnen und Berliner ihre Zustimmung für die Initiative gegeben. Damit ist nun der künftige Senat am Zug.
Giffey: Verfassung soll für Verwaltungsreform geändert werden
Auch die Verwaltung ist eines der Themen, über das die künftigen Koalitionäre sprechen müssen. Der scheidende Bürgermeister von Pankow, Sören Benn (Linke), sagte im Inforadio, die Verwaltung habe zu wenig Personal und es müssten Abläufe beschleunigt werden. Zudem sei oft nicht klar, ob die Verantwortung beim Senat oder in den Bezirken liege. Wenn nötig, müsste das durch eine Änderung der Landesverfassung geklärt werden.
Giffey erklärte im rbb, es sei an der Landesregierung, die Bezirke in die Lage zu versetzen, ihre Aufgaben zu erfüllen. Neben einer besseren Personalausstattung soll es laut Giffey auch strukturelle Änderungen geben. Dafür müsse man an die Verfassung ran, sagte sie. Giffey zeigte sich zuversichtlich, dass die dafür nötige Zweidrittelmehrheit im Parlament erreicht wird. "Im Wahlkampf haben ja alle betont, wie wichtig eine funktionierende Verwaltung ist", so die SPD-Politikerin.
Neue Regierung vor Weihnachten möglich
Im Zuge der Koalitionsverhandlungen sollen die Fachgruppen bis 8. November arbeiten, also zwei Wochen. Dann will die "Dachgruppe" alles zusammenführen. Dort werden auch strittige Punkte entschieden, für die die Arbeitsgruppen keine Lösung fanden.
Steht der Koalitionsvertrag, müssen Parteigremien darüber entscheiden. Dazu finden Anfang Dezember Parteitage statt, die Linke hat ihren am 4. Dezember vorgesehen, die SPD am 5. Dezember. Die Linke plant außerdem einen Mitgliederentscheid.